Öffentliches Recht

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Ausnahmsweise baurechtlich geschützte schöne Aussicht

Ausnahmsweise baurechtlich geschützte schöne Aussicht

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist Eigentümer eines Grundstücks, von dem aus er eine außergewöhnlich schöne Aussicht über den Rhein und das Rheintal hat. Nach dem neuen Bebauungsplan soll auf dem Nachbargrundstück ein Haus gebaut werden, das ihm diese Sicht nehmen würde.

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Einordnung des Falls

Ausnahmsweise baurechtlich geschützte schöne Aussicht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hält den Bebauungsplan für unwirksam. Ist die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) statthaft?

Ja, in der Tat!

Der Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist statthaft, wenn der Antragsteller eine Satzung, die nach dem BauGB erlassen wurde für ungültig hält. A meint, der Bebauungsplan – gemäß § 10 Abs. 1 BauGB eine Satzung nach dem BauGB – verstoße gegen sein Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) und sei deswegen ungültig. Die Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist statthaft. Zuständig für verwaltungsgerichtliche Normenkontrollen ist das Oberverwaltungsgericht bzw. – in manchen Bundesländern – der Verwaltungsgerichtshof. Achtung: Anders als bei § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gegen Satzungen nach dem BauGB bundesrechtlich in allen Bundesländern anwendbar.
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2. Kann jede Person, die mit den Festsetzungen eines Bebauungsplans unzufrieden ist, einen Normenkontrollantrag erheben?

Nein!

Einen Normenkontrollantrag können (nur) Personen stellen, die geltend machen, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden (sog. Antragsbefugnis, § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO). Das heißt, der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. A müsste somit antragsbefugt, d.h. durch den angegriffenen Bebauungsplan in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein. Als solches kommt hier ein subjektives Recht auf gerechte Abwägung eigener (Eigentums-)Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB in Betracht. Die Antragsbefugnis soll wie die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO Popularklagen ausschließen. Der Maßstab bei der Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO) entspricht weithin dem der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Du musst also nichts neu lernen.

3. Besondere Ortsrand- und Aussichtslage sind immer rechtlich schutzwürdige Belange, die im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB im Planaufstellungsverfahren zu berücksichtigen sind.

Nein, das ist nicht der Fall!

Auf den Fortbestand eines etwaigen Lagevorteils und einer damit verbundenen Aussicht in die Landschaft besteht grundsätzlich kein rechtlich geschütztes Vertrauen. Somit macht allein der Umstand, dass ein bisher unbebautes Grundstück künftig bebaut werden darf, das Interesse des Nachbarn an der Erhaltung dieses Zustandes nicht zu einem schutzwürdigen Belang in der Abwägung. Ausnahmsweise kann aber eine Ortsrand- oder Aussichtslage wegen außergewöhnlicher örtlicher Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdig sein (RdNr. 38 f.). Nach dem OVG sei es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die aufgrund der Südhanglage auf As Grundstück eröffnete Aussichtsmöglichkeit in das Rheintal ausnahmsweise besonders schutzwürdig und damit abwägungserheblich ist (RdNr. 38). A kann sich somit auf die mögliche Verletzung seines Rechts auf gerechte Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB berufen und ist somit antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO). Führ Dir das immer vor Augen: Im Rahmen der Antragsbefugnis des § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO muss es – entsprechend der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO – nur möglich sein, dass das geltend gemachte Recht besteht und verletzt ist. In Deiner Klausur wird der statthafte Rechtsbehelf in aller Regel zulässig sein. Die umfassende Prüfung findet in der Begründetheit statt.

4. Das Bauvorhaben wurde auf Grundlage einer dem Bauherrn erteilten Baugenehmigung mittlerweile errichtet. Kann dies As Rechtsschutzbedürfnis entgegenstehen?

Ja, in der Tat!

