Haftung der Erzeugnisse und getrennten Bestandteile – 2. Entfernung nach Beschlagnahme und Veräußerung


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E gehört ein Hausgrundstück auf dem eine Hypothek lastet. Im Haus ist eine Einbauküche eingebaut, die E an K veräußert. Das Gericht ordnet die Zwangsversteigerung an, der Versteigerungsvermerk ist im Grundbuch eingetragen. Nun holt der unwissende K die Küche vom Grundstück des E ab.

Einordnung des Falls

Haftung der Erzeugnisse und getrennten Bestandteile – 2. Entfernung nach Beschlagnahme und Veräußerung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Einbauküche ist Zubehör (§ 97 BGB) des Hauses.

Ja!

Zubehör sind bewegliche Sachen, die nicht Bestandteil der Hauptsache sind, und die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einer dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (§ 97 BGB). Die Hauptsache ist hier das Einfamilienhaus. Die Einbauküche dient dem wirtschaftlichen Zweck des Hauses und steht zu diesem in einem räumlichen Verhältnis. Zu beachten sind jedoch auch regional abweichende Verkehrsauffassungen, die die Zubehöreigenschaft einer Einbauküche ausschließen können. Letztlich ist die Einordnung einer Einbauküche als Zubehör eine Einzelfallfrage. Da hier keine Angaben zur Verkehrsauffassung vorliegen, ist die Zubehöreigenschaft anzunehmen.

2. Die Küche gehört zum Haftungsverband der Hypothek.

Genau, so ist das!

Nach § 1120 Hs. 1 BGB sind auch Zubehörgegenstände (§ 97 BGB) Haftungsgegenstände der Hypothek. Der Haftungsverband der Hypothek erstreckt sich also auch auf Zubehör.

3. Nach erfolgter Beschlagnahme ist eine Enthaftung stets ausgeschlossen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Beschlagnahme bewirkt zwar, dass eine Enthaftung durch bloße Veräußerung und Entfernung des Gegenstands vom Grundstück (§ 1121 Abs. 1 BGB) nicht mehr möglich ist und für die Gegenstände ein relatives Veräußerungsverbot (§§ 136, 135 Abs. 1 BGB) besteht. Die Enthaftung ist jedoch weiterhin nicht ausgeschlossen: Es besteht die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs, entweder nach §§ 136, 135 Abs. 2, 932ff. BGB, oder nach § 1121 Abs. 2 S. 1 BGB. Zudem kann eine Enthaftung stattfinden, wenn die Entfernung des Gegenstands auch nach Beschlagnahme in den Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft erfolgte, § 1122 BGB.

4. K hat gegenüber dem Hypothekar Eigentum an der Küche nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. E und K haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. E hat K die Küche übergeben. E und K waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an E übergehen soll. E war auch verfügungsbefugt. Die Verfügung verstößt jedoch nach § 136, 135 Abs. 1 BGB aufgrund der Beschlagnahme gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot und ist damit gegenüber dem Hypothekar relativ unwirksam. Gegenüber E hat K daher kein Eigentum erlangt.

5. K hat gegenüber dem Hypothekar gutgläubig Eigentum nach §§ 929 S. 1. 136, 135 Abs. 2 BGB, 932ff. BGB an der Küche erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die §§ 932 ff. BGB sind hier nicht anwendbar, da § 1121 Abs. 2 BGB eine abschließende Sonderregelung für den Fall enthält, dass die Entfernung des Gegenstands als letzte Handlung nach der Beschlagnahme und nach Veräußerung erfolgt. Die §§ 932 ff. BGB sind hingegen anwendbar, wenn die Veräußerung des Gegenstands nach Beschlagnahme die letzte Handlung darstellt.

6. K hat gegenüber dem Hypothekar gutgläubig Eigentum nach §§ 929 S. 1, 1121 Abs. 2 S. 1 BGB an der Küche erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Damit die Küche enthaftet würde und K damit gegenüber dem Hypothekar gutgläubig Eigentum erwirbt, müsste er hinsichtlich der Beschlagnahme gutgläubig gewesen sein, § 1121 Abs. 2 S. 2 BGB. K wusste zwar nichts von der Beschlagnahme. Zu beachten ist jedoch § 23 Abs. 2 ZVG: Ist, wie hier, der Versteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen, so liegt Bösgläubigkeit ab dem Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch vor, unabhängig von der tatsächlichem Kenntnis des Erwerbers.

7. § 1121 bewirkt gegenüber den §§ 932ff. BGB eine Verschiebung bzgl. des Anknüpfungspunkts der Gutgläubigkeit.

Ja!

Nach §§ 135 Abs. 2, 932ff. BGB müsste Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der Verfügung, also der Veräußerung vorliegen. § 1121 verlegt diesen Zeitpunkt nach hinten, wenn die letzte Handlung nicht die Veräußerung, sondern die Entfernung ist. Die Regelung ist notwendig, da die Entfernung des Gegenstands vom Grundstück als Realakt keine Verfügung darstellt und § 135 Abs. 2 BGB damit nicht anwendbar ist. § 1121 BGB verdrängt damit in seinem Anwendungsbereich (Entfernung als letzte Handlung) die §§ 932 ff. BGB.

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