Zivilrecht
Deliktsrecht
§ 823 Abs. 1 BGB
Zündel-Fall (beschränkt schuldfähig und keine Aufsichtspflichtverletzung)
Zündel-Fall (beschränkt schuldfähig und keine Aufsichtspflichtverletzung)
9. April 2025
7 Kommentare
4,8 ★ (12.708 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der zwölfjährige S sortiert mit seinen Eltern E alte Kisten für einen Flohmarktbesuch. Dabei findet er von E unbemerkt ein Feuerzeug und steckt es ein. Am nächsten Tag zündelt S damit in der Scheune des Nachbarn N. Dabei entzündet sich das Heu und die Scheune brennt ab.
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Einordnung des Falls
Zündel-Fall (beschränkt schuldfähig und keine Aufsichtspflichtverletzung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S ist verschuldensfähig, sodass N einen Anspruch gegen S wegen der Zerstörung seiner Scheune hat (§ 823 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die E sind gegenüber S aufsichtspflichtig (§ 832 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. Das Verhalten der E verletzt ihre Aufsichtspflicht.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
12.10.2023, 16:13:46
Ich finde den Anknüpfungspunkt bei der Subsumtion seltsam. Selbst bei einem 6-jährigen werden ja nicht ernsthaft tägliche körperliche Durchsuchungen verlangt. Vielmehr ist doch schon keine Aufsichts
pflichtverletzungdarin zu sehen, dass er unbemerkt das Feuerzeug einsteckt und im Anschluss altersgemäß auch mal allein gelassen wird (Schulweg etc.). Die Subsumtion würde eher passen, wenn die Eltern das Einstecken des Feuerzeugs bemerkt und trotzdem nicht gehandelt haben.

julia_purpose
8.11.2023, 23:09:58
Hallo, ich verstehe Deine Anmerkung hier nicht. Die Subsumtion besagt doch: „Die E dürfen den S nicht durch unvorsichtiges Verhalten in Versuchung führen, Zündmittel zu Spielzwecken einzusetzen. Es kann aber von E nicht mehr im selben Umfang wie bei kleineren Kindern verlangt werden, dass sie ihren dem Grundschulalter entwachsenen S in jedem Fall von Streichhölzern, Feuerzeug oder dergleichen fernhalten.“ Folglich liegt ja auch keine Aufsichtspflichtsverletzung vor, denn den Eltern kann genau wie Du sagst, eben nicht zugemutet werden, einen 12-Jährigen täglich zu durchsuchen.
Dogu
9.11.2023, 07:22:31
Es geht mir darum, dass das auch bei 6-jährigen nicht üblich ist. Daher wäre auch bei einem jüngeren Kind hier keine Aufsichts
pflichtverletzungzu sehen, wenn die Eltern es nicht bemerkt haben und ihn altersgemäß nicht 24/7 überwacht haben.
benjaminmeister
14.1.2025, 23:16:41
@[Dogu](137074) der JF-Fall entspricht dem BGH-Fall tatsächlich 1:1, so dass das Ergebnis und die Begründung nicht falsch ist (von körperlichen Durchsuchungen lese ich im JF-Fall nichts). Das Urteil ist zum Lesen sehr empfehlenswert: Der BGH fordert keine körperlichen Durchsuchungen bei jüngeren Kindern aber zumindest, dass die Aufsichtspflichtigen größere Anstrengungen unternehmen müssen, um ihr Kind von Zündmitteln generell fernzuhalten. Bei dem fast Zwölfjährigen musste die Mutter nicht dauerhaft sicherstellen, dass das Kind auf keinen Fall Zugriff auf Zündmittel hat.

Lota Coffee
27.1.2025, 13:22:25
Auch ein jüngeres Kind könnte unbemerkt aus einer Kiste aussortierter Dinge ein Feuerzeug entnehmen. Bei einem 6jährigen Kind ist mMn wohl auch nicht mehr grds zu erwarten, dass Eltern ständig kontrollieren, ob ihr Kind einen solchen Gegenstand an sich gebracht hat.