Entstehung der Gesamtschuld – Gesetzliche Anordnung 1


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Lawra (L) und Justus (J) sprühen gemeinschaftlich auf den Eingang ihrer Fakultät den Spruch "Geld hat man zu haben". Der Spruch hatte sie seit Beginn des Studiums an jedem Monatsende genervt. Universität U findet das weniger lustig und lässt das Graffiti für €1.000 beseitigen.

Einordnung des Falls

Entstehung der Gesamtschuld – Gesetzliche Anordnung 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U hat sowohl gegen L als auch J einen Anspruch auf Schadensersatz für die Beseitigung des Graffitis nach § 823 Abs. 1 BGB.

Ja!

Der haftungsbegründende Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) einen Verletzungserfolg (2) durch ein zurechenbares Verhalten des Schädigers, der dabei (3) rechtswidrig und (4) schuldhaft gehandelt haben muss.Durch das Besprühen des Eingangs haben L und J jeweils das Eigentum der U rechtswidrig und schuldhaft verletzt.

2. Kommt es für die Haftung von L und J gegenüber U darauf an, wie viel des Graffitis sie jeweils gesprüht haben hatten?

Nein, das ist nicht der Fall!

Für einen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB bedarf es auch eines kausalen Schadens. Begehen dabei mehrere gemeinschaftlich eine unerlaubte Handlung, so ist jeder Einzelne für den gesamten Schaden verantwortlich (§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB).Das von L und J angebrachte Graffiti war kausal für die Reinigungskosten. Da L und J gemeinschaftlich handelten, sind sie für den gesamten Schaden verantwortlich (§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB). Unerheblich ist, welche Tatbeiträge sie im Einzelnen erbracht haben.Bei einer Gruppe von Schädigern ist der Nachweis, wer für den Schaden im Einzelnen verantwortlich ist, regelmäßig unmöglich. Hier soll § 830 Abs. 1 BGB den Geschädigten entlasten.

3. Kann U von L Erstattung des gesamten Schadens (€1.000) verlangen?

Ja, in der Tat!

Begehen mehrere gemeinschaftlich eine unerlaubte Handlung so haften sie für den hieraus Schaden als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB). Der Geschädigte kann sich aussuchen, ob er die Leistung anteilig von den Schädigern verlangt, oder nur von einem Teil die volle Leistung verlangt (§ 421 S. 1 BGB)Da L und J gemeinsam gesprayt haben, haften sie nicht nur anteilig als Teilschuldner. Vielmehr müssen sie für den Schaden in vollem Umfang als Gesamtschuldner (§ 830 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1 BGB) einstehen. U kann sich aussuchen, in welcher Höhe sie L und J jeweils in Anspruch nimmt. Insgesamt darf sie von beiden zusammen aber maximal €1000 verlangen.

4. Wenn U sich die Beseitigung komplett von L bezahlen lässt, hat J Glück gehabt und muss letztlich nichts zahlen.

Nein!

Im Verhältnis untereinander sind die Gesamtschuldner zu gleichen Teilen verpflichtet, die Schuld zu begleichen, soweit sich im Einzelfall nichts anderes ergibt (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB).Sofern L der U die kompletten Beseitigungskosten erstattet, hat sie gegen J einen Anspruch auf Erstattung der Hälfte der Kosten aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB.§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB stellt eine eigene Anspruchsgrundlage des Gesamtschuldners dar. Darüber hinaus erlischt die Forderung des Gläubigers durch die Leistung eines Gesamtschuldners nicht, sondern geht auf den leistenden Gesamtschuldner nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB über (Legalzession). Hierzu später mehr.

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