Zivilrecht
Sachenrecht
Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB
Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D entwendet aus dem Lager der Unternehmerin U mehrere mittelalterliche Steine (Wert: €500). Mit den Steinen baut er eine Mauer auf seinem Grundstück (Wert: € 100.000). Mit der Mauer hat das Grundstück nun einen Verkehrswert i.H.v. € 100.750.
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Einordnung des Falls
Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. U hat das Eigentum an den Steinen verloren.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. U steht dem Grunde nach ein Anspruch nach § 951 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB zu.
Ja, in der Tat!
3. D muss der U nach h.M. lediglich den Wert der Steine (€ 500) ersetzen.
Nein!
4. Die Gegenansicht fordert, eine Begrenzung des Wertersatzanspruchs auf den tatsächlichen Verlust des vorherigen Eigentümers.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Doppelte Verfassungsunmittelbarkeit
25.6.2022, 21:03:51
Welcher Ansicht sollte in der Klausur denn gefolgt werden?
Lukas_Mengestu
28.6.2022, 18:27:04
Hallo
Doppelte Verfassungsunmittelbarkeit, an dieser Stelle ist es letztlich egal, welcher Auffassung Du Dich anschließt, da die Prüfung an diesem Punkt ohnehin zu Ende ist. Du schneidest DIr also nichts ab, wenn Du hier der einen oder anderen Auffassung anschließt. Die hM lehnt indes eine Obergrenze ab und schöpft die gesamte Bereicherung ab. Dafür streitet, dass es anders als im Schadensrecht im Bereicherungsrecht gerade nicht auf den Verlust des Geschädigten, sondern die Bereicherung des Kondiktionsschuldners ankommt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Jonas22
7.2.2024, 17:41:10
Hey @[Lukas Mengestu](221887), könntet ihr das Argument von dir bitte noch in die Aufgabe mit aufnehmen? 😊
Larzed
28.6.2022, 16:56:47
In dem Statuenfall zuvor, war der Wert des Mamorblocks zu leisten. Warum ist das hier anders? Vielleicht kann mir das jemand in leicht verständlichen Worten erklären bitte 🤔
Nora Mommsen
9.8.2022, 10:33:56
Hallo Larzed, der Unterschied liegt in den beiden Erwerbstatbeständen. Der Marmorblock wurde nach §
950 BGBerworben und zwar durch eigene Verarbeitungsleistung unter der Voraussetzung, dass der Wert nicht erheblich geringer ist als der der Ursprungssache. Das Eigentum an den Steinen (Mauer) wurde nach
§ 946 BGBerworben. Die einzige Voraussetzung dafür ist die Verbindung mit dem Grundstück. Auf eine etwaige Eigenleistung des Erwerbers kommt es hier nicht an. Daher vertritt die herrschende Meinung, dass bei letzterem alles "erlangte" - also der gesamte Mehrwert inklusive Wertsteigerung herauszugeben ist. Im Mauerfall sind das die 750 €. Bei dem Marmorblock hat er "nur" den Block im Wert von 100 € erlangt, die Wertsteigerung beruht auf der eigenen Verarbeitungsleistung. Ist es so klarer? Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Amelie
11.6.2023, 18:21:00
Bei der Formulierung „nicht nur…sondern“ wird für mich noch nicht deutlich wie hoch der Wert der „Erlangten“ ist. Ist es nun nach h.M. nur die Werterhöhung des Grundstücks (750 €) oder der Wert der Sache und die Werterhöhung (100 + 750)?
Amelie
11.6.2023, 18:23:06
* 500 + 750 ?
MayonnaiseOperator
30.1.2024, 21:55:26
Hi hi! Die hM vertritt also, dass das „erlangte Etwas“ nicht bloß den eigentlichen Verlust (hier: an den Steinen im Wert von 500€) abdeckt, sondern auch die darüber hinausgehende Vermögensmehrung des Kondiktionsschuldners? Wie lässt sich das im Detail erklären? Zum Einen wird in anderen zivilrechtlichen Fällen über die Bereicherung vertreten, dass der Gläubiger nicht vom Verkaufs- oder Verhandlungsgeschick des Schuldners profitieren soll; die vom Schuldner eigens erwirtschaftete Mehrung seines Vermögens gehöre also nicht abgeschöpft. Zum Anderen wird vertreten, dass die Bereicherung in Natura herausgegeben werden soll (auch wenn § 951 I 2 BGB das in diesem Fall ausschließt). Ebenso wird in anderer Konstellation vertreten, dass Privatstrafen (bzw diesen ähnelnde Maßnahmen) nicht zulässig seien. Ist die hM hier nicht etwas inkonsequent mit ihrer Argumentation?
Lukas_Mengestu
14.2.2024, 09:54:23
Hallo MayonnaiseOperator, die Erklärung für dieses Ergebnis ist die Perspektive. Das Bereicherungsrecht fragt nicht danach, was hat der
Entreicherte verloren (das wäre der Schaden), sondern vielmehr, was hat der Bereicherte erlangt (seine Bereicherung). Der BGH hat hierzu explizit geurteilt, dass das Erlangte dabei durchaus nach oben nicht durch den Schaden auf seiten des
Entreicherten begrenzt ist (BGH, Urteil vom 13. 5. 1955 - V ZR 36/54 = NJW 1955, 1106). Deine Bedenken werden aber auch in der Literatur geteilt, wo teilweise gefordert wird, dass der Wert des verlorenen Materials die Obergrenze des Vergütungsanspruchs bilden muss (BeckOK BGB/Kindl, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 951 Rn. 15). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team