Schriftform (§ 126 BGB) § 766 BGB 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kurierfahrerin K möchte bei V einen kleinen Transporter zum Preis von €10.000 kaufen. Da K nicht ausreichend liquide ist, bittet sie die B, sich für die Verbindlichkeit zu verbürgen. B und V vereinbaren mündlich die Übernahme der Bürgschaft seitens der B für die Kaufpreiszahlung in Höhe von €10.000. K wird zahlungsunfähig. V möchte B in Anspruch nehmen. B zahlt.
Einordnung des Falls
Schriftform (§ 126 BGB) § 766 BGB 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Rechtsgeschäft, das der gesetzlich vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig (§ 125 S. 1 BGB).
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Ja!
2. B hat mündlich eine wirksame Willenserklärung gerichtet auf den Abschluss eines Bürgschaftsvertrages abgegeben.
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Willenserklärung des Gläubigers bedarf der Schriftform (§ 766 S.1 BGB).
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Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Zahlung der B führt dazu, dass der Formverstoß unbeachtlich wird (§ 766 S. 3 BGB).
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Ja!
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silasowicz
15.8.2023, 09:30:45
Welche Auswirkung hat die Unbeachtlichkeit der Formmängel denn auf die Wirksamkeit der nichtigen Willenserklärungen? Bleiben diese nichtig oder werden sie auch ex nunc wirksam und sind sie dann ggf. auch noch anfechtbar etc.?

Persönliche geistige Erschöpfung
15.11.2023, 11:57:45
So wie ich das verstanden habe bezieht sich die Nichtigkeit auf das ganze Rechtsgeschäft, also den Gesamttatbestand (Wortlaut des § 125). Die Willenserklärungen wären dann an sich noch wirksam. Das ist systematisch verwirrend, weil sich § 125 ja im Titel 2. Willenserklärungen befindet. Eine Anfechtung von Willenserklärungen im Rahmen nichtiger Rechtsgeschäfte ist möglich (vgl. BeckOGK/Beurskens, 1.11.2023, BGB § 142 Rn. 5). Also um die Fragen zu beantworten: 1. Die WE sind an sich nicht nichtig geworden. 2. Sie sind anfechtbar.