Abgrenzung Rechtsbindung/ Gefälligkeit („Fahrgemeinschaft zum Arbeitsplatz“)
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und G arbeiten im Callcenter (Dienstbeginn 7 Uhr). A besitzt ein Auto und holt G an den gemeinsamen Arbeitstagen um 6.30 Uhr ab. G beteiligt sich an den Fahrtkosten. Als A eines Morgens nicht kommt und G ihn nicht erreicht, ruft G ein Taxi, um noch rechtzeitig ins Büro zu kommen.
Einordnung des Falls
Abgrenzung Rechtsbindung/ Gefälligkeit („Fahrgemeinschaft zum Arbeitsplatz“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. G hat gegen A einen Schadensersatzanspruch (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB) in Höhe der zusätzlichen Taxi-Kosten. Zwischen ihnen besteht ein Fahrgemeinschaftsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Ob die Parteien bei der Mitfahrt im Auto Rechtsbindungswillen haben, beurteilt sich maßgeblich danach, ob für den Leistungsempfänger wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen und dies für den Leistungserbringer (Fahrer) erkennbar ist. Bei verfestigten Fahrgemeinschaften bezüglich Fahrten zum Arbeitsplatz ist dies regelmäßig zu bejahen, weil das verspätete Erscheinen am Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer häufig mit nachteiligen Konsequenzen (wie Abmahnung und im Wiederholungsfall Kündigung) verbunden sein kann.Zwischen A und G ist somit ein Fahrgemeinschaftsvertrag zu bejahen. G hat in der Folge gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz.
Eine Besprechung von:
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17.5.2020, 20:58:45
Könnte das statt eines Fahrgemeinschaftsvertrags sui generis nicht auch eine Innen-GbR (705 ff BGB) sein?
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22.10.2022, 15:27:33
Aus der hier genannten Fundstelle (Urteil BGH), verstehe ich aber genau die gegenteilige Antwort.
Der letzte Teil des Leitsatzes hört sich für mich danach an als wäre es in diesem Falle hier auch ein reines Gefälligkeitsverhältnis und kein Vertrag mit Rechtsbindungswillen.
Wie sieht es denn mit privaten Fahrten aus, bei denen der Mitfahrer die Spritkosten übernimmt?
Würde die Übernahme der Spritkosten allein noch kein wirtschaftliches Interesse begründen und es sich somit um eine reine Gefälligkeit des täglichen Lebens handeln oder hätte diese schon rechtsgeschäftsähnlichen Charakter?
Ich würde sagen, dass das stark vom Einzelfall abhängig ist und so pauschal nicht beantwortet werden kann. Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit ist zwar ein Indiz, dass ein Rechtsbindungswille vorliegt, begründet diesen aber (meines Wissens) nicht gleich automatisch. Hier kommt es dann mE auf die zusätzlichen Umstände des konkreten Falles an (inwieweit war der eine Teil auf die Mitnahme angewiesen; welche Folgen ergäben sich für ihn, falls ihn der andere Teil doch nicht mitnimmt; welche Risiken würde der andere Teil bei einem Vertrag eingehen etc.).
MasterK
6.10.2020, 10:02:40
sehe ich auch so
🔥1312🔥
28.11.2021, 20:27:00
Ich finde die Frage bzw. Den Sachverhalt hier etwas ungenau. Um einschätzen zu können, ob hier ein Anspruch auf Schadensersatz besteht müsste es irgendwelche Anhaltspunkte für ein verschulden geben, die ich hier aber nicht finde.
Jen:ny
28.11.2021, 23:23:56
🔥1312🔥
29.11.2021, 00:23:23
Jen:ny
29.11.2021, 12:38:16
Eine kleine Detailfrage:
Da sich G an den Fahrtkosten beteiligt, entstehen für G gewisse Reisekosten, wenn er von A mitgenommen wird.
Hat G somit tatsächlich Schadensersatzanspruch gegen A "in Höher der [vollständigen] Taxi-Kosten" oder nur in Höhe der zusätzlichen Kosten, die dem G durch die Taxifahrt entstehen (Taxikosten - Fahrtkostenbeteiligung = Höhe des Anspruchs)?
Besten Dank!!
