Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Anfechtung nach § 123 BGB bei reinem Motivirrtum
Anfechtung nach § 123 BGB bei reinem Motivirrtum
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V will K eine seiner wertlosen Sammelkarten verkaufen. Daher spiegelt V dem K wahrheitswidrig vor, dass die Karte einen hohen Sammlerwert hat und K mit einem Weiterverkauf Gewinn machen wird. K ist begeistert und willigt ein.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Anfechtung nach § 123 BGB bei reinem Motivirrtum
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K kann seine Willenserklärung wegen Eigenschaftsirrtums anfechten (§ 119 Abs. 2, § 142 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. K kann seine Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB).
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
DGR
3.1.2022, 19:23:35
Aber der Sammlerwert ist doch eine
Verkehrswesentliche Eigenschaftbei SAMMELkarten. Der Sammlerwert ist ja ungleich dem tatsächlichen Wert. Das sieht man ja auch an Geld: Bestimmte 2€ Stücke die selten sind haben einen hohen Sammlerwert, wobei der echte Wert hingegen nur 2€ beträgt
Lukas_Mengestu
4.1.2022, 10:05:57
Hallo Senpai, auch wenn der Wert der Sammelkarten letztlich eine Eigenschaft darstellt, wird im Hinblick auf den Wert eines Gegenstandes § 119 Abs. 2 BGB teleologisch reduziert. Nach der herrschenden Meinung sind insoweit lediglich wertbestimmende Faktoren (zB Zustand der Karte, Seltenheit der Karte, echt oder gefälscht). Zur Begründung wird angeführt, dass der Wert des Gegenstandes Schwankungen unterliege und letztlich in die Risikosphäre des Käufers falle (vgl. Armbrüster, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 119 RdNr. 143). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
BenKenobi
29.11.2023, 16:52:57
Ein hoher Sammlerwert geht aber in der Regel auf eine Seltenheit der Sache zurück, sonst gäbe es nach der Verkehrsauffassung kein besonderes Sammlerinteresse bezüglich der Sache. Ich sehe daher gute Gründe dafür, dass die Behauptung eines hohen Sammlerwerts aus Sicht eines objektiven Empfängers eine Seltenheit indiziert und mithin einen
Eigenschaftsirrtumbegründet. Diese Überlegung wäre aber wohl eher etwas für eine mündliche Prüfung, als für eine Klausur.
Unterfertigter
1.4.2024, 01:31:12
Der hohe Wert indiziert nicht nur die Seltenheit, er bedingt sie. Der Wert setzt sich immer aus Angebot und Nachfrage zusammen. Wenn es morgen Diamanten regnet, sind die nichts mehr wert. Ebenso mit Geld. Deswegen lässt sich hier mE bei realitätsnaher Auslegung nur schwer argumentieren, dass der Käufer nicht wegen eines
Eigenschaftsirrtums bzgl der Seltenheit anfechten kann
Pilea
4.1.2024, 13:27:43
Hier verdecken die Buttons noch die Schrift.
Rechtsanwalt B. Trüger
2.4.2024, 11:24:48
Wie sieht der Fall aus, wenn man darauf abstellt, dass K darüber irrt, dass es sich um eine Sammlerkarte handelt und nicht (wie hier) über den Sammlerwert (der hier sowieso nicht konkret bestimmt wurde). Dass es sich um eine Sammlerkarte handeln würde bzw. K es denkt wäre dann doch als Eigenschaft iSd § 119 Abs. 2 BGB zu charakterisieren, oder sehe ich das falsch. Dies wäre dann doch auch ein wertbildender Faktor und nicht der Wert der Sache selbst. Vielen Dank
paul1ne
16.7.2024, 10:05:30
Ich würde dir auch zustimmen darin, dass der Irrtum über den Sammlerwert nicht zur Anfechtung berechtigt, wohl aber der Irrtum über die Seltenheit der Karte als wertbildender Faktor. Aber ich will mich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, vielleicht denken wir beide auch falsch😅
Trowa Barton
15.8.2024, 20:06:04
Das Problem, dass hier nicht erklärt wird wie darüber getäuscht wurde. Als Leser nimmt man natürlich eine lebensnahe Sachverhaltsauslegung vor und unterstellt, dass der getäuschte nicht minderbemittelt ist. Die Ausführung, dass Seltenheit ein wertbildender Faktor ist und damit zur Anfechtung berechtigen würde, stimmt aber auf jeden Fall.
hagenhubl
21.10.2024, 10:24:21
Auch hier hätte K stutzig werden müssen. Wäre die Aussage des V wahr, hätte er die Karte selbst an den anderen Käufer verkauft und den höheren Gewinn eingesteckt.
benjaminmeister
14.11.2024, 19:27:10
@[hagenhubl](233869) auch der Naive wird durch das Anfechtungsrecht geschützt. Stimme den anderen hier auch zu, wenn man auf die Eigenschaft "Sammelkarte" abstellt wird man wohl zu einem
Eigenschaftsirrtumkommen. § 119 Abs. 2 BGB wird dann aber vom Gewährleistungsrecht verdrängt (nicht hingegen
§ 123 Abs. 1 BGB).