Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Stellvertretung

Keine Höchstpersönlichkeit: Eheschließung

Keine Höchstpersönlichkeit: Eheschließung

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M und F möchten heiraten. Weil M allerdings sehr beschäftigt ist, schafft er es selbst nicht zum Standesamt. Stattdessen beauftragt er seinen besten Freund, um an seiner Stelle das Ja-Wort zu geben.

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Einordnung des Falls

Keine Höchstpersönlichkeit: Eheschließung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Stellvertretung (§§ 164ff. BGB) für alle Willenserklärungen zulässig?

Nein!

Die Stellvertretung nach §§ 164ff. BGB kann im Einzelfall unzulässig sein. Dies gilt beispielsweise bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften. Die Höchstpersönlichkeit eines Rechtsgeschäfts folgt dabei entweder aus dem Gesetz oder aus Vertrag (gewillkürte Höchstpersönlichkeit). Fälle von gesetzlich angeordneter Höchstpersönlichkeit finden sich vor allem im Familien- und Erbrecht wegen der persönlichen Bedeutung der Rechtsgeschäfte.
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2. Ist die Stellvertretung des M durch B bei der Eheschließung (§§ 1303 ff. BGB) mit F zulässig?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Stellvertretung ist grundsätzlich bei allen Rechtsgeschäften zulässig. Ausnahmen davon sind gesetzlich geregelt oder können rechtsgeschäftlich vereinbart werden. Gesetzliche Ausnahmen liegen insbesondere bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften vor. Diese finden sich vor allem im Familien- und Erbrecht wegen der persönlichen Bedeutung der Rechtsgeschäfte. Bei der Eheschließung müssen die Erklärungen persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben werden (§ 1311 S. 1 BGB). Damit ist die Stellvertretung des M durch B bei der Eheschließung mit F unzulässig.Wenn ein Fall der sog. verdeckten Stellvertretung (Standesbeamter weiß nicht, dass der Erschienene nur Vertreter ist) vorliegt, ist zwar die Ehe wirksam, jedoch aufhebbar, § 1314 Abs. 1 Nr. 2 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juritude

Juritude

17.12.2019, 18:44:22

Müsste das nicht 1311 BGB sein ?

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

19.12.2019, 12:08:53

Ja, steht auch so in Hinweis 2.

SAUFE

Saufen_Fetzt

30.10.2022, 00:23:32

Stabil wäre ein Hinweis auf die italienische Handschuh-Ehe 🙃

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.11.2022, 13:46:42

Hallo Saufen_fetzt, danke für den interessanten Hinweis. Diese gibt es sogar nicht nur in Italien sondern auch in den Niederlanden, Polen, Portugal, Spanien, Mazedonien, aber auch in Mexiko und in einigen US-Bundesstaaten. Für alle die sich fragen, worum es sich dabei handelt: IN diesen Ländern ist der Eheschluss mittels eines Stellvertreters zulässig, früher hat sich dieser insbesondere in Adelskreisen durch Überreichung eines persönlichen Stücks z.B. eines Handschuhs legitimiert. Relevant wird dies eher im Kapitel IPR. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Felix

Felix

10.10.2023, 23:01:47

Wäre nicht noch relevant zu erwähnen, dass die Ehe aufgrund dieses Mangels nicht nichtig ist, sondern tatsächlich nur aufhebbar (arg. ex § 1314 I Nr. 2)? Oder sehe ich hier etwas falsch?

LELEE

Leo Lee

14.10.2023, 15:27:44

Hallo Felix, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat ist dann die Ehe nicht nichtig, sondern nur aufhebbar. Wir haben dies als Vertiefung ergänzt. I.Ü. kann ich bei Interesse die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Wellenhofer § 1311 Rn. 3 empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo


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