Das Erfordernis des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Hier wäre das Bauvorhaben durch eine (rückwirkende) Aufhebung des angegriffenen Bebauungsplans zwar nicht mehr genehmigungsfähig, da es dann im Außenbereich (§ 35 BauGB) läge und kein Privilegierungstatbestand vorliegt. Dennoch genießt es, da es durch die Genehmigung formell rechtmäßig ist, Bestandsschutz, sodass sich As Rechtsstellung auch nach einem erfolgreichen Angreifen des Plans nicht mehr verbessern kann. Dennoch war vorliegend As Rechtsschutzbedürfnis mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, da die Gerichte ihm den Eilrechtsschutz nach summarischer Prüfung mit der Begründung fehlender Antragsbefugnis versagt hatten. Würde man A jetzt das Rechtsschutzbedürfnis versagen, wäre er rechtsschutzlos gestellt wäre (RdNr. 43 ff.). Somit ist As Normenkontrollantrag insgesamt zulässig. Die besondere Konstellation im Ausgangsfall, in dem die Gerichte im Eilrechtsschutz im Zuge der dort nur erforderlichen summarischen Prüfung As Antragsbefugnis versagt hatten, jetzt aber im Hauptsacheverfahren – bei nicht bloß summarischer Prüfung – für das Gericht feststeht, dass die Antragsbefugnis doch besteht, ist außergewöhnlich. Sie eignet sich deshalb besonders gut für eine perfide Klausur. Führ Dir vor Augen: Wenn der Antragsteller zuvor keinen effektiven Rechtsschutz gehabt hatte, muss ihm die Gelegenheit noch eingeräumt bzw. aufrechterhalten werden!

5. Der Normenkontrollantrag ist begründet, wenn der angegriffene Bebauungsplan formell oder materiell gegen höherrangiges Recht verstößt (§ 47 Abs. 5 S. 2 VwGO).

Ja!

So könnte der Obersatz in Deiner Klausur lauten. Die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans prüfst du dann in dem gewohnten Dreischritt: (1) Rechtsgrundlage (hier: §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 10 Abs. 1 BauGB), (2) formelle Rechtmäßigkeit und (3) materielle Rechtmäßigkeit. Achtung: Die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle § 47 VwGO ist ein objektives Beanstandungsverfahren. Eine subjektive Rechtsverletzung ist im Rahmen der Begründetheit somit – anders als im Rahmen der Anfechtungsklage (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO)  – nicht erforderlich.

6. An dem Gemeinderatsbeschluss zum Bebauungsplan hat Gemeinderat M mitgewirkt. M war zugleich für den durch den Plan Begünstigen tätig, und zwar als Planer des vorhabenbezogenen B-Plans. Ist der Plan trotzdem formell rechtmäßig?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 18 Abs. 1 S. 1 GemO BW darf ein ehrenamtlich tätiger Bürger weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Er hat stattdessen die Sitzung zu verlassen (§ 18 Abs. 5 GemO BW). Bei M bringt der Ratsbeschluss einen unmittelbaren Vorteil, sodass in seiner Person ein Befangenheitsgrund vorliegt. Dadurch, dass er dennoch an der Beschlussfassung des Plans mitgewirkt bzw. die Sitzung nicht verlassen hat, ist der Gemeinderatsbeschluss (formell) rechtswidrig (§ 18 Abs. 6 S. 1 GemO BW) (RdNr. 52 ff.). Die Zuständigkeit des Gemeinderats für den Beschluss des Bebauungsplans ergibt sich aus (§§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 BauGB, § 24 GemO). Die Gemeindeordnungen anderer Bundesländer enthalten entsprechende Regelungen, auch zur Befangenheit.

7. Der Bebauungsplan ist u.a. dann materiell rechtswidrig, wenn die Gemeinde ihr Planungsermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat.

Ja, in der Tat!

Neben der Einhaltung der Planungsgrenzen, die sich z.B. aus § 1 Abs. 4 und § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB (Entwicklungsgebot) ergeben, erfordert eine ordnungsgemäße Ausübung des Planungsermessens, dass die Gemeinde die in § 1 Abs. 7 BauGB genannten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen hat. Hier könnte die Gemeinde gegen das Abwägungsgebot verstoßen haben, wenn sie private Belange des A nicht hinreichend berücksichtigt hätte.

8. Die Ortsrand- oder Aussichtslage eines Grundstücks kann ausnahmsweise unter besonderen Umständen einen abwägungserheblichen Belang nach §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB darstellen.

Ja!

