Zivilrecht

Deliktsrecht

§ 823 Abs. 1 BGB

Suizid als Rechtsgutsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB – Mobbing

Suizid als Rechtsgutsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB – Mobbing

2. April 2025

19 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A ist bei B angestellt. Daher versucht B erfolglos, A zu kündigen. In der Folgezeit fühlt sich A zunehmend durch möglicherweise schikanierende, aber legale Maßnahmen der B „gemobbt“. Daraufhin begeht A Suizid.

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Einordnung des Falls

Suizid als Rechtsgutsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB – Mobbing

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Die Verletzung des Rechtsguts Leben bedeutet die Verursachung des Todes. Das Leben ist zivilrechtlich bereits in der embryonalen Phase vor der Geburt geschützt. Der Lebensschutz endet mit dem Hirntod. Durch den Suizid wurde das Rechtsgut Leben des A verletzt. Im Strafrecht beginnt der Lebensschutz erst später (mit den Eröffnungswehen), da das ungeborene Leben strafrechtlich durch die Regeln zum Schwangerschaftsabbruch (§§ 218ff. StGB) geschützt ist.
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2. Das durch B so empfundene "Mobbing" war äquivalent-kausal für die Rechtsgutsverletzung des A.

Ja!

Nach der Äquivalenztheorie ist jede Tatsache ursächlich für einen Schadenseintritt, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Rechtsgutsverletzung in ihrer konkreten Gestalt entfiele. Würde man das Mobbing der B hinwegdenken, so hätte A keinen Suizid begangen und wäre nicht am Rechtsgut Leben geschädigt worden. Damit war die Handlung der B äquivalent-kausal für die Rechtsgutsverletzung.

3. Das durch B so empfundene "Mobbing" war auch zweifelsfrei adäquat-kausal für die Rechtsgutsverletzung des A.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Äquivalenztheorie umfasst auch völlig unwahrscheinliche Kausalverläufe. Deshalb ist eine Korrektur nach der Adäquanztheorie erforderlich. Nach der Adäquanztheorie ist der Erfolg nicht zurechenbar, wenn der Geschehensablauf außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liegt. Die Arbeitgeberin B, die Maßnahmen vornimmt, die als "Mobbing" empfunden werden können, jedoch noch im Rahmen des Legalen liegen, musste deshalb nicht zwingend damit rechnen, dass ihr Arbeitnehmer A Suizid begeht. Etwas anderes gilt, wenn objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine konkrete Suizidgefährdung des Arbeitnehmers vorgelegen haben. Das BAG betont konkret für den Fall des Mobbing, dass es sich bei einem Suizid um einen sehr unwahrscheinlichen Geschehensablauf handle, mit dem häufig nicht gerechnet werden müsse. Das gelte jedenfalls dann, wenn es in der Sache um grds. legale und solche Maßnahmen des Arbeitgebers gehe, die im Arbeitsleben häufiger vorkommen (z.B., wie im Originalfall, eine ungerechtfertigte und deshalb später zurückgenommene betriebsbedingte Kündigung) (RdNr. 53f.).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Mr_Monsense

Mr_Monsense

9.12.2020, 19:52:01

Auch hier habe ich Bauchschmerzen mit der Bewertung der Adäquanz der Kausalität. Es ist doch kein Geheimnis, dass einige Opfer von Mobbing gerade auf Grund des Mobbings

Suizid

begangen haben. Dabei kann es nicht davon abhängig sein, ob das Verhalten grds. legal ist. Sobald man den Begriff Mobbing darüberschreiben kann, muss das zu einer Haftung führen. Ansonsten müsste man genau definieren, welches Mobbing einem

Suizid

des Opfers regelmäßig Vorschub leistet und welches regelmäßig nicht.

Mr_Monsense

Mr_Monsense

9.12.2020, 19:53:59

Das dürfte jedoch nicht möglich sein. Und wenn es dennoch getan würde, wird dies wohl dazu führen, dass einiges Mobbing erlaubt ist, anderes aber nicht, obwohl es sich in jedem Fall um ein Verhalten handelt, das nicht toleriert werden kann, wenn es über einen längeren Zeitraum anhält, selbst wenn die Handlungen für sich genommen legal sein mögen.

