Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

mehr Veräußerungserlös als Wert des Gegenstands

mehr Veräußerungserlös als Wert des Gegenstands

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

S leiht sich Gs brandneue Spielkonsole, welche G €500 gekostet hat. Diese ist überall ausverkauft und deshalb mehr wert als der Kaufpreis. S ist knapp bei Kasse und verkauft die Spielkonsole deshalb an die gutgläubige E für €700. G verlangt Herausgabe der €700 von S.

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Einordnung des Falls

mehr Veräußerungserlös als Wert des Gegenstands

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Möglicherweise kann G den durch den Verkauf erzielten Erlös von S herausverlangen (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja!

Ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist gegeben, wenn eine (1) Verfügung (2) eines Nichtberechtigten vorliegt. Diese Verfügung muss (3) gegenüber dem Berechtigten wirksam sein. Hierbei kann sich eine Wirksamkeit der Verfügung ausschließlich aus einem gutgläubigen Erwerb des Verfügungsempfängers (§§ 929 S. 1, 932 BGB) oder aus einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) der Verfügung durch den Berechtigten ergeben.
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2. Es liegt eine wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten vor.

Genau, so ist das!

E hat gutgläubig Eigentum erworben (vgl. §§ 929 S. 1, 932 BGB). Der Eigentumserwerb ist eine Übertragung eines bestehenden Rechts, also eine Verfügung. Zu dieser Verfügung war S nicht berechtigt. Allein G als Eigentümerin hatte das Recht, über ihr Eigentum zu verfügen. Somit liegt eine wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten vor.

3. Es ist stets nur der Wert der Sache herauszugeben und nicht der Veräußerungserlös.

Nein, das trifft nicht zu!

Dies ist umstritten. Nach h.M. ist der gesamte Veräußerungserlös herauszugeben. Dafür sprechen mehrere Aspekte: Zunächst der Wortlaut. Das „durch die Verfügung Erlangte“ ist hier eben mehr als der bloße Wert. Dies entspricht außerdem der Einordnung des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB als Rechtsfortwirkungsanspruch. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist gerade der Ersatz für die verlorene Vindikation. Der Besitzer hätte, wenn die Vindikationslage noch bestehen würde, auch gem. § 993 Abs. 1 BGB die Übermaßfrüchte in vollem Umfang herauszugeben. Zuletzt wird ein konkreter Schutz des Verfügenden durch § 818 Abs. 3 BGB gewährleistet.

4. S hat €500 an G herauszugeben.

Nein!

Nach h.M. ist der gesamte Veräußerungserlös herauszugeben. S hat also die gesamten €700 an G herauszugeben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

8.9.2023, 00:19:45

Was ist denn mit dem Schutz des Verfügenden durch §

818 III

gemeint? Hier war dieser ja schon einmal nicht einschlägig in Bezug auf die Verrechnung des Ankaufpreises mit dem Verkaufspreis. Wäre das ggf. die Situation, in der der Nichtberechtigte die Konsole für weniger als den objektiven Wert veräußern würde? Dann würde der Bereicherungsschuldner zumindest den Wertersatz nur noch in Höhe des Verkaufserlöses schulden, im Übrigen wäre er um die Differenz aus Ankaufs- und Verkaufspreis

entreichert

, oder?

LELEE

Leo Lee

8.9.2023, 11:57:38

Hallo evanici, mit Schutz des Verfügenden ist wir gemeint, dass (egal ob der Verfügende mehr oder weniger als den objektiven Wert erlangt) er insofern durch

§ 818 III BGB

geschützt wird, als er sich bzgl. des Geldes (was immer der Fall bei § 816 I 1 BGB sein wird) auf die sog.

Luxusaufwendungen

berufen kann (wenn er denn solche tätigt). Und

Luxusaufwendungen

schützen den Bereicherungsschuldner (hier also den Verfügenden). Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 7. Auflage Schwab § 816 Rn. 52 ff. empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

FEL

Felix

15.4.2024, 14:23:09

Moin, ich weiß hier wird explizit aufs Bereicherungsrecht abgestellt, aber der G hat in dem Fall ja anscheinend ein Arsenal an Ansprüchen gegen S. Auch Schadensersatz zumindest wegen Pflichtverletzung aus dem Leihvertrag gem. §§ 280 I 1, 241 II - wohl auch wegen Unmöglichkeit der

Rückgabepflicht

an den Ver

leihe

r aus §§ 280 I 1, III, 283 1, wenn der gutgläubige Erwerber nicht zur Rückgabe oder angemessenen Rückkauf bereit ist. Während die die Schadensersatzansprüche im Wert dann wohl den Verlust des Eigentums umfassen (hier wohl auch § 823 I), müsste doch auch der § 285 I, II es möglich machen, den Erlös, den Pflichtverletzer S erlangt, in vollem Umfang herauszuverlangen? VG

CR7

CR7

17.8.2024, 10:40:15

Dem Wortlaut nach müsste § 285 BGB durchgehen. Wie du richtig sagst, ist die Rückgabe subjektiv unmöglich geworden. Die Vermögenslage der Eigentümerin hat sich dadurch negativ verändert. Für § 285 BGB brauchen wir (1) Unmöglichkeit nach § 275 I bis III BGB, (2) auf Grund dessen einen Ersatz oder Ersatzanspruch für den geschuldeten Gegenstand erlangt. Beachte aber dann § 285 II BGB. Vertiefend hier: https://applink.jurafuchs.de/C3f73fma8Lb


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