Abgrenzung zu Inhaltsbestimmungen, Befristung und Bedingung des VA


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A beantragt eine Sondergenehmigung für ein Straßenfest bei der zuständigen Behörde (B). B genehmigt den Antrag unter der Maßgabe, dass das Fest nur am 08.03. zwischen 11 und 20 Uhr stattfinden darf.

Einordnung des Falls

Abgrenzung zu Inhaltsbestimmungen, Befristung und Bedingung des VA

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Verwaltungsakte können mit sog. Nebenbestimmungen erlassen werden (§ 36 VwVfG).

Genau, so ist das!

Die Hauptregelung eines Verwaltungsakts kann durch zusätzliche Bestimmungen (Nebenbestimmung) ergänzt oder beschränkt werden. Nebenbestimmungen sind in § 36 VwVfG geregelt. § 36 Abs. 1 VwVfG regelt Nebenbestimmungen zu gebundenen Verwaltungsakten, § 36 Abs. 2 VwVfG Nebenbestimmungen zu Ermessensverwaltungsakten. In § 36 Abs. 2 VwVfG finden sich auch die Legaldefinitionen der einzelnen Typen von Nebenbestimmungen: Befristung, Bedingung, Widerrufsvorbehalt, Auflage und Auflagenvorbehalt.

2. Nebenbestimmungen müssen von Inhaltsbestimmungen des Verwaltungsakts abgegrenzt werden.

Ja, in der Tat!

Nebenbestimmungen unterscheiden sich von Inhaltsbestimmungen eines Verwaltungsakts. Die Abgrenzung erfolgt durch Auslegung aus Sicht der Empfängerhorizonts. Eine Nebenbestimmung liegt vor, wenn die Behörde den Kern des ursprünglichen Begehrens unberührt lässt und nur eine zusätzliche Regelung trifft. Eine Inhaltsbestimmung liegt vor, wenn die Behörde durch den Zusatz die Reichweite des beantragten Verwaltungsakts definiert. Wenn die Hauptregelung ohne den Zusatz sinnvoll bestehen bleiben kann, handelt es sich um eine Nebenbestimmung. Inhaltsbestimmungen werden auch als unechte Nebenbestimmungen bezeichnet - im Gegensatz zu echten Nebenbestimmungen.

3. Die zeitliche Einschränkung des Straßenfestes ist eine Nebenbestimmung.

Ja!

Eine Nebenbestimmung liegt vor, wenn die Behörde den Kern des ursprünglichen Begehrens unberührt lässt und nur eine zusätzliche Regelung trifft. Eine Inhaltsbestimmung liegt vor, wenn die Behörde durch den Zusatz die Reichweite des beantragten Verwaltungsakts neu definiert. Wenn die Hauptregelung ohne den Zusatz sinnvoll bestehen bleiben kann, handelt es sich um eine Nebenbestimmung. B genehmigt das Fest und lässt damit A's Antrag im Kern unberührt. Eine Genehmigung ohne die zeitliche Beschränkung wäre aus A's Sicht ebenfalls sinnvoll.

4. Bei der zeitlichen Einschränkung der Genehmigung handelt es sich um eine Nebenbestimmung in Form einer Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Legaldefinitionen der Nebenbestimmungen (§ 36 Abs. 2 VwVfG) helfen dabei, die Nebenbestimmungen als solche zu erkennen. Eine Bedingung ist eine Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung vom dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Sie ist abzugrenzen von der Befristung (§ 36 Abs. 2 Nr. 1): Diese ist eine Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt. B hat den Beginn und das Ende der Genehmigung zeitlich festgelegt. Es handelt sich um eine Befristung.

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Daniil

Daniil

8.7.2021, 09:58:18

Mir hat der einprägsame Satz von F. C. von Savigny sehr geholfen, die Abgrenzung zwischen Bedingung und Auflage besser nachzuvollziehen: „die Bedingung suspendiert, zwingt aber nicht, der Modus (Auflage) zwingt, suspendiert aber nicht“. Kann natürlich vorliegend auch bei der Abgrenzung zur Befristung helfen: eine zeitliche Einschränkung suspendiert nicht das Stattfinden des Straßenfestes selbst, sondern bestimmt lediglich eine Beschränkung in zeitlicher Hinsicht.

Daniil

Daniil

8.7.2021, 10:00:50

Sehe gerade, dass die Subsumtion am Ende etwas zirkulär war 😅aber der Kern ist, denke ich, rübergekommen 😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.7.2021, 15:27:42

Danke Dir für den Hinweis, Daniil. Daran habe ich es auch immer festgemacht. Als Eselsbrücke auf jeden Fall sehr einprägsam :)

ASA

asanzseg

5.4.2023, 13:30:20

Ich habe bei dem Fall mit dem Straßenfest eine Verständnisfrage zur Abgrenzung zwischen Bedingung und Befristung. Hier ist der Fall so ausgelegt, dass das Straßenfest wohl als ganzes genehmigt wurde vielleicht weil der Antragsteller ein Verein ist. Der Fall wo bspw. Ein Straßenfest von der Gemeinde selbst organisiert wird, welches 4 Tage lang geht und der Gewerbetreibende Alkohol ausschenken will, die Behörde aber sagt, du darfst nicht am ersten Tag (Donnerstag) sondern erst ab Freitag, Samstag und Sonntag, und das auch nicht wie alle anderen schon ab 11 Uhr sondern erst von 16 Uhr bis 20 Uhr. Dann hätte ich gesagt es ist keine Befristung weil die Zeit der „Gültigkeit“ des VA ja nicht ununterbrochen ist sondern konkret an bestimmten Merkmalen festgelegt ist. Ich würde nämlich im zweiten Fall von einer Bedingung ausgehen. Im konkreten einer auflösenden Bedingung.

BENED

Benedikt

22.8.2023, 09:32:53

Eine Befristung ist eine Bedingung, deren Voraussetzung die Überschreitung eines Zeitpunkts (oder eines Ereignisses, dessen Zeitpunkt feststeht) ist.

Edward Hopper

Edward Hopper

13.11.2023, 22:14:04

Bin ich der einzige der glaubt das könnte genauso gut eine inhaktsbestimmung sein? Ein VA muss ja Zeit Ort und Umstände klären, Behörde kann ja nicht einen VA bis in alle Ewigkeit ereilen. Insbesondere bei zeitlichen Ereignissen (Weihnachtsmarkt/Stadtfest) gehört die Dauer zum VA selbst, oder?

Dogu

Dogu

26.11.2023, 15:14:25

Ich lag da auch falsch, aber das Argument aus der Musterlösung, der Regelungsgehalt des VA bleibt auch nach Streichung des Zusatzes sinnvoll erhalten, ist mE gut nachvollziehbar und leicht zu merken als Kriterium.


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