Die Ortsrand- und/ oder Aussichtslage eines Grundstücks ist aber nur bei außergewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdig. Eine solche außergewöhnliche Situation hat die Rechtsprechung z.B. bejaht, wenn eine Ausflugsgaststätte mit einer besonderen Aussicht „arbeitet“, auf deren Fortbestand sie vertrauen durfte, oder bei dem Wunsch, weiterhin die Aussicht auf den Bodensee sowie die Alpen auf dem gegenüberliegenden Schweizer Ufer genießen zu können (RdNr. 64). OVG: Mit diesen Situationen sei die vorliegende Konstellation aber nicht vergleichbar. Der Rhein sei von As Grundstück kaum zu erkennen. Der Ausblick auf das Flusstal und die jenseits des Tales gelegene Landschaft auf der schweizerischen Seite mag zwar als „malerisch“ bezeichnet werden, er sei jedoch nicht in einer mit dem Blick auf die Bodenseefläche und dem dahinterliegenden Alpenpanorama vergleichbaren Weise eindrucksvoll-spektakulär oder gar einzigartig (RdNr. 65). As Interesse an dem bisherigen Ausblick begründet somit kein privates Interesse von solchem Gewicht, dass es im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden musste (RdNr. 65 f.).

9. Der Bebauungsplan lässt die Errichtung einer Garage im Waldabstand (§ 4 Abs. 3 LBO) zu. Könnte die Gemeinde dadurch gegen das Gebot gerechter Abwägung gem. § 1 Abs. 7 BauGB verstoßen haben?

Genau, so ist das!

Grundsätzlich dürfen die Gemeinden im Bebauungsplanverfahren vom bauordnungsrechtlichen Waldabstandsgebot abweichen (§ 4 Abs. 3 S. 2 LBO BW). Bei der Entscheidung darüber, welche konkreten Gebäude mit einem geringeren Waldabstand als nach § 4 Abs. 3 S. 1 LBO BW zulässig sind, ist die Gemeinde aber gehalten, im Rahmen des Gebots gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) die mit den Waldabstandsregelungen verfolgten Belange zu berücksichtigen (RdNr. 72). Zu diesen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Belangen gehören namentlich der Schutz der zugelassenen Gebäude vor umstürzenden Bäumen, das Interesse des Waldeigentümers an der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung sowie Belange des Waldschutzes, etwa die Verhinderung von Waldbränden(RdNr. 72).

10. Verstößt die Gemeinde gegen das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung, wenn sie es der Bauaufsichtsbehörde überlässt, eine mögliche durch Bebauung im Waldabstand verursachte Gefahrenlage zu prüfen?

Ja, in der Tat!

Das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung verlangt hier, dass die Gemeinde selbst über die Zulassung von Gebäuden im Waldabstand abschließend entscheidet und diese Entscheidung nicht in ein nachgelagertes Verwaltungsverfahren auf eine andere Behörde (z.B. die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens) abwälzt. Es ist nach § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO originäre Aufgabe der planenden Gemeinde, den für ein bestimmtes Gebäude konkret geltenden Waldabstand zu bestimmen (RdNr. 73). OVG: Dieser Verpflichtung sei die Gemeinde hier nicht nachgekommen. Darin liegt ein relevanter Bewertungsfehler (RdNr. 72 ff.). Ergebnis: Damit war der Bebauungsplan hier zwar nicht wegen Einschränkung der schönen Aussicht, aber aus anderem Grund materiell – und auch formell (s.o.) – rechtswidrig. Den voranstehenden Bewertungsfehler hatte A auch fristgemäß gerügt (§ 215 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB). Außerdem war der Fehler offensichtlich i.S.d. § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und ergebnisrelevant, denn es lässt sich nicht ausschließen, dass die Abwägung bei ordnungsgemäßer Bewertung des Waldabstandes anders ausgefallen wäre (RdNr. 74). Klausuren, in denen Du die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans prüfen musst, sind nicht selten! Hier werden von Dir wenige Detailkenntnisse verlangt, aber dafür ein sauberes Arbeiten mit unbekannten Normen und Rechtsfragen (hier etwa dem Problem des Waldabstands). Verlass Dich auf Dein juristisches Handwerkszeug!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AM

Anony Mous

25.8.2023, 08:25:33

Was hat der Antragsteller in diesem Fall konkret von seinem Obsiegen (da der Bau ja wegen des Bestandsschutzes ohnehin bleibt)?

PPE

Philipp von Pentz

31.8.2023, 23:31:40

Aber wenn es materiell illegal errichtet wurde greift das doch gar nicht? Ob die Voraussetzungen einer Abrissverfügung vorliegen und ob da der Bestandsschutz dem entgegensteht ist eine Frage der Schutzwürdigkeit des Einzelfalls, oder?

