Veräußerungskette

4. Juli 2025

22 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

E kauft ein Buch von S, welches S dem G gestohlen hat. Davon weiß E allerdings nichts. E gefällt das Buch wider Erwarten nicht. Sie (E) verkauft es weiter an die gutgläubige F. G verlangt von E Herausgabe des Veräußerungserlöses.

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Einordnung des Falls

Veräußerungskette

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Möglicherweise kann G den durch den Verkauf erzielten Erlös von E herausverlangen (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist gegeben, wenn eine (1) Verfügung (2) eines Nichtberechtigten vorliegt. Diese Verfügung muss (3) gegenüber dem Berechtigten wirksam sein. Hierbei kann sich eine Wirksamkeit der Verfügung ausschließlich aus einem gutgläubigen Erwerb des Verfügungsempfängers (§§ 929 S. 1, 932 BGB) oder aus einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) der Verfügung durch den Berechtigten ergeben.
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2. Es liegt eine wirksame Verfügung der S an E vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Wirksamkeit der Verfügung kann sich ausschließlich aus einem gutgläubigen Erwerb des Verfügungsempfängers (§§ 929 S. 1, 932 BGB) oder aus einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) der Verfügung durch den Berechtigten ergeben. Ein gutgläubiger Erwerb (§§ 929 S. 1, 932 BGB) der E scheitert jedenfalls daran, dass das Buch gestohlen ist. Das Buch ist abhandengekommen (vgl. § 935 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Genehmigung ist nicht ersichtlich. Insbesondere kommt auch keine konkludente Genehmigung des Geschäfts durch G in Betracht. G hat das Geld von E gefordert.

3. F hat gutgläubig von E das Eigentum und den Besitz an dem Buch erlangt.

Nein!

Auch hier greift § 935 Abs. 1 S. 1 BGB: Das Buch ist abhandengekommen. Ein gutgläubiger Erwerb kommt nicht in Betracht.

4. G kann den Veräußerungserlös ausschließlich von dem ersten Glied in der Veräußerungskette herausverlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Liegt eine Veräußerungskette vor, kann der Berechtigte sich die Veräußerung aussuchen, die er genehmigt. G muss also nicht die Verfügung von S an E genehmigen. Sie kann auch die Verfügung der E an F genehmigen. Dies steht in seinem Belieben. Warum ist das praktisch für den Anspruchsinhaber? Es kann von Interesse sein, wenn ein Veräußerer in der Veräußerungskette vermögenslos ist oder einen höheren Erlös erzielt hat. Eine Genehmigung ist auch dann noch möglich, wenn der Gegenstand zum Zeitpunkt der Genehmigung etwa zerstört ist oder ein Dritter nach den §§ 946ff. BGB Eigentum erworben hat.

5. Es liegt eine wirksame Verfügung der E an F vor, nachdem G von E Herausgabe des Erlöses verlangt hat.

Ja, in der Tat!

Der Berechtigte kann die Verfügung ausdrücklich oder konkludent genehmigen. Ob eine konkludente Genehmigung vorliegt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). G hat die Verfügung zwar nicht ausdrücklich genehmigt. Er hat jedoch nur im Fall einer wirksamen Verfügung der E einen Anspruch auf Herausgabe des erlangten Erlöses gegen E. Selbst ohne ausdrückliche Genehmigung ist sein Herausgabeverlangen deshalb dahingehend auszulegen, dass er die Veräußerung von E an F konkludent genehmigen möchte. Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt der Verfügung zurück, also ex tunc. Eine Einwilligung ist eine Zustimmung vor Vornahme des Geschäfts (§ 183 S. 1 BGB). Die Genehmigung ist eine Zustimmung nach der Vornahme (§ 184 Abs. 1 BGB). Die Zustimmung ist der Oberbegriff (§ 182 BGB).

6. E hat G den Veräußerungserlös herauszugeben.

Ja!

E hat als Nichtberechtigte wirksam über das Eigentum der Berechtigten (G) verfügt. G hat deshalb einen Anspruch auf Herausgabe des aus der Verfügung Erlangten, also des Veräußerungserlöses.
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