Hinderung der Landung eines Flugzeugs

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T entführt das Passagierflugzeug und hindert die Piloten daran, dieses zu landen.

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Einordnung des Falls

Hinderung der Landung eines Flugzeugs

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T die Piloten daran hindert, das Flugzeug zu landen, hat er die Insassen "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein!

"Einsperren" bedeutet, jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines umschlossenen Raumes zu hindern. Die Ausgänge des umschlossenen Raumes können mechanisch oder elektronisch verschlossen, durch Hindernisse oder durch Bewachung versperrt sein. T hat die Ausgänge des Flugzeuges indes nicht verschlossen.
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2. Indem T die Piloten daran hindert, das Flugzeug zu landen, hat er die Insassen "auf andere Weise" ihrer Freiheit beraubt (§ 239 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Die Freiheitsberaubung "auf andere Weise" umfasst jedes Tun oder Unterlassen, durch das die Fortbewegung vollständig verhindert wird. Als Tatmittel kommt alles, was tauglich ist, einem anderen die Möglichkeit der Fortbewegung zu nehmen, in Betracht. Indem der T die Landung verhindert, macht er es den Passagieren unmöglich, den Aufenthaltsort zu verlassen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dolusdave

Dolusdave

22.7.2021, 20:26:29

Worin liegt hier der Unterschied zu dem Fall mit dem fahrendem Auto, bei dem die Freiheitsberaubung "auf andere Weise" meines Erachtens verneint wurde?

CLAUD

Claudia

26.10.2021, 15:23:50

Ich vermute, dass durch die Äußerung das Flugzeug landen zu wollen, anders als im Fall der Autofahrt, der Wille “auszusteigen” geäußert wurde. Nach dieser Erklärung wäre es aber nur eine Freiheitsberaubung hinsichtlich der Piloten. Die Passagiere müssten selbst kommen und den Willen äußern, auszusteigen. ..?

Helena

Helena

22.12.2021, 18:42:14

Das ist wahrscheinlich viel zu spät, Aber meiner Ansicht nach kommt es darauf an, in was eingewilligt wurde. Die Passagiere des Flugzeugs haben eingewilligt, von den Piloten von A Nach B gebracht zu werden und sich innerhalb dieser Zeit nicht fort zu bewegen. Sie haben jedoch nicht eingewilligt, dass das Flugzeug nicht gelandet wird. Im Vergleich zum Mitfahrer im Auto: der Mitfahrer hat eingewilligt mit diesem Fahrrad zu fahren, dass ein Autofahrer mal zu schnell fährt, ist etwas, was nach allgemeiner Verkehrsanschauung zu erwarten ist.

BL

Blotgrim

1.7.2022, 10:53:29

Es kommt einfach generell darauf an wie weit die Einwilligung reicht. So kann auch beim Autofahren eine Entziehung der Bewegungsfreiheit "auf andere Weise" durch zu schnelles Fahren vorliegen, wenn die Mitfahrer über das gewünschte Ziel hinaus gebracht werden oder klar machen dass sie aussteigen wollen.

HannaHaas

HannaHaas

2.2.2024, 18:20:45

Hat sich T hier hinsichtlich der Passagiere wegen einer

Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft

, §§ 239 I Var.2 25 I Alt. 2 StGB strafbar gemacht?

LELEE

Leo Lee

3.2.2024, 19:42:38

Hallo Rébecca Haas, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Du hast völlig Recht damit, dass man hier noch die milttebare Freiheitsberaubung bzgl. der Passagiere prüfen und bejahen würde. Der Vordermann (Pilot) handelt zwar nicht rechtmäßig, da kein unmittelbarer Angriff i.S.d.

§ 32 StGB

von den Passagieren ausgeht. Allerdings liegt hier ein sog. Fall des

Nötigungsnotstand

s vor (der Pilot „nötigt“ die Passagiere, obwohl die Passagiere nichts getan haben, da er ansonsten selbst verletzt wird). Die h.M. verneint i.R.d. § 34 StGB aufgrund fehlender Angemessenheit den Nostand entfallen, womit der Pilot nicht rechtmäßig gehandelt hat. Allerdings ist er entschuldigt und handelt insofern ohne Schuld, weshalb der Pilot insofern ein schuldloses Werkzeug durch den Täter „benutzt“ wird (zwei tolle Aufgaben zum Problemkreis

Nötigungsnotstand

findest hier (Aufgabe): https://applink.jurafuchs.de/IEWS73qRSGb und hier (Ansichten/Meinungen): https://applink.jurafuchs.de/zobQoNsRSGb). I.Ü. kann ich hierzu noch die Lektüre von BeckOG StGB, Kudlich § 25 Rn. 28 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

HannaHaas

HannaHaas

7.2.2024, 23:21:53

Danke für die ausführliche Antwort Leo Lee!! :)


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