+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Klimaaktivistin P pachtet von E ein Grundstück, auf dem sie für die Dauer der Pachtzeit von 5 Jahren eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung errichtet. E meint, er sei Eigentümer der Photovoltaikanlage geworden.

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Einordnung des Falls

Solaranlagen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat Eigentum an der Photovoltaikanlage durch Rechtsgeschäft (§ 929 S. 1 BGB) erworben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb an beweglichen Sachen nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Verfügungsbefugnis des Veräußerers. Vorliegend ist schon keine Einigung zwischen P und E über den Eigentumsübergang ersichtlich. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus dem Pachtvertrag.
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2. E könnte Eigentum an der Photovoltaikanlage erworben haben, wenn diese wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) seines Grundstücks geworden ist (§ 946 BGB).

Ja, in der Tat!

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auch auf diese Sache (§ 946 BGB). Wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks sind die Sachen, die fest mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB), es sei denn diese Verbindung erfolgt nur zu einem vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 S. 1 BGB).

3. Ist die Photovoltaikanlage dauerhaft mit dem Grundstück verbunden?

Nein!

Verbindet ein Pächter eine Sache mit dem gepachteten Grundstück, greift eine tatsächliche Vermutung, dass er die Sache lediglich für die Dauer des Pachtverhältnis - und damit vorübergehend - mit dem Grundstück verbinden will. P hat das Grundstück für 5 Jahre gepachtet. Es greift daher die Vermutung, dass sie die Photovoltaikanlage nach Ablauf dieser Zeit wieder entfernen will und damit lediglich eine Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck vorliegt. Auch wenn es im Ergebnis nicht darauf ankommt, sollte man in der Klausur zuvor noch auf die Frage der Festigkeit der Verbindung eingehen. Auch daran kann es in Fällen wie diesem scheitern.

4. Hat E Eigentum an der Photovoltaikanlage erworben?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 946 BGB erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks das Eigentum an beweglichen Sachen, die mit dem Grundstück so verbunden werden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden. Sofern es nicht bereits an der festen Verbindung fehlt, ist die Photovoltaikanlage jedenfalls nur ein Scheinbestandteil des Grundstücks (§ 95 BGB). Sie kann damit nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks sein.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

15.9.2023, 12:44:30

Also, das mit der Vermutung ist ja ganz praktisch für den Pächter, aber woraus leitet diese sich denn genau ab?

LELEE

Leo Lee

16.9.2023, 13:50:25

Hallo evanici, diese Vermutung wird nirgendwo explizit geregelt und ist vielmehr eine Annahme durch die Rechtsprechung, die bei Nichtaufklärbarkeit aus der Natur des Pachtvertrags (als vorübergehender Vertrag) diesen Willen vermutet. Hierzu kann ich die Lektüre von III ZR 266/12 Rn. 32 empfehlen (m.w.N.) :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

JC1909

jc1909

16.9.2024, 22:16:36

Ist das eine widerlegliche Vermutung?


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