Klagebefugnis bei der Verpflichtungsklage: weiterer Fall des Anspruchs aus Gesetz: Erteilung einer Erlaubnis bei präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Monika Mitternacht (M) möchte eine Tanzbar eröffnen. Da auch alkoholische Getränke ausgeschenkt werden sollen, beantragt M die erforderliche Erlaubnis (§ 2 GastG). Die zuständige Behörde (B) lehnt den Antrag ab. M meint, dass keine Versagungsgründe (§ 4 GastG) vorliegen.

Einordnung des Falls

Klagebefugnis bei der Verpflichtungsklage: weiterer Fall des Anspruchs aus Gesetz: Erteilung einer Erlaubnis bei präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren klagt M. Statthaft ist die Anfechtungsklage.

Nein, das trifft nicht zu!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft, soweit es sich um einen den Kläger belastenden Verwaltungsakt handelt (§ 35 S. 1 VwVfG) und der Verwaltungsakt nicht erledigt ist. Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist statthaft, wenn das Klagebegehren des Klägers gerichtet ist auf den Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts. M begehrt den Erlass der Gaststättenerlaubnis (= Verwaltungsakt). Statthaft ist die Verpflichtungsklage. Den Ablehnungsbescheid (= Verwaltungsakt) anzufechten, würde M ihrem Ziel nicht näher bringen. Sie müsste einen neuen Antrag stellen, den B wahrscheinlich wieder ablehnen würde.

2. M ist klagebefugt, weil sie Adressatin eines belastenden Verwaltungsakts ist.

Nein!

Klagebefugt ist, wer in seinen eigenen Rechten verletzt sein könnte (§ 42 Abs. 2 VwGO). Richtet die Behörde einen belastenden Verwaltungsakt an den Bürger, besteht darin zumindest die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG (Adressatentheorie). Der Bürger ist damit befugt, diesen Verwaltungsakt anzufechten. Begehrt der Bürger hingegen den Erlass eines (begünstigenden) Verwaltungsakts, muss er einen möglichen Anspruch auf diesen Verwaltungsakt geltend machen. Zwar ist Bs Ablehnung des Antrags ein Verwaltungsakt, aber M möchte gerade nicht (nur) gegen diese Ablehnung vorgehen, sondern den Erlass der Erlaubnis erreichen.

3. M müsste einen möglicherweise bestehenden Anspruch auf Erlass der Erlaubnis geltend machen. Dieser könnte sich aus dem GastG ergeben.

Genau, so ist das!

Im Rahmen der Verpflichtungsklage besteht die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung, wenn der Kläger einen Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts geltend macht und dieser Anspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Ansprüche können sich aus einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung, einfachem Gesetz, Satzung oder (sonstigem) Gemeinderecht ergeben. Ms Anspruch auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis könnte sich aus §§ 2, 4 GastG ergeben.

4. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Negativvoraussetzungen des § 4 GastG nicht vorliegen (gebundene Entscheidung).

Ja, in der Tat!

Dass die Entscheidung über die Erteilung der Gaststättengenehmigung eine gebundene Entscheidung ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus §§ 2, 4 GastG. Allerdings handelt es sich bei der Erteilung einer Gaststättenerlaubnis um ein sogenanntes präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber die Gewerbefreiheit aus § 1 GewO i.V.m. Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG nur präventiv zur Rechtskontrolle einschränken darf. Dies führt dazu, dass die Erlaubnis erteilt werden muss, wenn die Versagungsgründe nicht vorliegen.

5. Es ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass M einen Anspruch aus §§ 2, 4 GastG hat. M ist klagebefugt.

Ja!

Im Rahmen der Klagebefugnis muss im Sinne des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) noch nicht geprüft werden, ob der Anspruch tatsächlich besteht. Vielmehr reicht es aus, dass der geltend gemachte Anspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Es ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass keine Versagungsgründe (§ 4 GastG) vorliegen und M somit einen Anspruch auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis aus §§ 2, 4 GastG hat. M ist klagebefugt.

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TAME

Tamer

5.11.2021, 08:48:33

Bei der 2. Frage/ Aussage ("M ist klagebefugt, weil sie Adressatin des belastenden VA ist.") wird in eurer Lösung unter dem Punkt Maßstab die Adressatentheorie mit dem Satz erläutert: "Richtet die Behörde einen belastenden VA an den Bürger besteht darin zumindest eine Verletzung von Art. 2 I GG." Wieso darf man hier von "Verletzung" des Art. 2 I sprechen. Nimmt man durch diese Formulierung nicht das Ergebnis einer Begründetheitsprüfung vorweg?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.11.2021, 09:16:36

Wirklich ein super Hinweis, Tamer. Hier hat sich tatsächlich ein Fehler eingeschlichen, der auch in Klausuren viel zu häufig vorkommt. Wie Du völlig richtig eingewendet hast, darf bei dem Prüfungspunkt "Klagebefugnis" nicht bereits die komplette Begründetheitsprüfung vorweggenommen werden. Damit die Klagebefugnis vorliegt, genügt vielmehr die "Möglichkeit" einer Rechtsgutsverletzung. Darauf ist auch sprachlich in der Klausur zu achten. Wir haben das hier richtiggestellt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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