Besitznachfolger, z.B. als Käufer, der Fehlerhaftigkeit des Besitzes beim Erwerb positiv kannte


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D stiehlt das Gemälde des B und verkauft es an den Hehler H. H weiß, dass das Gemälde gestohlen ist.

Einordnung des Falls

Besitznachfolger, z.B. als Käufer, der Fehlerhaftigkeit des Besitzes beim Erwerb positiv kannte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D hat gegenüber B verbotene Eigenmacht verübt, als er das Gemälde entwendete.

Genau, so ist das!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.D nahm das Gemälde ohne Willen des B in Besitz. Dies war auch nicht durch eine gesetzliche Regelung besonders gestattet, sondern verwirklicht einen Straftatbestand (§ 242 Abs. 1 StGB).

2. H hat gegenüber B verbotene Eigenmacht verübt.

Nein, das trifft nicht zu!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.H selbst hat B den Besitz nicht gegen dessen Willen entzogen.

3. B kann von H Herausgabe des Gemäldes aus § 861 Abs. 1 BGB verlangen.

Ja!

Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Besitzentzug beim Anspruchsteller durch verbotene Eigenmacht, (2) fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, (3) kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, (4) kein Erlöschen nach § 864 BGB. Zu 2): Der Anspruchsgegner hat fehlerhaften Besitz, wenn er (a) den Besitz durch verbotene Eigenmacht erlangt hat (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB, oder (b) Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers ist, der zuvor fehlerhaft besessen hat (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BGB), oder (c) Besitznachfolger des fehlerhaft besitzenden Vorbesitzers ist (z.B. als Käufer) und die Fehlerhaftigkeit des Vorbesitzes kannte bei Besitzerwerb (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB). D hat B den Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen. H wusste dies. H besaß fehlerhaft nach § 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB.

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GEL

gelöscht

9.9.2020, 15:19:23

Kann mir jemand ein Beispiel zu dem Paragraphen § 861 Anspruch wegen Besitzentziehung geben? (2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist. Ich verstehe den Text nicht. Wie kann denn etwas im Jahr VOR der eigentlichen Entziehung geklaut werden?

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

17.11.2020, 18:26:29

Nach meinem Verständnis von 861 II ist der zeitliche Ablauf folgender: A besitzt fehlerhaft gegenüber B (oder dessen Rechtsvorgänger) i.S.v. 858 II. Weniger als ein Jahr später entzieht B dem A den Besitz durch verbotene Eigenmacht, 858 I. Aktueller Besitzer ist also B. A macht jetzt 861 I gegenüber B geltend. D.h. "wenn der [dem A] entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer [= B] oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und [dieser dem A entzogene Besitz] in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist."

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

6.12.2020, 22:39:50

Es ließe sich zmd. über Besitzstörung von B durch H nachdenken, indem H wissentlich entgegen B‘s Willen das Gemälde besitzt. Man könnte hiergegen m. E. mit dem Wortlaut („ihn im Besitz stört“) argumentieren, welcher nahelegt, dass der Gestörte bei der Störung eben noch im Besitz der Sache sein muss.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.11.2021, 19:14:30

Hallo Lexderogans, natürlich könnte man darüber nachdenken, aber wie Du schon richtig eingewendet hast, bedarf es für verbotene Eigenmacht iSv § 858 BGB zwingend des Besitzes desjenigen, gegen den die verbotene Eigenmacht ausgeübt wird. Beispiele für eine Besitzstörung sind zB das Betreten oder Befahren eines Grundstückes durch unbefugte Personen, Zugangsverweigerung des Mieters zu seinen Sachen durch den Vermieter nach Ablauf des Mietvertrages oder zB die Beeinträchtigung der Nutzung durch Immissionen (vgl. mit weiteren Beispielen: Fritzsche, in BeckOK BGB, § 858 RdNr. 11 ff). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SK

Skinnynorris

29.8.2021, 19:28:02

Guten Tag, eine begriffliche Frage zum Sachenrecht: Sind

Vindikationslage

und EBV Synonyme ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.11.2021, 18:30:06

Hallo Skynnynorris, die Begriffe sind nicht identisch, aber stehen in engem Zusammenhang. Mit dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis bezeichnet man die in den §§ 987-1003 geregelten Ansprüche. Voraussetzung all dieser Ansprüche ist die

Vindikationslage

, also dass ein Eigentümer vom Besitzer nach § 985 BGB die Herausgabe der Sache verlangen kann, der Besitzer also kein Recht zum Besitz iS von § 986 BGB hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

14.9.2023, 12:53:55

Würde § 858 II 2 F. 2 dann ausscheiden, wenn zwischen H und B noch an einen gutgläubigen G als Zwischenhändler verkauft und von diesem an H weiterveräußert werden würde? Oder meint Vorgänger irgendeinen Vorgänger in der Kette?


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