Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2019
Eigenbedarfskündigung bei Härtefällen
Eigenbedarfskündigung bei Härtefällen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E lebt mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung. 2015 erwirbt er eine größere Wohnung, die seit 1974 an M vermietet ist. E erklärt die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Die 79-jährige M widerspricht mit Verweis auf ihre Verwurzelung in der Umgebung, ihre Demenz und fehlenden Ersatzwohnraum.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Eigenbedarfskündigung bei Härtefällen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 13 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E könnte einen Anspruch auf Herausgabe der Wohnung gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB haben. Voraussetzung ist, dass das Mietverhältnis wirksam beendet wurde.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Voraussetzung einer ordentlichen Kündigung ist ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Der Eigenbedarf ist ein solches berechtigtes Interesse.
Genau, so ist das!
3. Der Vermieter benötigt die Mieträume i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn er aus einer objektiven Not heraus auf die Räume angewiesen ist.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Trotz Vorliegen der Voraussetzungen ist eine Kündigung rechtsmissbräuchlich und unwirksam, wenn eine vermietete Wohnung ausschließlich mit dem Ziel erworben wird, sodann wegen Eigenbedarfs zu kündigen.
Nein!
5. Trotz gerechtfertigter ordentlicher Kündigung kann der Mieter unter bestimmten Umständen die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.
Genau, so ist das!
6. Aufgrund der langjährigen Miete ist die betagte M tief verwurzelt in ihrer Umgebung. Das reicht für sich genommen aus, um eine Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB zu begründen.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Die Demenzerkrankung der M kann zu einer Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB führen.
Ja!
8. Ist es einem Mieter unter zumutbaren Bedingungen nicht möglich, eine angemessene Ersatzwohnung zu beschaffen, handelt es sich auch hierbei um einen Härtegrund.
Genau, so ist das!
9. Handelt es sich bei dem Wohnort der M um einen angespannten Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d Abs. 1 BGB, ist dies Beweis dafür, dass angemessener Ersatzwohnraum nicht beschafft werden kann.
Nein, das trifft nicht zu!
10. Selbst wenn kein Umstand allein einen Härtegrund darstellt, kann sich aufgrund einer Gesamtschau der verschiedenen Umstände eine Härte ergeben.
Ja!
11. Sobald ein Härtegrund besteht, hat der Mieter Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses.
Nein, das ist nicht der Fall!
12. In der Interessenabwägung ist zulasten des E zu berücksichtigen, dass er die vermietete Wohnung mit dem Ziel der Eigennutzung erworben hat.
Nein, das trifft nicht zu!
13. Überwiegen die Interessen des Mieters gegenüber denen des Vermieters, wird das Mietverhältnis automatisch um ein Jahr verlängert.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dominik
15.2.2022, 18:44:34
Lief heute im 1. Examen in Hessen
Lukas_Mengestu
15.2.2022, 19:19:32
Vielen Dank für den Hinweis, Dominik!
Pleodontorus
22.5.2022, 09:52:48
Lief auch ähnlich im Dezember 21 Durchgang in Hamburg
evamarie
15.2.2022, 20:22:53
Müsste man 577a BGB hier eigentlich auch thematisieren? Demnach gilt doch eine Sperrfrist von drei Jahren nach dem Eigentümerwechsel bevor wegen Eigenbedarf gekündigt werden kann oder habe ich da was falsch verstanden?🙈
Lukas_Mengestu
16.2.2022, 21:06:24
Hallo evamarie, hier musst Du aufpasssen. § 577a BGB ist nur in dem besonderen Fall anwendbar, dass eine Wohnung nach Überlassung an den Mieter in Wohnungseigentum (=Sondereigentum) umgewandelt wurde (vgl. § 3 bzw. § 8 WEG). Im Regelfall - so auch hier - ist dies indes bereits vor Überlassung an den Mieter erfolgt. Dann kommt es auf die Frist in § 577a BGB nicht an. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
kithorx
13.3.2023, 17:28:44
Ich finde die zweite Frage missverständlich. Wie geschildert, wäre ja ein Benötigen i.S.v. 573 II 2 anzunehmen. Nur überschreitet die Situation die Mindestsnforderungen der Norm, auf die die Aufgabe offenbar abstellt.
Nora Mommsen
14.3.2023, 12:33:33
Hallo kithorx, danke für deine Anmerkung. Grundsätzlich zielt die Frage auf die grundsätzlichen Voraussetzungen der Norm ab, bevor sich die Aufgabe der konkreten Situation widmet. Es ist das Prinzip von Jurafuchs vom Allgemeinen zum speziellen zu gehen, genauso wie es auch in einer Klausur zu handhaben wäre. Es wird oftmals Fälle geben, in denen die Voraussetzungen nicht genau oder gerade so erfüllt sind, sondern sogar ein Mehr gegeben ist. Der Sachverhalt ist lebensnah, so wie es Klausuren auch sind. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kithorx
14.3.2023, 15:05:56
@[Nora Mommsen](178057) danke für die Rückmeldung! Das verstehe ich. Mir ging es hauptsächlich um die Formulierung, da es frustrierend ist, die Frage falsch zu beantworten, nur weil man sie falsch deutet 😊