Urlaubsanspruch: Unzulässigkeit vergangenheitsbezogener Feststellungsklage


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A hat laut Arbeitsvertrag mit Chef C 30 Tage Urlaub „nach Maßgabe des Mantelhaustarifvertrags“. Für die Jahre 2013 bis 2015 gewährte C dem A keinen Urlaub. Nach der Kündigung durch C beantragt A vor dem Arbeitsgericht, festzustellen, dass ihm für die Jahre 2013 bis 2015 ein Jahresurlaubsanspruch in Höhe von je 30 Kalendertagen zustand.

Einordnung des Falls

Urlaubsanspruch: Unzulässigkeit vergangenheitsbezogener Feststellungsklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist die ZPO in der ersten Instanz grundsätzlich anwendbar.

Ja!

Gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG ist die ZPO auch im ersten Rechtszug in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren anzuwenden, soweit sich aus dem ArbGG nichts Anderes ergibt.

2. Eine Feststellungsklage bedarf gemäß § 256 Abs. 1 ZPO eines Feststellungsinteresses.

Genau, so ist das!

Eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses setzt ein rechtliches Interesse an der Feststellung voraus (§ 256 Abs. 1 ZPO). Bei der positiven Feststellungsklage ist das Feststellungsinteresse in der Regel gegeben, wenn der Beklagte das Recht des Klägers ernsthaft bestreitet oder die Gefahr der Verjährung besteht. Für Feststellungsklagen ist zu beachten, dass grundsätzlich kein Feststellungsinteresse vorliegt, wenn der Kläger sein Ziel ebenso mit einer Leistungsklage erreichen kann.

3. Die Feststellungsklage kann sich nicht bloß auf einzelne Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis beziehen.

Nein, das trifft nicht zu!

BAG: „Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken – so genannte Elementenfeststellungsklage“ (RdNr. 17). Auch die Feststellung der Anzahl an Urlaubstagen für einen bestimmten Zeitraum könne dazu zählen. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann.

4. Soweit C vorträgt, A hätte den Urlaubsanspruch zu spät geltend gemacht und ihm stehe aufgrund der Ausschlussfrist (§ 16 Mantelhaustarifvertrag) nichts zu, ist das Feststellungsinteresse zu verneinen.

Ja!

Wird weiter darüber gestritten, wie hoch die Urlaubsabgeltung ist und ob eine Ausschlussfrist greift, sei die Feststellungsklage unzulässig. Auch eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO komme hier nicht in Frage. Denn eine Vorgreiflichkeit für weitere Rechtsstreitigkeiten als den Urlaubsanspruch gebe es nicht. Die begehrte Feststellung hat keine weiterreichende Bedeutung als das mit einem hilfsweise gestellten Leistungsantrag auf Urlaubsabgeltung umfasste Rechtsschutzziel (RdNr. 20).

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kaan00

kaan00

25.2.2024, 15:36:29

Ich finde die erste Frage missverständlich formuliert. Die ZPO ist doch gerade nicht „grundsätzlich anwendbar“, wenn sie nur anwendbar ist, soweit das ArbGG nicht anderes bestimmt?

LELEE

Leo Lee

26.2.2024, 10:03:00

Hallo kaan00, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man zunächst meinen, die Frage sei missverständlich formuliert, da die ZPO insoweit anwendbar ist, als das ArbGG keine anderen Regelung trifft. Beachte allerdings, dass weil die ZPO so lange anwendbar ist, AUßER ANDERS GEREGELT, die ZPO-Anwendbarkeit der Grundsatz ist, während „anders geregelt“ die Ausnahme darstellt. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Erfurter Kommentar 24. Auflage, Koch ArbGG § 46 Rn . 1 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

kaan00

kaan00

26.2.2024, 14:25:50

Stimmt, danke :)

LELEE

Leo Lee

26.2.2024, 14:31:05

Sehr gerne! :)


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