Lukas_Mengestu
2.8.2022, 16:46:26
Hallo FSler, sehr gute Anmerkung! In der Tat gilt im Schadensrecht das Bereicherungsverbot. Das heißt, G muss sich hier seine ersparten Aufwendungen (Beteiligung an den Fahrtkosten des A) schadensmindernd anrechnen lassen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Schöner Fall. Ein kleines Detail: die Sprechblase wird oben links von den drei Buttons verdeckt. Man kann also nicht erkennen, was gesagt wird. Das ist schade, so kann man die schöne Zeichnung gar nicht voll genießen. :)
Nora Mommsen
8.12.2022, 19:13:30
Hallo David, danke für den Hinweis. Das tut mir sehr Leid - alternativ könntest du die App im Browser verwenden. Dort müsste es besser zu lesen sein. Die Zeichnung können wir kurzfristig leider nicht anpassen, aber wir merken es uns für zukünftige Zeichnungen :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Paulah
11.4.2023, 14:42:22
Ich nutze die App im Browser mit 27 Zoll Bildschirm. Da wird die Sprechblase leider auch verdeckt. Vielleicht wird es besser, wenn die richtige Browser-Version fertig ist.
Strand Spaziergang
4.5.2023, 09:20:22
Ich würde mich irgendwie nicht trauen, von meiner Kollegin Ersatz für die Taxikosten zu verlangen. Wie seht ihr das? Wie könnte man das formulieren, wenn man sich tatsächlich entscheidet, sie zu fragen?
Carl Wagner
5.5.2023, 16:52:29
silasowicz
20.7.2023, 16:43:07
Ist in "zusätzlich" schon impliziert, dass G sich ihren Anteil an den Fahrtkosten abziehen lassen müsste?
JudgeFudge
10.9.2023, 01:28:05
Vanilla Latte
5.10.2023, 17:46:08
LawGirl
5.8.2023, 13:37:42
Warum hat G einen Anspruch aus § 283 und nicht aus § 281? A hat doch hier nicht geleistet. A ist es ja nicht unmöglich gewesen, zu leisten.
LawGirl
5.8.2023, 19:29:34
Vielen Dank für deine Frage, Strand Spaziergang! Spricht man sowas an, wird es wohl das letzte mal gewesen sein, dass einen die Kollegin mit ihrem Auto abholt und das Arbeitsklima auf Arbeit könnte sich auch "ändern". Daher ist es in erster Linie eine zwischenmenschliche / psychologische Entscheidung, ob es das einem wert ist. Vermutlich würde man erst einmal fragen, was los war. Solange der Kollege / Kollegin nicht absichtlich fies handelt (dann wäre das Arbeitsklima eh schon gestört), sondern es ein Versehen war, würde ich (persönlich) definitiv davon absehen, sowas geltend zu machen. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team
Ich bin mir unsicher, was du mit der Frage genau meinst, aber bzgl. der Gegenleistung der G (Anteil an den Fahrtkosten) ist zu berücksichtigen, dass § 283 BGB den Fall der nachträglichen Unmöglichkeit regelt. Hier ist von einem absoluten Fixgeschäft auszugehen, also kommt es bei der Frage um den Bestand der Gegenleistung maßgeblich auf § 326 BGB an.
Da es beim vorliegenden Sachverhalt naheliegt, einen Umstand in der Sphäre des A anzunehmen, entfällt die Gegenleistung gem. § 326 I 1 BGB, da es an einer anspruchserhaltenden Gegennorm fehlt, argumentum e contrario § 326 II 1 2. Fall BGB.
Zumindest für den einen Tag. Für eine konkrete Berechnung ist der Sachverhalt nicht ausgelegt.
Ich glaube, die Frage war, ob von dem Betrag die ersparen Aufwendungen für die Kosten der Fahrgemeinsachft abgezogen werden müssen, weil sie ohnehin angefallen wären :)
A ist es nicht unmöglich gewesen zu leisten, sodass keine
anfängliche Unmöglichkeit vorlag, allerdings kann die Fahrt zur Arbeit nicht mehr nachgeholt werden, sodass dieser Umstand zur Unmöglichkeit führt.
Danke für die Antwort! Aber 281 wäre in diesem Fall doch auch möglich oder?
Gerne :) Nein tatsächlich nicht, da § 281 eine mögliche Leistung voraussetzt. Die Leistung ist hier allerdings unmöglich geworden. So würde zB auch eine Fristsetzung (welche 281 grds. voraussetzt) keinen Sinn ergeben, wenn die Leistung gar nicht mehr erbracht werden könnte.
Vgl. MükoBGB-Schäfer, 7. Aufl., Vor § 705, Rn. 34.
