Zivilrecht
Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse
Schenkung, §§ 516ff. BGB
Schenkung von Todes wegen (§ 2301)
Schenkung von Todes wegen (§ 2301)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Auf dem Sterbebett bittet Pfarrer P den Vikar V als seinen letzten Wunsch, bestimmte Wertpapiere dem Weihbischof W als ein für den Bonifatiusverein bestimmtes Geschenk zu überbringen. V nimmt die Papiere an sich und bringt sie vier Tage nach dem Tod des P dem W.
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Einordnung des Falls
Schenkung von Todes wegen (§ 2301)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Auf Schenkungsversprechen, welche unter der Bedingung erteilt werden, dass der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. P hat die Schenkung unter der Bedingung erteilt, dass W den P überlebt.
Ja!
3. Da die Schenkung aber noch zu Lebzeiten des P vollzogen wurde, sind die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden anzuwenden.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der Schenkungsvertrag zwischen P und W ist formnichtig.
Ja, in der Tat!
5. P hat dem W, da er zuvor gestorben ist kein Eigentum an den Wertpapieren verschafft.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Mangopüree
22.10.2022, 14:09:39
Lief in Z I im ersten Examen in Berlin 🥲
Lukas_Mengestu
23.10.2022, 13:46:59
Vielen Dank für den Hinweis, Mangopüree! Die Bonifatius Entscheidung des Reichsgerichts ist ein absoluter Zivilrechtsklassiker. Wir haben das hier jetzt auch noch einmal getagged :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
TheAmeliaNathan
23.10.2022, 09:40:46
Auch in NRW 😅
Larissa3
3.11.2022, 08:48:27
In Niedersachsen auch😄
StellaChiara
30.6.2023, 12:30:09
angenommen, der Pfarrer hätte Erben, könnten diese die Wertpapiere nicht zurückfordern nach § 812 I 1 Var. 1 BGB? Der Schenkungsvertrag ist ja formnichtig und somit würde doch ein Rechtsgrund fehlen, oder?
MenschlicherBriefkasten
1.8.2023, 12:28:00
Ja, könnten sie. So hat das Reichsgericht auch entschieden.
Vanilla Latte
22.2.2024, 03:45:32
Also wurde W nicht wegen 2301 Eigentümer. Aber wegen 929? Mit B als Erklärungsboten? Dann hätten aber doch die Erben keinen Anspruch aus 812 oder?
CR7
27.2.2024, 09:30:25
Hey, die Frage nach dem § 2301 ist nur für die Wirksamkeit des SchenkungsV relevant (Stichwort: Trennungs- und Abstraktionsprinzip!) und damit für die Frage, ob ein Rechtsgrund nach § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB besteht. W wurde Eigentümer, da der Erbe bei der Übergabe der Wertpapiere das
dingliche Einigungsangebot des zwischenzeitlich verstorbenen P überbracht hat (als Bote, keinesfalls als Vertreter). Insofern fallen Einigung und Übergabe zusammen. Ohne Einfluss ist es, dass P verstorben ist (§
130 II BGB). Damit konnte das Eigentum des P wirksam auf W übertragen werden nach § 929 S. 1 BGB. Für die Frage nach dem
Herausgabeanspruchdes Erben nach § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB ist dann § 2301 BGB relevant, dass sich der weitere Verlauf der Prüfung auf die Wirksamkeit des SchenkungsV auswirkt: Ist der SchenkungsV formnichtig, ist er unwirksam und damit hat der Erbe einen Anspruch aus § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB auf Herausgabe der Wertpapiere. Ist der SchenkungsV formwirksam und damit insgesamt wirksam, besteht ein Rechtsgrund, so dass das Herausgabebeg
ehren scheitert. (Hemmer/Wüst und Martinek in JuS 1994, 473 ff. vertreten hierzu eine andere Ansicht und verneinen den
Herausgabeanspruchdes Erben).
Strukturjonas
9.7.2024, 11:09:59
Im Original-Fall wird nicht darauf abgestellt, dass W sondern der Bonifatiusverein P überleben soll: "[...] da K. [der Pfarrer] nur dem bestehenden B.-Verein die Schenkung zuwenden wollte." Mit W ergibt das mMn keinen Sinn, denn P will ja den Verein unterstützen. Da liegt es für mich näher, die Willenserklärung so auszulegen (falls das überhaupt notwendig ist), dass die Wertpapiere an Ws Nachfolger/den Vereinsvorstand gehen sollen, anstatt von einer
konkludenten Überlebensbedingung von W auszugehen.