GZ

Gratian der Zweite

15.7.2021, 18:20:56

Wurden Sie selbst gemobbt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.10.2021, 09:57:21

Hallo Mr_Monsense, ich kann Deine Bauchschmerzen mehr als nachvollziehen. Gerade in einem so tragischen Fall liegt das Bedürfnis nahe, jemanden dafür zur Verantwortung zu ziehen. Dennoch ist es in einem Rechtsstaat natürlich wichtig, gewisse Maßstäbe zu entwickeln, um objektiv zu ermitteln, wie ein bestimmtes Verhalten zu bewerten ist. Allein der Umstand, wie eine Person ein bestimmtes Verhalten subjektiv empfindet, kann für die straf-/deliktsrechtliche Haftung insoweit nicht allein ausschlaggebend sein.Dreh- und Angelpunkt ist also die Frage, wann ist die Schwelle zum Mobbing objektiv überschritten. Den entsprechenden Maßstab formuliert das BAG wie folgt: „Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings” geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kl. genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein

absolutes Recht

des Arbeitnehmers i.S. des § 823 I BGB, ein

Schutzgesetz

i.S. des

§ 823 II BGB

verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S. des

§ 826 BGB

begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt […] Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 III AGG erfolgten Definition des Begriffs „Belästigung”, die eine Benachteiligung i.S. des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden.“ (BAG NJW 2009, 251) Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Vorinstanzen aber in den Handlungen des B (u.a. neue Aufgabenzuweisungen) keine Maßnahmen des B erkennen, die die Schwelle des Mobbings überschritten haben (deswegen die Angabe im Sachverhalt „legale Maßnahmen“), auch wenn diese sich für A vielleicht subjektiv als Mobbing darstellten. Ist es so nachvollziehbarer? Beste Grüße Lukas – für das Jurafuchs-Team

JURA

Juranus

19.1.2021, 18:16:36

Ich finde schon den Fall schwer nachvollziehbar. Eine bewusst schikanierende Maßnahme, also bspw. sinnlose Arbeiten oder die Abkopplung von betrieblichen Informationen, greift doch regelmäßig das Wohlbefinden und langfristig die Gesundheit des Arbeitnehmers an. Wie kann das jemals im Einklang mit den Für

sorgepflicht

en des AG aus dem AV stehen und legal sein? Weiterhin sind die Auswirkungen des Mobbings individuell, soll heißen, was einer wegsteckt, kann einen anderen schon psychisch schwer belasten. Daher finde ich es schwierig so pauschal zu sagen, dass es eine Mobbing-Stufe gibt, auf der ein

Suizid

außerhalb jeglicher Lebenserwartung steht. Wo will man da eine Grenze ziehen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.10.2021, 10:02:39

Hallo Juranus, Du hast da einen super Punkt, der auch die gerichtliche Praxis immer wieder beschäftigt. Festzuhalten ist zunächst, dass selbstverständlich jede Art von Mobbing zu unterlassen ist. Der zentrale Punkt ist indes die Frage, wann ein Verhalten die Schwelle zum Mobbing überschreitet. Der Schlüssel zur besseren Nachvollziehbarkeit des Falles liegt darin begründet, dass sich hier der Mitarbeiter A gemobbt „fühlt“. Gerichte müssen aber letztlich anhand objektiver Anhaltspunkte feststellen, ob tatsächlich ein entsprechendes Mobbingverhalten vorlag. Allein die subjektive Sicht des "Opfers" kann die Haftung nicht begründen. Den entsprechenden Maßstab formuliert das BAG wie folgt: „Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings” geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kl. genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein

absolutes Recht

des Arbeitnehmers i.S. des § 823 I BGB, ein

Schutzgesetz

i.S. des

§ 823 II BGB

verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S. des

§ 826 BGB

begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt […] Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 III AGG erfolgten Definition des Begriffs „Belästigung”, die eine Benachteiligung i.S. des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden.“ (BAG NJW 2009, 251) Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Vorinstanzen aber in den Handlungen des B (u.a. neue Aufgabenzuweisungen) keine Maßnahmen sehen, die die Schwelle des Mobbings überschritten haben (deswegen die Angabe im Sachverhalt „legale Maßnahmen“), auch wenn diese sich für A subjektiv als Mobbing darstellen. Ist es so nachvollziehbarer? Beste Grüße Lukas – für das Jurafuchs-Team

