Gewerbepark III (keine gemeinschaftliche Haftung bei Verursachung durch eine Person)


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A, B, C und weitere Personen demonstrieren gegen die Errichtung eines Gewerbeparks. A ist die Versammlungsleiterin. Im Laufe der Demonstrationen ruft A zur Blockade der Baustelle auf. Dadurch kann Bauunternehmer H nicht mehr seine gemieteten Baumaschinen nutzen. Unklar bleibt, ob B und C sich an der Blockade beteiligten.

Einordnung des Falls

Gewerbepark III (keine gemeinschaftliche Haftung bei Verursachung durch eine Person)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein sonstiges Rechtsgut des H wurde verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Der Besitz stellt eigentlich kein Recht, sondern eine tatsächliche Herrschaftsposition dar. Dennoch wird der berechtigte Besitz in den §§ 858ff. BGB wie ein absolutes Recht gegen den unberechtigten Zugriff von jedermann geschützt. Die h.M. sieht den berechtigten Besitz deshalb auch als sonstiges Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB an. H ist durch die Miete der Maschinen zu deren Besitz berechtigt. Durch die Blockade wurde er in seinem Besitz verletzt. Der unberechtigte Besitz (vgl. §§ 858 Abs. 2, 861 Abs. 2, 862 Abs. 2 BGB) stellt aufgrund des fehlenden Schutzes der Rechtsordnung kein sonstiges Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar.

2. H hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen A (§ 823 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

H hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten. A hat als Versammlungsleiterin objektiv das gesamte Demonstrationsgeschehen in seiner konkreten Ausgestaltung maßgeblich in der Hand. Durch die Anleitung der anderen Demonstranten hat sie eine Handlung begangen, die kausal für die Rechtsgutsverletzung war. Dies war auch rechtswidrig, da die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) keinen so intensiven Eingriff in die Rechte Dritter erlaubt. Da es ihre Intention war, die Errichtung des Gewerbeparks zu verhindern, geschah die Blockade auch vorsätzlich.

3. A, B und C haften gemeinschaftlich (§§ 830 Abs. 1 S. 1, 840 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Da Mittäter und Gehilfen deliktsrechtlich gleich zu behandeln sind (§ 830 Abs. 2 BGB), kommt es auf diese rechtliche Unterscheidung der Beteiligungsform nicht an. Beihilfe kann gegebenenfalls auch psychisch geleistet werden und setzt keine physische Mitwirkung bei der Tat voraus. Jedenfalls aber muss für den einzelnen Teilnehmer ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war. Die bloße Teilnahme von B und C an der Versammlung reicht hierfür nicht aus.

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DAN

Dankra01

29.12.2021, 14:49:49

Ich wollte zudem einmal sagen, dass ich sehr begeistert von dieser App bin. Das einzige, was mich stört, ist das Fehlen von Wiederholungszyklen. Normalerweise braucht man für ein langfristiges Lernen eine Wiederholung nach 10 Minuten, nach einem Tag, nach einer Woche, einem Monat und danach aller 6 Monate. Das kann man hier aber schlecht umsetzen, weil man nicht sieht, wann man welche Aufgabe bearbeitet hat. Ist es möglich so ein Feature in ein zukünftiges Update zu implementieren? Das Markieren als Favorit bringt mir persönlich da leider nicht viel, weil für mich alle Aufgaben wichtig sind, aber wenn es eine extra Abteilung in der App gäbe, bei welcher die bereits bearbeiteten Aufgaben erneut nach einiger Zeit (bestenfalls mit diesen Wiederholungszyklen) auftauchen, wäre der Lerneffekt

DAN

Dankra01

29.12.2021, 14:50:14

[...] ungemein erhöht. Liebe Grüße - Daniel

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

30.12.2021, 11:48:39

@[Dankra01](163072) Hallo Daniel, danke für deinen Kommentar, dein Lob und deine Anmerkung. Du hast vollkommen recht, eine Wiederholungsfunktion ist enorm wichtig und wir sind auch dabei, eine solche zu entwickeln. Allerdings ist die Umsetzung nicht ganz so einfach, weil wir ein intelligentes spaced repetition system umsetzen wollen. Daher bitte noch ein wenig Geduld! Herzliche Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

OFAC

omnimodo facturus

15.8.2022, 13:37:20

Das fände ich auch überragend!

