Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Allgemeine Regeln für Handelsgeschäfte (§§ 343-372 HGB)
Schweigen im Handelsverkehr, § 362 Abs. 1 HGB (Anfechtung)
Schweigen im Handelsverkehr, § 362 Abs. 1 HGB (Anfechtung)
5. Juli 2025
4 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

K hat bei der Deutschen Bank AG ein Wertpapierdepot. K bittet B per E-Mail um den sofortigen Verkauf von 100 Wirecard Aktien. Zwei Tage später sinkt der Kurs um 50%. Als K erfährt, dass B untätig geblieben ist, fällt sie aus allen Wolken. B äußert, sich nicht verantwortlich zu fühlen, da ein Schweigen keine verbindliche Erklärung sei.
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Einordnung des Falls
Schweigen im Handelsverkehr, § 362 Abs. 1 HGB (Anfechtung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die E-Mail von K stellt ein Vertragsangebot gerichtet auf die Erteilung des Auftrags zum Verkauf von 100 Wirecard Aktien dar (§ 145 BGB).
Ja, in der Tat!
2. Das Schweigen der Deutschen Bank AG gilt als Annahme des Auftrags, 100 Wirecard-Aktien zu verkaufen (§ 362 Abs. 1 HGB).
Ja!
3. Ks Anspruch auf Verkauf der Wirecard Aktien durch die Bank könnte dadurch erloschen sein, dass diese ihr Schweigen (§ 362 Abs. 1 HGB) angefochten hat (§§ 119ff. BGB).
Genau, so ist das!
4. Der Irrtum über die Bedeutung des Schweigens (§ 362 Abs. 1 HGB) stellt einen zur Anfechtung berechtigenden Inhaltsirrtum dar (§ 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB) (=Anfechtungsgrund).
Nein, das trifft nicht zu!
5. K kann von B verlangen, dass diese für sie 100 Wirecard Aktien aus ihrem Depot verkauft.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jasim
2.10.2024, 10:40:36
für einen solchen Auftrag bzw. das Angebot des K kann das
schuldhaftes Zögern seitens der deutschen Bank nicht nach nur 2 Tage zulasst gelegt! Denn eine Bankbetätigung üblicherweise mindestens 2 Werktage dauert, so dass ein Tatbestand des § 362 I HGB jedenfalls zum Zeitpunk des Sinkens der Aktien nicht gegeben ist! Also im Ergebnis kann der entstehende
Schadenbei K (Verlust von 50% der Kosten seiner Aktien) nicht von einer Pflichtverletzung der Bank verursacht worden sein und scheidet damit Ks
Schadensersatzanspruch aus §§ 280 ff. BGB aus. ODER?
Kira
8.4.2025, 15:09:27
@[Jasim](132611) woher nimmst du, dass eine Bankbetätigung 2 Tage benötigt? Dies ist absolut unterschiedlich und da wir keine Hinweise darauf haben, dass dies der Bank nicht möglich gewesen wäre gilt es dies zu unterstellen. Gerade bei Onlinebanken dauert es nach Veranlassung nur wenige Sekunden und bei einem schnelllebigen Markt wie dem Aktienhandel muss
schuldhaftes zögern bereits nach 2 Tagen angenommen werden. Stell dir vor jeder der eine Aktie kauft muss damit rechnen, dass er sie in einem Zeitraum von 2 Tagen (oder sogar mehr) den Kurs bekommt zu dem die Bank sich entschliesst tätig zu werden. Das klingt nicht sonderlich sinnig.

Esther
9.4.2025, 10:49:53
Liebes Jurafuchs-Team, hier wäre es vielleicht zum Systemverständnis gut, noch deutlich zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben abzugrenzen! :)

MaxRaspody
25.6.2025, 14:02:34
Inwieweit ist der
362 hgbdenn einseitig abdingbar? Kann ähnlich wie ein Schriftformerfordernis, auch ein Erfordernis des Annehmens nicht durch Schweigen in Agb vereinbart oder einseitig erklärt werden oder weicht das vom wesentlichen Grundgedanken des 362 ab un daher ggf nach 307 II nr 1 unwirksam? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Bank, außer in irgendwelchen Ausnahmefällen Orders per Email annehmen würde, allein schon weil es viel leichter ist, eine Email zu versenden, die auf den ersten Blick oder auch tatsächlich von einer beliebig gewünschten Absenderadresse stammt. Nicht umsonst ist meistens eine zweifaktorauthentifizierung erforderlich, mE nach auch gesetzlich vorgeschrieben. Und wenn die Bank Orders die ihr per Mail zugehen grds nicht durchführen kann, will sie sich natürlich den bearbeitungsaufwand sparen..