Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gesetzliche Erbfolge

(Fall) Verhältnis zur gewillkürten Erbfolge

(Fall) Verhältnis zur gewillkürten Erbfolge

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Der verwitwete E hinterlässt bei seinem Tod seinen Sohn S und seine Tochter T. In seinem Testament bestimmt er den Nachbar N zum alleinigen Erben.

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Einordnung des Falls

(Fall) Verhältnis zur gewillkürten Erbfolge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge sind die Abkömmlinge S und T die alleinigen Erben des E.

Nein, das trifft nicht zu!

Es gilt der Grundsatz der Subsidiarität der gesetzlichen Erbfolge. Das bedeutet, dass die gesetzliche Erbfolge bei Vorliegen einer wirksamen Verfügung von Todes wegen, nicht zur Anwendung kommt. E hat in seinem Testament den Nachbarn N zum alleinigen Erben bestimmt. Da keine Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments vorliegen, ist N der alleinige Erbe des E. Nur insoweit, als keine gewillkürte Erbfolge gegeben ist, kommt die gesetzliche Erbfolge in Betracht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Verfügung von Todes wegen aufgrund eines Formmangels nicht wirksam ist oder wenn das Testament keine Erbeinsetzung enthält.
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2. Die gesetzliche Erbfolge kann auch neben der gewillkürten Erbfolge in Betracht kommen.

Ja!

Das ist einerseits der Fall, wenn der Erblasser nur über einen Bruchteil seines Vermögens verfügt hat (vgl. § 2088 BGB). Andererseits kommt die gesetzliche Erbfolge auch bei Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge in Betracht, wenn der Erblasser nur einen der beiden Erben bestimmt hat.

3. Die Abkömmlinge des E gehen leer aus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die gesetzliche Erbfolge ist auch bei der gewillkürten Erbfolge von Bedeutung: Nahe Angehörige die aufgrund einer Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, haben einen Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB). Dieser Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Anspruchs. Nach der gesetzlichen Erbfolge wären die beiden Abkömmlinge des E jeweils zur Hälfte Erben geworden. Ihr Pflichtteil beträgt daher ein Viertel. Sofern aus dem Testament des Erblassers nicht eindeutig ersichtlich ist, wer die Erben sein sollen, ergänzt § 2066 BGB dies zugunsten der gesetzlichen Erben. Auch die Auslegungsregeln der §§ 2066, 2067, 2069 BGB verweisen im Zweifel auf die gesetzliche Erbfolge.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

Jose

26.7.2021, 19:34:10

Wie erkennt man, ob ein Vermächtnis oder eine Erbeinsetzung bzgl. eines Bruchteils vorliegt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

30.7.2021, 15:16:59

Hallo Jose, dies ist letztlich durch Auslegung des

Testament

s zu ermitteln. Will der Erblasser dem Begünstigten lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch einräumen, so liegt ein Vermächtnis vor. Will er dagegen, dass der Begünstige unmittelbar Eigentümer des Nachlasses wird (auch wenn es nur ein Bruchteil ist), so liegt eine Erbeinsetzung vor. Ist eine Abgrenzung im Einzelfall unklar, so ist der Auslegungsregel des § 2087 BGB zu folgen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EI

Eike-Christian

6.9.2024, 12:18:16

Im Rahmen des § 2303 BGB ist zu prüfen, ob der Abkömmling, Ehegatte oder Elternteil nur (!) durch die Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Würde z.B. im vorliegenden Fall Mutter M noch leben, so wäre sie nicht pflichtteilsberechtigt, weil sie ja ohne die Erbeinsetzung, also nach gesetzlicher Erbfolge durch die Abkömmlinge gem. § 1930 ausgeschlossen wäre.


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