§§ 53 II, 15 I HGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

P ist Prokurist im Handelsgeschäft des H. Dies wurde ordnungsgemäß ins Handelsregister eingetragen. Aufgrund eines Streits zwischen P und H widerruft H die Prokura gegenüber P. Er vergisst jedoch, auch dies ins Handelsregister eintragen zu lassen.

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Einordnung des Falls

§§ 53 II, 15 I HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hat weiterhin Vertretungsmacht aus § 48 HGB, weil H das Erlöschen der Prokura nicht ins Handelsregister hat eintragen lassen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Prokura ist nach § 52 Abs. 1 HGB jederzeit widerruflich. Erfolgt ein Widerruf, so erlischt die Prokura und damit die daraus folgende Vertretungsmacht ex nunc.
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2. P hat eine Rechtsscheinvollmacht aus §§ 53 Abs. 2, 15 Abs. 1 HGB, weil H das Erlöschen der Prokura nicht ins Handelsregister hat eintragen lassen.

Ja, in der Tat!

Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass sie diesem bekannt war (§ 15 Abs. 1 HGB). Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise wie die Erteilung zur Eintragung anzumelden (§ 53 Abs. 2 HGB). Das Erlöschen der Prokura hätte von H ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Die Prokura besteht gegenüber einem Dritten, der keine Kenntnis von ihrem Erlöschen hat, als Rechtsscheinvollmacht fort.

3. Eine Rechtsscheinvollmacht aus §§ 53 Abs. 2, 15 Abs. 1 HGB nach dem Erlöschen der Prokura kann auch dann bestehen, wenn auch die Erteilung der Prokura nicht ins Handelsregister eingetragen wurde.

Ja!

Wenn sowohl die Erteilung einer Prokura als auch deren Erlöschen, nicht in das Handelsregister eingetragen wurden, spricht man von einer sog. sekundären Unrichtigkeit des Handelsregisters. Nach h.M. findet § 15 Abs. 1 HGB auch auf diese Fälle fehlender Voreintragung Anwendung. Begründet wird dies damit, dass ein Dritter auch außerhalb des Handelsregisters Kenntnis von der eintragungspflichtigen Tatsache (Erteilung der Prokura) erlangt haben kann und hierauf vertraut.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

12.6.2023, 08:29:54

Aber wenn § 53 II HGB gilt auch wenn nach § 15 I HGB diese weder ein- noch ausgetragen wurde, dann macht das Publizitätserfordernis nach § 15 I HGB keinen Sinn. Dann würde die Prokura von Anfang an gelten, auch wenn diese nie eingetragen wurde. Das ist doch schräg.

Dogu

Dogu

21.7.2023, 11:58:46

Und warum? Die Eintragung der Prokura im Handelsregister ist ja keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern lediglich deklaratorisch! Wenn ich dem nicht nachkomme und meinen Prokuristen trotzdem nach außen handeln lasse, muss ich trotzdem die Nachteile einer fehlenden Veröffentlichung der Entziehung tragen! Wieso sollte ich aufgrund des ersten Rechtsverstoßes von meinen weiteren Publizitätspflichten entbunden werden? Dann wird ja an einen gewissenhaften handelnden Kaufmann ein höherer Maßstab angelegt, als an einen Chaoten?


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