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

20.9.2023, 11:27:19

Sehr gute Frage @[Anony Mous](207571)! Erst einmal wurde in diesem Normenkontrollverfahren (§ 47 Abs. 1 VwGO) die Unwirksamkeit des B-Plans festgestellt. Dabei handelt es sich ja um ein objektives Beanstandungsverfahren, ein „Obsiegen“ – wie etwa im Rahmen einer Anfechtungsklage – gibt es daher in diesem Sinne nicht. Normalerweise hätte die für den Antragsteller positive Entscheidung des VGH die Folge, dass mangels Wirksamkeit des B-Plans keine Baugenehmigungen auf seiner Grundlage hätte erteilt werden können. Deshalb hatte der Antragsteller auch schon Eilrechtsschutz beantragt, um die legalisierende Wirkung des B-Plans zu verhindern, war dort aber noch gescheitert. In der Zwischenzeit war dann die Baugenehmigung erteilt worden und bestandskräftig geworden, der

Normenkontrollantrag

entfaltet ja keine Art aufschiebender Wirkung hinsichtlich der angegriffenen untergesetzlichen Norm. Nun ist das Kind für ihn in den Brunnen gefallen. Anwaltlich hätte man dem Antragsteller raten müssen, als Nachbar

Drittanfechtungsklage

gegen die Baugenehmigung zu erheben, um inzident dann die

Rechtmäßigkeit

des B-Plans zu überprüfen. Das hat der Antragsteller aber offenbar nicht getan. Denkbar bliebe für ihn jetzt allenfalls noch ein

Amtshaftungsanspruch

gegen die Gemeinde wegen der negativen finanziellen Folgen, die der formell und

materiell rechtswidrig

e B-Plan für ihn in der Folge hatte; an den Anspruch sind aber strenge Anforderungen gestellt. Hoffe das hilft Dir! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

20.9.2023, 11:33:13

Danke auch für Deine Nachfrage Philipp von Pentz! Eine Abrissverfügung setzt immer

formelle und materielle Illegalität

des Bauvorhabens voraus. Da aber hier eine Baugenehmigung erteilt und bestandskräftig wurde, ist das Vorhaben des Nachbarn jedenfalls formell legal errichtet worden. Deshalb kann er sich in der Tat auf den Bestandsschutz berufen, den die ursprüngliche Baugenehmigung vermittelt. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

20.9.2023, 11:39:21

U.U. denkbar wäre noch, dass die Baugenehmigungs

behörde

die infolge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nachträglich

materiell rechtswidrig

gewordene Baugenehmigung zurücknimmt (§ 48 Abs. 1 VwVfG). In der Folge entfiele rückwirkend auch die formelle Legalität. Dies dürfte aber mit Blick auf das besondere Interesse des Nachbarn an seiner Baugenehmigung und angesichts der Tatsache, dass das Vorhaben bereits errichtet wurde,

ermessensfehlerhaft

sein. Gleiches gälte für eine daran anschließend ausgesprochene Abrissverfügung. Hier ist der Vertrauensschutz des Nachbarn höher zu gewichten.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

20.9.2023, 11:42:50

Insgesamt handelt es sich um einen sehr schwierigen Fall, den wir genau deshalb ausgewählt haben. Er behandelt nicht nur ausgefallene Fragen der formellen und materiellen

Rechtmäßigkeit

eines Bebauungsplans, sondern auch eine prozessual ausgesprochen seltene Konstellation, die den Antragsteller geradezu wahnsinnig machen muss. Zentrales Element ist dabei zu erkennen, dass dem Antragsteller bislang noch nicht ausreichend effektiver Rechtsschutz gewährt wurde (Art. 19 Abs. 4 GG), weil im Rahmen des Eilrechtsschutzes noch seine Antragsbefugnis nach summarischer Prüfung des Gerichts versagt worden war – dies hat zur Folge, dass ihm nun nicht das Rechtsschutzbedürfnis für seinen

Normenkontrollantrag

fehlt! Wir hoffen, dass ihr diesen Fall nicht in einer Klausur bearbeiten müsst, aber sollte es dazu kommen, seid ihr nun gewappnet! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Whale

Whale

14.8.2024, 14:25:58

Wenn der

Normenkontrollantrag

des Antragstellers hier in der Zulässigkeit beim Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt worden wäre, wie hätte er sich dagegen w

ehre

n können? Käme hier dann ein allgemeiner Justizgewährleistungsanspruch, der ausnahmsweise nach Art. 19 IV GG greifen würde, in Betracht? Oder gilt dies nur bei einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 I GG?


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