Zivilrecht

Sachenrecht

Der Besitzschutz

Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers, der zuvor fehlerhaft besaß

Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers, der zuvor fehlerhaft besaß

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E ist alleiniger Erbe seines Onkels O. Im Nachlass befindet sich unter anderem eine Uhr, die O zuvor dem Uhrenliebhaber U gestohlen hat. E findet die Uhr im Nachlass und nimmt sie an sich. Kurz darauf erfährt U davon und fordert die Uhr von E heraus.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers, der zuvor fehlerhaft besaß

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O hat gegenüber U verbotene Eigenmacht verübt, als er die Uhr entwendete.

Ja!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.O nahm die Uhr ohne Willen des U in Besitz. Dies war auch nicht durch eine gesetzliche Regelung besonders gestattet, sondern verwirklicht einen Straftatbestand (§ 242 Abs. 1 StGB).
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2. E hat gegenüber U verbotene Eigenmacht verübt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nein, denn nicht E, sondern O hat U den Besitz ohne dessen Willen entzogen (§ 858 Abs. 1 BGB).

3. U hat einen Herausgabeanspruch aus § 861 BGB gegen E.

Ja, in der Tat!

Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Besitzentzug beim Anspruchsteller durch verbotene Eigenmacht, (2) fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, (3) kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, (4) kein Erlöschen nach § 864 BGB. Zu 2): Der Anspruchsgegner hat fehlerhaften Besitz, wenn er (a) den Besitz durch verbotene Eigenmacht erlangt hat (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB, oder (b) Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers ist, der zuvor fehlerhaft besessen hat (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BGB), oder (c) Besitznachfolger des fehlerhaft besitzenden Vorbesitzers ist (z.B. als Käufer) und die Fehlerhaftigkeit des Vorbesitzes bei Besitzerwerb kannte (§ 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB). O besaß fehlerhaft (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB). E ist als Os Erbe dessen Gesamtrechtsnachfolger und muss Os fehlerhaften Besitz nach § 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 BGB gegen sich gelten lassen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GEL

gelöscht

22.4.2020, 21:15:36

Mir ist im vorletzten und letzten Fall etwas nicht klar. Im vorletzten Fall kauft jemand das Bild aus einem Diebstahl und ihr fragt, ob ggü dem Eigentümer

verbotene Eigenmacht

vorliegt. Die Frage wird verneint. Selbiges im letzten Fall - hier nur mit der Uhr ggü dem ursprünglichen Eigentümer. Auch da wird die Frage auf

verbotene Eigenmacht

verneint. Ich lese und verstehe den § 858 II 2 Var. 2 BGB jedoch so, dass der Besitz hier durch die

verbotene Eigenmacht

fehlerhaft ist und dieses damit vorliegt - also beide antworten doch eigentlich ja lauten müssten, oder? Was übersehe ich? 🤔

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

23.4.2020, 10:49:48

Hi, danke für die Frage! Hier im Fall zielt die Frage konkret darauf ab, wer

verbotene Eigenmacht

"verübt" hat - das ist der Fall des § 858 Abs. 1 BGB. Eine andere Frage ist, ob der Besitz fehlerhaft ist (§ 858 Abs. 2 BGB). Der E muss den fehlerhaften Besitz gegen sich gelten lassen (wg. § 858 Abs. 2 S. 2 Var. 1 und Var. 2) - das heißt aber nicht automatischer, dass er selbst die

verbotene Eigenmacht

begangen hat. Viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan

GEL

gelöscht

23.4.2020, 20:30:04

Hi Stefan - danke für deine Antwort. Das die

verbotene Eigenmacht

nicht selbst begangen worden sein muss, leuchtet mir ein. Ich verstehe den § 858 II 2 nach beiden Varianten jedoch so, dass dadurch, dass dem Besitznachfolger die Fehlerhaftigkeit zugerechnet wird, gleichzeitig auch die

verbotene Eigenmacht

zugerechnet wird. Vielleicht ist es auch nur ein denklogisches Problem meinerseits.

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

23.4.2020, 21:33:48

Ich glaube, es ist hier eher eine terminologische Feinheit - in § 861 Abs. 1 BGB kommt ja auch zum Ausdruck, dass

verbotene Eigenmacht

und fehlerhafter Besitz verschiedene Dinge sind. Die

verbotene Eigenmacht

ist nur die Handlung, der fehlerhafte Besitz der daraus resultierende (nach § 858 Abs. 2 zurechenbare) Zustand. Hilft das?

GEL

gelöscht

24.4.2020, 19:45:20

Mit Sicherheit - wahrscheinlich muss ich es nur öfter lesen 😅 Danke dir für deine Antwort.

AMA

Amastris

4.11.2024, 21:10:10

Der Prüfungspunkt (1) ist aus Sicht des U zu sehen? Also es geht darum, ob ihm von egal wem, die Uhr durch

verbotene Eigenmacht

entzogen wurde und nimmt keinen direkten Bezug auf O. Hier kommt dann erst der fehlerhafte Besitz zu tregen oder?


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