(Fall) Parentelsystem - Vorrang der niedrigeren Ordnung


mittel

Diesen Fall lösen 72,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E ist bei einem Autounfall verstorben. Er hinterlässt seine Mutter M, seinen Sohn A und seinen Enkelsohn O (Sohn des A). Es gibt kein Testament.

Einordnung des Falls

(Fall) Parentelsystem - Vorrang der niedrigeren Ordnung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Mutter M und Sohn A sind die nächsten Verwandten des E und gehören daher grundsätzlich zu den Erben der ersten Ordnung.

Nein!

Im BGB gilt grundsätzlich das Parentelsystem und kein Gradualsystem. Das Parentelsystem teilt die Verwandten des Erblassers in § 1924 ff. BGB in verschiedene Ordnungen ein. Zu einer Ordnung werden jeweils diejenigen Personen zusammengefasst, die von dem Erblasser bzw. von Voreltern einer Stufe (zum Beispiel Eltern oder Großeltern) abstammen. Sohn A und Enkelsohn O gehören als Abkömmlinge des E gemäß § 1924 Abs. 1 BGB zu den Erben der ersten Ordnung. Mutter M ist gemäß § 1925 Abs. 1 BGB als Elternteil des E nur Erbe der zweiten Ordnung. Das Gradualsystem bestimmt die Erben hingegen nach dem Grad der Verwandtschaft mit dem Erblasser. Der Grad der Verwandtschaft richtet sich dabei nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten. Im BGB kommt das Gradualsystem erst bei entfernten Ordnungen zur Anwendung (§§ 1928 Abs. 3 BGB, 1929 Abs. 3 BGB).

2. Sohn A und Enkelsohn O gehören grundsätzlich zu den Erben der ersten Ordnung.

Genau, so ist das!

Die Abkömmlinge des Erblassers bilden gemäß § 1924 Abs. 1 BGB die erste Ordnung. Sohn A und Enkelsohn O stammen beide von E ab und gehören als Abkömmlinge zu den Erben der ersten Ordnung. Durch das Parentelsystem werden die jüngeren Abkömmlinge gegenüber den meist älteren Vorfahren bevorzugt. Dadurch soll erreicht werden, dass das Ererbte nicht so häufig seinen Besitzer wechselt.

3. Sohn A und Enkelsohn O sind die gesetzlichen Erben des E.

Nein, das trifft nicht zu!

Verwandte, die einer niedrigen Erbfolge angehören, schließen Verwandte der höheren Ordnungen von der Erbfolge aus. Ein Erbe schließt außerdem die von ihm abstammenden Personen von der Erbfolge aus (Repräsentationsprinzip, § 1924 Abs. 2 BGB). Verstirbt der Erbe allerdings, so rücken seine Abkommen nach (Eintrittsprinzip, § 1924 Abs. 3 BGB). Da Sohn A und Enkelsohn O zur ersten Ordnung gehören, ist die Mutter M von der Erbfolge ausgeschlossen. Sohn A schließt außerdem den Enkelsohn O von der Erbfolge aus und ist damit alleiniger Erbe. Wäre A schon vor dem Tod des E verstorben, so wäre O an seine Stelle getreten und Alleinerbe geworden.

Jurafuchs kostenlos testen


IUS

iustus

13.8.2021, 10:57:06

Ist bei der letzen Frage §1930 die Norm um die es sich dreht?

Dolusdave

Dolusdave

7.10.2021, 15:56:35

Das Repräsentationsprinzip ergibt sich mE aus dem Wortlaut in 1924 Abs. 2. Das Eintrittsprinzip folgt aus 1924 Abs. 3

MLENA

MLena

7.7.2022, 19:48:56

Bei 1930 geht es um die Rangfolge der Ordnungen. Bspw. sind die Kinder des Erblassers ja Erben erster Ordnung und die Eltern des Erblassers Erben zweiter Ordnung. 1930 legt also fest, dass die Eltern des Erblassers nicht vor dessen Kindern erben. Die Frage bezieht sich aber auf die Kinder und Enkel des Erblassers, diese sind alle Erben erster Ordnung, so dass 1930 hier nicht anwendbar ist

DIAA

Diaa

15.10.2023, 22:57:48

Dem Wortlaut des § 1924 zufolge wären A und O gesetzliche Erben. Was wird mit der letzten Frage erklärt? Ich checke es nicht so ganz

Dr.Who

Dr.Who

26.10.2023, 14:51:49

Ich glaube, es geht darum, dass O gerade nicht erbt, sondern gem. § 1924 II (Repräsentationsprinzip) von der Erbfolge ausgeschlossen wird.


© Jurafuchs 2024