Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Sachbeschädigung (§ 303 StGB)

Sachbeschädigung durch Funktionsbeeinträchtigung

Sachbeschädigung durch Funktionsbeeinträchtigung

22. November 2024

4,6(25.392 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

A und B bringen einen Stahlkörper an den Schienen der Preussen Elektra AG an, ohne das Material der Schienen zu beschädigen. Ein Befahren der Gleise ist erst wieder möglich, wenn der betroffene Abschnitt entfernt und mit neuen Schienen ausgestattet wird.

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Einordnung des Falls

Sachbeschädigung durch Funktionsbeeinträchtigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Schienen sind für A und B fremde Sachen (§ 303 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Taugliche Tatobjekte der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sind fremde Sachen. Darunter fallen alle körperlichen Gegenstände, beweglich oder unbeweglich. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht oder herrenlos ist.Die Schienen sind körperliche Gegenstände im Alleineigentum der Preussen Elektra AG.
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2. A und B haben durch das Anbringen des Stahlkörpers die Schienen beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB).

Ja!

Die h. M. versteht unter Beschädigung jede Einwirkung auf eine Sache, durch die ihre stoffliche Unversehrtheit nicht unerheblich verletzt (Substanzverletzung) oder ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht unerheblich beeinträchtigt wird (Brauchbarkeitsminderung).Die Anbringung des Kastens hatte keine Substanzverletzung der Schienen zur Folge, jedoch konnten sie damit nicht mehr befahren werden. Diese Funktionsbeeinträchtigung konnte auch nicht einfach und unkompliziert wieder entfernt werden, vielmehr musste der betroffene Schienenabschnitt aufwendig entfernt und erneuert werden. Demnach beschädigten A und B die Schienen nicht nur unerheblich (§ 303 Abs. 1 StGB).

3. A und B haben durch das Anbringen des Stahlkörpers die Schienen zerstört (§ 303 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Handlungsmodalität der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) ist das Zerstören. Eine Sache ist zerstört, wenn sie auf Grund der Einwirkung in ihrer Existenz vernichtet oder so wesentlich beschädigt ist, dass sie ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig verloren hat.Durch die Anbringung des Stahlkastens wurden die Schienen nicht in ihrer Substanz verletzt. Sie wurden weder in ihrer Existenz vernichtet, noch haben sie ihre Brauchbarkeit völlig verloren. Selbst wenn man einen Brauchbarkeitsverlust für den Bereich unterhalb des Kastens annehmen wollte, so handelte es sich lediglich um eine teilweise Zerstörung. Diese stellt jedoch stets nur eine Beschädigung dar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MAX66

Max666

20.11.2019, 11:54:48

Die Schienen wurden definitiv zerstört da sie nicht mehr nutzbar sind. Des weiteren müssen sie vollständig ausgetauscht werden

MANU1

Manu1511

26.11.2019, 12:49:57

Nein, der Sachverhalt gibt keinen Aufschluss darüber, dass die Schienen zerstört wurden. Der Text und auch das Bildchen vermitteln eher den Eindruck, als sei der Stahlkörper wieder entfernbar, war die Zerstörung ausschließt.

GEL

gelöscht

11.12.2019, 22:10:28

Ich sehe das genauso, auch wenn die Erklärung dazu schlüssig erscheint. Wenn ich alles tauschen muss ist die bestimmungsgemäße Gebrauchsfähigkeit doch komplett aufgehoben und damit ist der Betroffene Abschnitt zerstört.

GI

GingerCharme

27.4.2020, 18:00:58

Ich hatte den ähnlichen Gedanken wie ihr, doch ich glaube wenn man streng ist wird man die Zerstörung doch verneinen müssen. Rein vom sprachlichen her, denn die Sache ist völlig zerstört wenn ich sie nicht wiederherstellen kann, z.B. ein Foto, dass völlig verbrannt wird. Der Schiene an sich wird aber "kein Haar" gekrümmt - zwar wird sie unbefahrbar und dadurch in ihrer Brauchbarkeit völlig aufgehoben - aber nicht unumkehrlich. Also vllt ist der einzige Unterschied, die Wiederherstellungsmöglichkeit, die denn nur noch Absatz II zulässt. Vielleicht kann sich ja noch jemand von Jura-Fuchs melden und Licht ins Dunkel bringen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.3.2021, 15:39:56

Hallo zusammen, vielen Dank euch für die angeregte Diskussion! Wie so häufig, so liegt auch hier der Teufel im Detail. Wie Manu1511 und GingerCharme zu Recht eingewandt haben, wird die Substanz der Schiene durch den Stahlkörper nicht beschädigt. Dies hat der BGH in dem hier zugrunde liegenden Fall explizit betont. Insofern liegt „nur“ eine vorübergehende Aufhebung der Brauchbarkeit vor. Ähnlich wie ein Auto, bei dessen Reifen die Luft herausgelassen wurde, wieder fahren kann, wenn man die Reifen aufpumpt, so kann bei Abnahme des Stahlkörpers auch die Schiene wieder benutzt werden. Deswegen liegt in beiden Fällen nur ein „Beschädigen“ vor.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.3.2021, 15:40:21

Der Grund dafür, dass der Streckenabschnitt hier komplett ausgetauscht wurde, lag nicht an der Stahlkonstruktion an sich, sondern hatte einen anderen Hintergrund. Es war unklar, ob die Demonstranten sich im Stahlkörper aneinandergekettet hatten. Wenn dies der Fall gewesen wäre, so wäre es unmöglich gewesen, den Stahlkörper zu entfernen, ohne sie zu verletzen. Aus diesem Grund wurde stattdessen der gesamte Abschnitt ausgetauscht. Ich hoffe damit sind die verbleibenden Unklarheiten beseitigt 😊 Beste Grüße für das Jurafuchs-Team Lukas

Vulpes

Vulpes

12.1.2021, 17:54:08

Ich finde es problematisch, dass der SV besagt, dass die Schienen nicht beschädigt wurden und dann danach gefragt wird ob sie beschädigt wurden, worauf die "richtige" Antwort - Ja - ist. Der Sachverhalt muss doch normalerweise hingenommen werden, ihne ihn zu hinterfragen.

Vulpes

Vulpes

12.1.2021, 17:55:51

Eine Möglichkeit wäre evtl., dass man im Sachverhalt stattdessen schreibt: "... ohne, dass die Schienen in ihrer Substanz verletzt wurden".

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

12.1.2021, 21:41:21

Hallo Adrian, danke für den aufmerksamen Hinweis! Du hast sehr recht damit, nicht am Sachverhalt zu zweifeln. Wir haben die Aufgabenstellung deswegen angepasst!

Dogu

Dogu

11.2.2024, 13:19:13

Da eine Eisenbahn (Schienenkörper) betroffen ist und eine teilweise Zerstörung möglich erscheint. Der Strafrahmen wäre ja wesentlich höher.


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