Alexander

Alexander

26.1.2023, 16:20:16

Ich schließe mich meinen Vorrednern an :-)

UGE

Unerkannt Geisteskrank

8.6.2023, 16:32:41

Könnte man im vorliegenden Fall auch einen Anspruch aus § 823 II in Verbindung mit § 858 BGB bejahen? Hierzu habe ich verschiedene Ansichten gesehen, da der Schutz des Besitzer über § 858 ausreichend gewährleistet ist, aber andererseits der § 858 auch ein Schutzgesetz darstellt und somit auch unter die Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht fallen würde. LG

Nora Mommsen

Nora Mommsen

9.6.2023, 13:35:19

Hallo Unerkannt Geisteskrank, in der Tat ist diese Frage umstritten. Primär hängt sich der Streit an der Schutzgesetzqualität des § 858 Abs. 1 BGB auf, also ob durch die Norm nicht nur der Rechtsfrieden sondern auch das Individuum in seinem Besitz geschützt ist. Die herrschende Meinung bejaht dies, sodass ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 BGB in Betracht kommt. Allerdings sollte beachtet werden, dass dass der unrechtmäßige Besitzer gegenüber dem berechtigten Besitzer nicht nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 BGB ersatzberechtigt ist. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

PAND

pando

1.5.2024, 11:37:05

Hier wird ein Rechtsgutverletzung des Besitzes angenommen. Ich habe das so gelernt, dass eine bloß zeitweise Nutzungsbeschränkung für eine Verletzung gerade nicht ausreicht, so wie beim Eigentum, da tatsächlich keine Substanzverletzung vorliegt. Wieso wird das hier angenommen?

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

2.5.2024, 13:29:25

Hallo Pando,  die Fälle der Nutzungsfähigkeit zielen nicht auf eine zeitliche Komponente ab, sondern darauf, ob die ganze Sache ihrer Nutzungsfähigkeit entzogen wird oder nur die Nutzungsmöglichkeit eingeengt wird.  Sehr anschaulich hierfür ist der „Fleetfall“. Durch einen Zusammensturz einer Brücke sind Boote „ausgesperrt“, wodurch sie nicht mehr ihr konkretes Ziel anlaufen können, und Boote eingesperrt, die überhaupt keine Ziele mehr anlaufen können. So liegt eine Verletzung bzgl. der eingesperrten Boote vor, jedoch nicht der ausgesperrten Boote, da diese noch anders genutzt werden können.  Diese Unterscheidung zwischen konkreter und jeglicher Nutzung des Eigentums durch die Rechtsprechung ist in der Literatur nicht ohne starke Kritik. Jedoch kann als schlagendes Argument angeführt werden, dass der Schutz des Eigentums/Besitzes als absolutes Recht nur den Verlust jeglicher Nutzungsmöglichkeit erfassen kann, nicht aber eine bestimmte Nutzung, die der Eigentümer einer Sache zugedacht hat. Während für den Schädiger das Risiko, der Sache jegliche Nutzung zu nehmen, kalkulierbar ist und er sein Verhalten daraufhin einrichten kann, sind die vom Eigentümer mit einer Sache spezifisch verbundenen Absichten für den Schädiger kaum vorhersehbar, sodass er sich außerhalb von vertraglichen Beziehungen im zumutbaren Rahmen auch nicht auf den Schutz dieser Nutzungsarten einstellen kann.  Zu der zeitlichen Erheblichkeitsschwelle hat der BGH im Urteil vom 28.0.2022 - VI ZR 336/21 geurteilt, dass es einer solchen grundsätzlich nicht bedarf, wenn die Nutzung vorübergehend gänzlich aufgehoben wurde. Für tieferes Verständnis empfehle ich die Quelle: BeckOGK/T. Voigt, 1.3.2024, BGB § 823 Rn. 137, 138. Beste Grüße, Max – für das Jurafuchs-Team


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