Interessante Idee! Aber meinst du das bloße Mitfahren zur Arbeit stellt einen hinreichenden gemeinsamen Zweck I.S.v 705 dar? Hätte da schon meine Zweifel, auch da das KfZ ja dem Einen gehört (dessen Einlage), aber der andere bringt ja nix zur Erreichung des Zwecks bei (z.b. Fahrtkostenbeteiligung wäre eine Option). Aber ich wollte noch fragen, nach welchen AGL hättest du dann eine Haftung des (nicht erschienen Gesellschafters) geprüft? §128 HGB analog?
Ok, hatte den Sachverhalt falsch im Kopf, es gab doch eine Fahrtkostenbeteiligung... trotzdem frage ich mich ob das ausreicht um eine Gesellschaft zur Erreichung dieses Zwecks zu gründen? Ist ja etwas anders hier als eine Lottotippgemeinschaft, es gibt keine Gewinne. Ich denke es ist von der Rechtsordnung nicht gewollt, dass auch im privaten Bereich ständig GbRs anzunehmen sind und das wäre dann doch die Konsequenz?
Liebes Jurafuchs team, was meint ihr? Kann das auch ein Ausgleichsanspruch im innenverhältnis sein?
Ich denke das kann man so sicherlich vertreten. Der gemeinsame Zweck ist das Erreichen der Arbeit aller Beteiligten. Der Fahrer trägt zur Erreichung die Fahrdienstleistung und das Bereitstellen des KfZ bei, die anderen beteiligen sich kostentechnisch. Letztlich entsteht ja auch keine rechtliche Differenz - jedenfalls besteht eine vertragliche Beziehung. Der Fahrende kann nicht einfach blau machen oder nicht erscheinen ohne Bescheid zu geben, da nach beiden Ansichten, ein Rechtsbindungswille vorliegt. Woraus man das Schuldverhältnis hier ableitet, ist mMn im Ergebnis deshalb nicht ausschlaggebend und beide Herleitungen lassen sich doch wohl sehr gut hören. Außer die GbR verlangt konkret und ausnahmslos Gewinnerzielung oder die Beiträge zur Zweckerreichung müssen unbedingt gleichwertig sein, aber das habe ich so noch nie gelesen - vllt. erscheint noch ein Gesellschaftsrechts-Experte auf der hiesigen Bildfläche :D
Hallo ihr Lieben, in der Tat kann die Fahrgemeinschaft auch als Innen-GbR qualifiziert werden. Dies wurde bereits auch schon höchstrichterlich durch den BGH bestätigt (vgl. BGH, Urteil vom 20. 12. 1966 - VI ZR 53/65 = NJW 1967, 558 = https://research.wolterskluwer-online.de/document/1c94c3df-ee5e-49b3-9590-f71a4da16c1d). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Stellt man dann beide Wege war und sagt, es könne dahinstehen, welchen Weg man wählt... oder wie ist das Verhältnis der beiden AGL?
Hallo, jolojo. Beim Schadensersatzanspruch nach §§ 280ff. BGB ist es genau umgekehrt. Es müssen keine Anhaltspunkte für die „Unschuld“ des Pflichtverletzers gefunden werden (Pflichtverletzung hier in Form der Nichtleistung seitens des A), sondern das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung wird grundsätzlich vermutet (erkennbar an der Negativformulierung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Dabei richtet sich das Vertretenmüsen nach § 276 Abs. 1 BGB (grds. Vorsatz und Fahrlässigkeit). Es obliegt dem Schuldner, sich zu exkulpieren, d.h. sich von der Verschuldensvermutung zu befreien. A muss also darlegen, warum er seiner Leistungspflicht aus dem Fahrgemeinschaftsvertrag nicht nachkommen und zudem nicht mal kurzfristig Bescheid geben konnte.
Oh man. Ich sag mal so: lieber hier bei Jurafuchs mal einen blöden Fehler machen und es dafür dann in der Klausur (und später im Beruf) drauf haben.
Vielen Danke für den Hinweis!
Gern geschehen😊Hehe, die Reihenfolge ist definitiv empfehlenswerter, da stimme ich dir zu.
P.S.: „Blöde“ Fehler gibt es nicht. Eigentlich zeigen Fehler eher, dass man sich aktiv mit dem Lernstoff auseinandergesetzt hat😌Außerdem ist die Jurafuchs-App ist ja ausdrücklich zum Lernen gedacht.
Noch einen angenehmen Wochenstart wünsche ich Dir!
leicht
79,9 %