MenschlicherBriefkasten

MenschlicherBriefkasten

11.7.2024, 11:22:46

Ich habe es so gelernt, dass das Merkmal der adäquaten Kausalität sehr weit zu fassen ist. "Was liegt schon nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit?" - Ein

Suizid nach Mobbing

liegt mE jedenfalls nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit. Ich würde es dann möglicherweise am

Schutzzweck der Norm

scheitern lassen in diesem Fall.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

30.12.2024, 20:06:35

Hallo @[MenschlicherBriefkasten](151200), in der Tat ist das "außerhalb jeglicher Lebenserfahrung" natürlich ein grds sehr weites und ebenso wertungsabhängiges Kriterium. Dementsprechend kann man darüber in Grenzfällen (wie diesem hier) sicherlich diskutieren und mit entsprechender Argumentation auch eine aA vertreten, jedenfalls in Prüfungsaufgaben. Im Ernstfall würdet Ihr hier sicherlich auch mehr Anhaltspunkte in der Sachverhaltsdarstellung finden, anhand derer Ihr abwägen könnt. Es dürfte allerdings schon eine wichtige Rolle spielen, dass es sich zwar um schikanierende, aber eindeutig legale Maßnahmen der B handelt. Zur Verdeutlichung hier mal die (recht umfangreichen) relevanten Ausführungen (Maßstab + Subsumtion) des BAG zu dem tatsächlichen Fall, der unserem Sachverhalt im WEsentlichen zugrunde liegt (BAG NJW 2009, 251): "Ein

Schadensersatz

anspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen

Schaden

gewesen ist. Die für den

Zurechnungszusammenhang

maßgebliche Adäquanztheorie [...] schließt tatsächliche Entwicklungen, mit denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu rechnen ist, aus dem Verantwortungsbereich aus, weil eine Haftung für rein zufällige Folgen der Rechtsüberzeugung widersprächen, das Erfordernis der Beherrschbarkeit einer

Schaden

sgefahr außer Acht ließe und keine generalpräventive Wirkung entfalten könnte. Der Ersatzpflichtige soll in der Regel für eine äußerst unwahrscheinliche Folge deshalb nicht einstehen müssen, weil diese außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens liegt [...]. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist [...]. Das heißt, der Eintritt des

Schaden

s darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg [...]. Selbst dann, wenn die Bekl. dem Erblasser gegenüber zunächst eine sozial ungerechtfertigte Kündigung ausgesprochen hätte, die sie nach Erhebung der Kündigungsschutzklage zurückgenommen hat, entspräche es nicht dem regelmäßigen Lauf der Dinge, dass der Erblasser dadurch eine solch schwere gesundheitliche Beeinträchtigung erleidet, dass diese zu seinem

Selbstmord

führt. Bei einer Selbsttötung handelt es sich um einen derart seltenen und damit unwahrscheinlichen Geschehensablauf, dass er regelmäßig nicht als adäquat kausal durch im Arbeitsleben immer wieder vorkommende schädigende Handlungen, z.B. den Ausspruch und die Rücknahme einer sozial ungerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung verursacht angesehen werden kann. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn es objektive, für Dritte erkennbare Anhaltspunkte für eine

Suizid

gefährdung des Arbeitnehmers gegeben hätte. Dies war im Streitfalle – wie auch vom LAG festgestellt – beim Erblasser jedoch offensichtlich nicht der Fall. Aus den gleichen Gründen hat auch die Zuweisung der Tätigkeit in der Stanzerei – auch wenn diese unter Verstoß gegen das Direktionsrecht der Bekl. erfolgt sein sollte – den

