Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Stellvertretung

Keine Höchstpersönlichkeit: Testamentserrichtung

Keine Höchstpersönlichkeit: Testamentserrichtung

22. Mai 2025

12 Kommentare

4,8(21.568 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Opa O möchte sein Testament verfassen. Da er selbst nicht mehr gut schreiben kann, bittet er seinen Enkel E, das Testament aufzusetzen und in Os Namen zu unterschreiben.

Diesen Fall lösen 91,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Keine Höchstpersönlichkeit: Testamentserrichtung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Stellvertretung (§§ 164ff. BGB) für alle Willenserklärungen zulässig?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Stellvertretung nach §§ 164ff. BGB kann im Einzelfall unzulässig sein. Dies gilt beispielsweise bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften. Die Höchstpersönlichkeit eines Rechtsgeschäfts folgt dabei entweder aus dem Gesetz oder aus Vertrag (gewillkürte Höchstpersönlichkeit). Fälle von gesetzlich angeordneter Höchstpersönlichkeit finden sich vor allem im Familien- und Erbrecht wegen der persönlichen Bedeutung der Rechtsgeschäfte.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ist die Stellvertretung bei der Testamentserrichtung (§ 2247 BGB) zulässig?

Nein!

Der Erblasser kann ein Testament nur persönlich errichten (§ 2064 BGB) Damit ist die Stellvertretung bei der Testamentserrichtung unzulässig. Das Gleiche gilt auch für einen Erbvertrag (§ 2274 BGB). Nach § 2247 BGB muss das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Dies bedeutet, dass O das Testament nicht nur selbst unterschreiben, sondern auch schreiben müsste. Ist er hierzu nicht in der Lage, müsste das Testament stattdessen nach §§ 2231 S. 1 Nr. 1, 2232 BGB zur Niederschrift eines Notars errichtet werden.
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

21.12.2020, 12:39:26

Ist das in dieser Absolutheit richtig? Was macht denn jemand, der - aus welchen Gründen auf immer - nicht schreiben kann? Ich dachte in solchen Fällen reicht die

eigenhändige Unterschrift

.

t o m m y

t o m m y

21.12.2020, 12:56:34

nein, in solchen faellen muss der erblasser zum notar (2232 bgb)

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

21.12.2020, 23:18:30

**/

QUEERS

QueerSocialistLawyer

11.4.2025, 16:58:46

Es gibt die Nottestamente in den 2249ff.BGB

MAM

Matteo M

12.2.2022, 13:09:50

Handelt es sich in diesem Fall tatsächlich um eine Stellvertretung ? Da E doch eigentlich keine eigene WE abgibt. Ist es nicht E nicht eher eine Art Bote. Da O die Erklärung ja diktiert, und man aus dem Bild annehmen kann, dass er sogar dabei ist während geschrieben wird.

Marilena

Marilena

15.2.2022, 17:44:28

Hallo Matteo M, danke für die gute Nachfrage und den Hinweis. Das Prüfungsschema zur Stellvertretung (§§ 164ff. BGB) sieht als ersten Prüfungspunkt die „Zulässigkeit“ der Stellvertretung im konkreten Fall vor. Daran scheitert es hier, eine Stellvertretung ist bei der Testamentserrichtung nicht zulässig. Genau wie Du sagst, wäre hier aber auch der zweite Prüfungspunkt „Abgabe einer eigenen Willenserklärung durch Stellvertreter“, bei dem eine Abgrenzung zur

Botenschaft

erfolgt, nicht erfüllt. E hat keinen gewissen Entscheidungsspielraum von O eingeräumt bekommen (Indiz für Stellvertretung). Nach dem

objektiven Empfängerhorizont

übermittelt er eine

fremd

e Willenserklärung. Ich hoffe, dass die Einordnung hier Dir hilft. Beste Grüße Marilena für das Jurafuchs-Team

Louicay

Louicay

28.2.2025, 17:25:05

Hi Jura Fuchs Team, ihr könntet hier vielleicht als (kleinen) ergänzenden Hinweis bereits auf die Problematik der zulässigen Stützhandlung in Abgrenzung zum unzulässigen Führen (der Hand) bei der Testamentserrichtung aufmerksam machen, auch wenn dieses Problem wahrscheinlich eher im Erbrecht zu verordnen ist. VG

OKA

okalinkk

28.4.2025, 15:22:27

@[Louicay](290702) könntest du dieses näher ausführen?

Louicay

Louicay

29.4.2025, 10:34:55

Hi @[okalinkk](253888), im Prinzip erschöpft sich dieses Problem bereits in seiner Bezeichnung. Da das Testament gem.

§ 2247 BGB

lediglich eigenhändig errichtet werden kann, stellt sich teilweise die Frage, wann dieses Erfordernis noch erfüllt ist, wenn Dritte den Errichter bei der Niederschrift des Testaments unterstützen. Dabei sind Unterstützungshandlungen grundsätzlich zulässig, sofern diese keinen Einfluss auf den Inhalt des Testaments nehmen. Ein

erforderlich

es stützen des Armes, das dem Errichter das Schreiben ermöglicht ist dabei zulässig. Sobald jedoch der

Hilfeleisten

de durch physischen Krafteinsatz Einfluss auf die Handbewegungen des Errichters nimmt handelt es sich um ein unzulässiges Führen der Hand, das die eigenhändige Errichtung des Testaments gem. § 2247 I BGB und damit die Wirksamkeit des Testaments ausschießt.

OKA

okalinkk

29.4.2025, 18:03:05

Danke 🙏🏻 @[Louicay](290702)

Annika

Annika

13.5.2025, 21:32:27

Die Aufgabe heißt Keine

Höchstpersönlichkeit

: Testamentserrichtung die Antworten auf die Fragen zeigen dann aber doch eine

Höchstpersönlichkeit
Major Tom(as)

Major Tom(as)

14.5.2025, 09:13:59

Ich glaube, das ist deshalb so, weil die Aufgaben unter der Kategorie "Zulässigkeit der Stellvertretung" stehen. Vss. dafür ist "keine

Höchstpersönlichkeit

" und ein Fall, bei dem die

Höchstpersönlichkeit

eben gefordert ist, ist das Testament - dementsprechend ist das mE nicht auf den Inhalt, sondern die Vss. bezogen :)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community