Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: Vollmacht, Fall zur Darstellung der Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Die 17-jährige K kennt sich gut mit Elektronik aus. Da ihre Nachbarin N ein neues Handy braucht, bietet sie K €50, wenn sie in die Stadt fährt und dort ein neues Handy für sie aussucht und kauft. K ist einverstanden. N gibt K eine schriftliche Vollmacht und Geld für das Handy mit.

Einordnung des Falls

Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: Vollmacht, Fall zur Darstellung der Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die N hat K wirksam zum Kauf eines neuen Handys bevollmächtigt.

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Ja, in der Tat!

Bei einseitigen Rechtsgeschäften, die gegenüber einem Minderjährigen vorzunehmen sind, gilt nicht § 111 BGB, sondern § 131 Abs. 2 BGB. Hiernach wird eine Willenserklärung, die gegenüber einem Minderjährigen abgegeben wird, erst dann wirksam, wenn sie seinem gesetzlichen Vertreter zugeht, es sei denn sie ist lediglich rechtlich vorteilhaft oder der gesetzliche Vertreter hat in die Abgabe gegenüber dem Minderjährigen eingewilligt. Nach h.M. gilt dies auch für rechtlich neutrale Willenserklärungen. Als rechtlich neutral gilt auch die Bevollmächtigung, da ihre rechtlichen Folgen nur den Vertretenen treffen (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB).

2. Der Vertrag mit dem Inhalt, dass die K €50 für die Besorgung bekommen soll, ist wirksam.

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Nein!

Zu einer Willenserklärung, die nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, bedarf der Minderjährige der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Rechtsgeschäft dann, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert. Dies wiederum ist der Fall, wenn durch das Rechtsgeschäft ausschließlich persönliche Rechte begründet oder persönliche Pflichten aufgehoben werden. Der Vertrag sollte die K dazu verpflichten, in die Stadt zu fahren und ein Handy für die N auszusuchen und zu kaufen. Er ist für K rechtlich nachteilig und ohne die elterliche Zustimmung schwebend unwirksam.

3. Die Wirksamkeit der Bevollmächtigung ist grundsätzlich unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrages (Grundgeschäft).

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Genau, so ist das!

Zwischen der Wirksamkeit der Vollmacht und der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Grundgeschäfts ist grundsätzlich zu trennen. Auch wenn das Grundgeschäft unwirksam ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das auch für die Vollmacht gilt. Hierdurch soll der Rechtsverkehr geschützt werden, denn Außenstehende haben keine Möglichkeit einen Einblick in das Innenverhältnis zu erhalten, um daraus Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der dazugehörigen Vollmacht zu ziehen. Diese Trennung zwischen Grundgeschäft und Bevollmächtigung wird teils durchbrochen. So richtet sich zum Beispiel das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (§ 168 S. 1 BGB). Hier hängt also ausnahmsweise das Bestehen der Vollmacht vom Bestehen des Grundgeschäfts ab.

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