Selbstmord

des Erblassers nicht adäquat kausal verursacht." (BAG NJW 2009, 251, 254 f, Rn 53 ff) Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

BEN

benjaminmeister

23.1.2025, 16:27:09

@[Sebastian Schmitt](263562) ich habe kurz mal das BAG-Urteil überflogen und würde gerne folgende Änderung anregen: Es wäre mMn. besser wenn man das "gemobbt" komplett aus dem JF-Sachverhalt entfernt und konkret auf die Kündigung und die angemessene Ausübung des Direktionsrechts abstellt (anstatt "legal gemobbt"). Dass der Getötete "gemobbt" wurde, wurde nämlich nur von den klagenden Erben vorgebracht. Das BAG hat aber selbst festgestellt, dass "Mobbing kein Rechtsbegriff ist" und das die Mobbingvorwürfe (wohl größtenteils?) unbewiesen waren. Stattdessen hat das BAG aber die adäquate Kausalität für die Kündigung und die Ausübung des Direktionsrechts verneint. Damit kann ich auch viel besser übereinstimmen, als mit der Aussage "legales Mobbing war im vorliegenden Fall nicht adäquat kausal für den

Suizid

". In dem Wort Mobbing schwingt mMn. immer deutlich mit, dass es um ein moralisch/ethisches/verwerfliches Verhalten mit dem ZIEL der Erniedriegung des Opfers geht. In dem BAG-Fall hatte ich jetzt nach dem kurzen Überfliegen aber nicht den Eindruck, dass der Arbeitgeber hier wirklich zielgerichtet das Opfer erniedrigen wollte oder zumindest konnte es nicht bewiesen werden.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

4.2.2025, 10:01:01

Hallo @[benjaminmeister](216712), ich verstehe Deinen Punkt absolut. ME ergibt sich aus der Sachverhaltsdarstellung allerdings hinreichend deutlich, dass A sich durch die Tätigkeiten "gemobbt" (in Anführungszeichen) fühlt (!). Ob das objektiv der Fall ist, ist damit nicht gesagt. Der Begriff Mobbing für sich hat natürlich keine rechtliche Bedeutung. Allerdings ist er allgemeinsprachlich durchaus verbreitet und auch ohne arbeitsrechtliche Vorkenntnisse kann man sich darunter grob etwas vorstellen. Immerhin steht der Fall in unserer Einheit zum Deliktsrecht/

haftungsbegründende Kausalität

, daher müssten wir zu Begriffen wie dem Direktionsrecht hier etwas weiter ausholen, was wir (an dieser Stelle) gerne vermeiden würden. Vor diesem Hintergrund möchte ich das "Mobbing" für den Moment gerne in unserer Sachverhaltsdarstellung stehen lassen. Ich stimme Dir allerdings zu, dass wir hier etwas differenzierter mit dem "Mobbing" umgehen sollten. Im Originalfall waren in der Tat Beweisprobleme (mit-)ausschlaggebend. Das BAG betont allerdings auch, dass der

Selbstmord

selbst dann nicht adäquat-kausal verursacht worden wäre, wenn ein konkreter Verstoß zB gegen das Direktionsrecht nachgewiesen worden wäre (BAG NJW 2009, 251, 254, Rn 56). Wir haben jetzt die Formulierungen in unseren Fragen etwas abgeschwächt und gehen in der Erläuterung der letzten Frage auch näher auf die Hintergründe der Entscheidung des BAG ein. Ich halte das für einen guten Mittelweg. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Dolo Agate

Dolo Agate

3.3.2025, 23:41:29

Wir müssen uns auch mit solchen harten Fällen beschäftigen (aber ich kannte den Fall nicht, deshalb war der letzte Satz der Aufgabe schon etwas schockierend, aber wenn wir da jetzt mit TW anfangen würden, wo kämen wir da im Strafrecht hin?) Aber auch einfach traurig, dass es solche Fälle gibt 🥺. (Sorry JF Community, dass ich mich so ausheulen muss, aber manche Fälle finde ich echt krass, weil die Sachverhalte basieren ja auf echten Fällen)


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