Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge in Form eines „erfolgsqualifizierten Versuchs“ („Gubener Verfolgungsjagd“)


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Klassisches Klausurproblem

Asylbewerber A wird von 11 bewaffneten Neonazis N verfolgt, bedrängt und massiv bedroht. Um zu entkommen, springt er durch eine geschlossene Glastür. Dabei zieht er sich so tiefe Schnittwunden zu, dass er binnen kurzer Zeit verblutet.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die 11 N haben den Tod des A kausal verursacht.

Ja!

Rspr. und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.Hätten die N den A nicht verfolgt und massiv bedroht, wäre A nicht auf der Flucht durch die Glastür gesprungen und infolge der Schnittverletzungen gestorben (sog. psychisch vermittelte Kausalität).

2. A's Sprung durch die geschlossene Glastür ist ein völlig unvorhersehbarer, atypischer Kausalverlauf.

Nein, das ist nicht der Fall!

Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter (1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und (2) sich genau diese Gefahr im Erfolg realisiert hat. Ein atypischer Kausalverlauf ist gegeben, wenn dieser so sehr außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass mit ihm vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht. Indem die 11 N den A massiv bedroht und verfolgt haben, haben sie eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen. Der Zurechnungszusammenhang wurde nicht durch A's Handeln unterbrochen. A's Sprung war eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion. Ein solches durch eine Flucht „Hals über Kopf“ geprägtes Opferverhalten ist bei den durch Gewalt und Drohung geprägten Straftaten geradezu deliktstypisch und entspringt dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Menschen.Im Originalfall wurden Totschlag (§ 212 Abs. 1 StGB) bzw. vollendete Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) letztlich mangels Vorsatz abgelehnt. Die Täter hatten sich aber wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge (§§ 223, 22,23, 227 StGB) strafbar gemacht.

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