Zivilrecht

Sachenrecht

Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB

Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D entwendet aus dem Lager der Unternehmerin U mehrere mittelalterliche Steine (Wert: €500). Mit den Steinen baut er eine Mauer auf seinem Grundstück (Wert: € 100.000). Mit der Mauer hat das Grundstück nun einen Verkehrswert i.H.v. € 100.750.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: Ausgleichsanspruch bei den §§ 946, 947 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U hat das Eigentum an den Steinen verloren.

Genau, so ist das!

Nach § 946 BGB erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks das Eigentum an beweglichen Sachen, die so mit dem Grundstück verbunden werden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden.Die Steine der U sind zum Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grundstück bewegliche Sachen. Um die Mauer zu errichten, wurden die Steine der U mit dem Grund und Boden verbunden. Die Errichtung der Mauer sollte hierbei auch dauerhaft erfolgen. Die Mauer und damit auch die Steine stellen also einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks (§ 94 BGB) des D dar.
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2. U steht dem Grunde nach ein Anspruch nach § 951 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB zu.

Ja, in der Tat!

Nach § 951 Abs. 1 S. 1 BGB hat derjenige, der infolge der §§ 946ff. BGB einen Rechtsverlust erleidet, einen Anspruch auf Vergütung in Geld nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts. Es handelt sich dabei nach h.M. um eine Rechtsgrundverweisung, sodass auch die Anspruchsvoraussetzungen des Bereicherungsrechts erfüllt sein müssen.Streitig ist aber, ob lediglich auf die Nichtleistungs- oder auf beide Kondiktionsarten verwiesen wird. Unstreitig ist, dass der Eigentumsverlust ohne Rechtsgrund erfolgen muss.U hat ihr Eigentum an den Steinen nach § 946 BGB verloren. Dies geschah ohne, dass U das Vermögen des D mehren wollte also nicht durch Leistung, sondern „auf sonstige Weise“. Ein Streitentscheid ist entbehrlich. Der Eigentumsverlust geschah auf Kosten der U und ohne Rechtsgrund.

3. D muss der U nach h.M. lediglich den Wert der Steine (€ 500) ersetzen.

Nein!

Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB hat der Bereicherte regelmäßig „das Erlangte“ herauszugeben. Dies sei im Rahmen des § 946 BGB nach der h.M. aber nicht bloß der Wert der Sache, an dem der Erwerber Eigentum erwirbt, sondern der Betrag, um den sich der Wert des Grundstücks durch die Verbindung mit der Sache des Anspruchstellers erhöht. Somit könne der Ausgleichsanspruch auch die Höhe des Verlusts des ehemaligen Eigentümers übersteigen.Das Grundstück des D ist durch den Bau der Mauer € 750 mehr wert. U hat damit gegen D einen Anspruch auf Zahlung dieser € 750 und nicht bloß von € 500.Denk daran: Im Bereicherungsrecht geht es um die Abschöpfung der Bereicherung beim Bereicherungsschuldner, während es im Deliktsrecht (bzw. generell bei Schadensersatzansprüchen) um eine Kompensation des Schadens des Geschädigten geht.

4. Die Gegenansicht fordert, eine Begrenzung des Wertersatzanspruchs auf den tatsächlichen Verlust des vorherigen Eigentümers.

Genau, so ist das!

Das Erlangte i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB sei im vorliegenden Fall „lediglich“ das Eigentum an der verbundenen Sache. Somit sei auch der Entschädigungsanspruch auf den Wert dieses Eigentums begrenzt.Nach dieser Ansicht könnte U daher lediglich € 500 von D verlangen.
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