Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- /Schuldnermehrheit
Entstehung der Gesamtschuld – Gesetzliche Anordnung 2
Entstehung der Gesamtschuld – Gesetzliche Anordnung 2
31. Mai 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (8.269 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Justus (J) versucht in Berlin eine Wohnung zu finden. Vermieter V bietet ihm eine Einzimmerwohnung an, wenn J zwei Bürgen besorgt. Js Patentante P und Mutter M übernehmen die Bürgschaft. Schon im zweiten Monat kann J die Miete von €500 nicht zahlen.
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Einordnung des Falls
Entstehung der Gesamtschuld – Gesetzliche Anordnung 2
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn V die Mietforderung gegenüber J nicht durchsetzen kann, hat er einen Zahlungsanspruch gegen die Bürginnen M und P (§ 765 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. V kann von M und P lediglich die Hälfte der Mietschuld verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Wenn M den Mietzins komplett bezahlt, hat P Glück gehabt und muss nichts zahlen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie
2.9.2022, 15:16:49
Ist das nicht merkwürdig hinsichtlich des Insolvenzrisikos, dass der eine Bürge dann noch zusätzlich unfreiwillig für den vermutlich unbekannten anderen Bürgen trägt? Oder überwiegt das Positive in Form der uU nur zur Hälfte zu zahlenden Summe?

Nora Mommsen
5.9.2022, 17:02:01
Hallo Imponderabilie, gewährt der Bürge eine Bürgschaft für die ganze
Schuldprofitiert er lediglich von weiteren Bürgen, die ebenfalls für die gesamte Forderung bürgen. Dadurch wird sein Risiko - vorbehaltlich des Insolvenzrisikos des anderen Bürgen - gemindert. Denn im Falle der Fälligkeit der Bürgschaft und der Zahlung auf die Bürgschaft, steht ihm gem. § 774 Abs. 2 BGB iV.m. § 426 Abs. 1, Abs. 2 BGB ein Ausgleichsanspruch gegen den anderen Bürgen zu. Dieser ist im Zweifel hälftig. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Aleton
1.5.2025, 12:31:12
vllt. kommt das in den nächsten Kapiteln/Aufgaben, aber ich habe Probleme damit mir vorzustellen, wo ich genau die
Gesamtschuldnerschaft (bzw. allgemein die
Schuldnermehrheit) prüfen und was genau ich jetzt in der Anspruchskette normieren soll? Erwähne ich die
Gesamtschuldnerschaft irgendwo in Anspruch entstanden als eigene Voraussetzung oder am Ende und sage, dass es sich um eine
Gesamtschuldnerschaft handelt vor allem auch bei
Teilschuldnerschaft fällt es mir schwer zu verstehen wo ich das erwähne. Z.B. ich mache nur gegen einen
Gesamtschuldner einen Anspruch geltend. Wo erwähne ich das jetzt?
Lt. Maverick
5.5.2025, 19:31:31
Das hängt maßgeblich vom Anspruchsteller, Anspruchsziel und den „Problemen“ ab. Es kann sich auf die Entstehung eines Anspruchs, das Erlöschen bzw. die Durchsetzbarkeit auswirken. Liegt z.B. eine
Teilschuldaus einem gemeinsamen Vertrag zwischen S1, S2 und dem Gläubiger vor und fordert der Gläubiger S1 zur Zahlung des gesamten Kaufpreises iHv €500 auf, dann müsste man bei der Anspruchsentstehung prüfen, ob der Anspruch in der Höhe gegen S1 überhaupt entstanden ist. (Hier bietet es sich an zwischen
Gesamtschuld,
Teilschuldund gemeinschaftlicher
Schuldzu unterscheiden.) Zwar hat S1 mit dem Gläubiger einen Kaufvertrag abgeschlossen, jedoch kann der Anspruch auf den vereinbarten Anteil von 1/2 beschränkt sein. Dann wäre der Anteil z.B. nur iHv €250 entstanden. Hat S1 seinen Anteil von €250 gezahlt, dann wäre der Anspruch des Gläubigers gegen S1 gemäß § 362 I BGB erloschen. Es sind nämlich zwei getrennte Forderungen, die der Gläubiger schlimmstenfalls getrennt einklagen müsste. Der Gläubiger kann aber selbst S1 nach Zahlung §
320 BGBentgegenhalten, solange S2 seinen Anteil nicht zahlt, weil er aus einem
Rechtsverhältnis(dem Kaufvertrag) seine Leistung
schuldet. Dann kann bei einer
Gesamtschuldeine
Legalzessionnach § 426 II S. 1 BGB gegeben sein. S1, der gezahlt hatte, erlangt dann nach § 426 II S. 1 BGB die Kaufpreisforderung gemäß § 433 II BGB gegen S2. Auch hier müsste man dann bei der Anspruchsentstehung prüfen, ob S1 den Gläubiger befriedigt hat, zu welchem Anteil S2 im Innenverhältnis zu S1 den Kaufpreis ausgleichen muss. Hat S1 die Forderung erfüllt, dann wäre der Anspruch des Gläubigers gegen S2 erloschen (§§ 422 I S. 1, 362 I BGB). Dann kommen Probleme zu
Gestaltungsrechten der einzelnen
Schuldner hinzu, die an der eben passenden Stelle geprüft werden müssen.