Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein E-Auto für €4.000. V übergibt ihr den Wagen unter Eigentumsvorbehalt und gewährt ihr ein Jahr Zahlungsaufschub. Da K auch nach Ablauf des Jahres nicht zahlt, tritt V zurück. K hat den Wagen zwischenzeitlich warten lassen (€400).

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Einordnung des Falls

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§§ 346, 323 BGB).

Ja, in der Tat!

Erbringt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag seine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, kann der Gläubiger zurücktreten, wenn (1) er eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB).K hat den Kaufpreis nicht bezahlt. Da ein Zahlungstermin vereinbart war, ist die Fristsetzung entbehrlich (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). V hat auch den Rücktritt erklärt. Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich.
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2. V kann von K Rückgabe des E-Autos verlangen (§ 346 Abs. 1 BGB).

Ja!

Mit dem Rücktritt erlöschen die primären Leistungspflichten. Der Vertrag wandelt sich damit in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Soweit schon ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, muss jede Partei die empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die aus dem Rücktritt folgenden Pflichten müssen Zug um Zug erfüllt werden (§ 348 S. 1 BGB). K hat als Leistung den Besitz am E-Auto erlangt. Diese Leistung muss sie herausgeben.Eigentum hat sie dagegen nicht erworben, da der Wagen unter Eigentumsvorbehalt übereignet wurde und die aufschiebende Bedingung (Kaufpreiszahlung) nicht eingetreten ist.

3. V kann von K die gezogenen Nutzungen bzw. Wertersatz für diese verlangen (§ 346 BGB).

Genau, so ist das!

Jede Partei muss die von ihr tatsächlich gezogenen Nutzungen herausgeben (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Zu den Nutzungen zählen dabei auch die Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Da die Gebrauchsvorteile aber nicht in natura herausgegeben werden können, muss der Käufer für diese Wertersatz leisten (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Die Höhe des Wertersatzes berechnet sich grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung. K hat das Auto ein Jahr lang tatsächlich benutzt und muss insoweit anteilsmäßig Wertersatz zahlen.

4. K kann von V Rückzahlung des Kaufpreis verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Mit dem Rücktritt erlöschen die primären Leistungspflichten. Der Vertrag wandelt sich damit in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Soweit schon ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, muss jede Partei die empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die aus dem Rücktritt folgenden Pflichten müssen Zug um Zug erfüllt werden (§ 348 S. 1 BGB). Ein Rückgewähranspruch besteht nur, sofern ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Da K den Kaufpreis noch nicht bezahlt hat, kann sie ihn auch nicht zurückverlangen.

5. K kann von V die aufgewendeten Wartungskosten verlangen.

Ja!

Dem Rückgewährschuldner sind nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB seine notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die einer Sache zugute kommen. Notwendig sind Verwendungen, die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlich sind, die also der Besitzer dem Eigentümer erspart hat. Hierzu zählen (anders als bei § 994 Abs. 1 S. 2 BGB) auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten.Die Kosten für die Wartung des Autos diente dessen Erhalt. Somit hat K Anspruch auf Ersatz ihrer Verwendungen nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PET

Petrus

28.9.2022, 15:31:46

Ist §347 II 1 BGB ein gesetzlicher

Aufwendungsersatzanspruch

oder ein vertraglicher aus dem Rückgewährschuldverhältnis?

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.9.2024, 14:07:51

Oder auch das Rückgewährschuldverhältnis ist schon ein gesetzliches, das auf das ursprüngliche, vertragliche Schuldverhältnis (dessen Primär

leistungspflichten

erloschen sind) nur Bezug nimmt.

QUIG

QuiGonTim

28.2.2024, 16:36:27

Müsste hier nicht § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB die Pflicht zum Wertersatz ausschließen? Denn auch beim Verkauf mit Eigentumsvorbehalt steht dem Käufer grundsätzlich auch schon vor der Eigentumsübertragung ein Nutzungsrecht zu. Dass die Verschlechterung des Autos aufgrund eines Verhaltens der K, das ihrer eigenüblichen Sorgfalt widerspricht, eingetreten ist, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Die durch die Nutzung des Autos zugunsten der K verbliebene Bereicherung müsste dann durch § 346 Abs. 3 S. 2 BGB (und das Bereicherungsrecht?) herausgegeben werden.

CR7

CR7

10.6.2024, 17:43:49

Aber § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB greift nur bei Verschlechterung oder Untergang; die Nutzung des KFZ ist mE eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nach § 346 II S. 1 Nr. 3 Hs. 2 BGB und damit keine Verschlechterung in diesem Sinne sondern eine übliche Nutzung. § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB soll nur denjenigen schützen, der auf das Behaltendürfen der Sache vertraut hat...

Eileen 🦊

Eileen 🦊

16.7.2024, 16:15:01

Inwiefern stehen 346 II Nr. 3, die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und 347 II 1, die notwendigen Verwendungen zueinander im Verhältnis?

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.9.2024, 14:19:00

Darüber, ob K von V die aufgewendeten Wartungskosten verlangen kann, ließe sich wohl streiten. Verwendungen, die dem V erspart wurden, wären die Wartungskosten nur, wenn sie (1) zeit- und nicht nutzungsabhängig wären und (2) der Wagen bei V ein Jahr nur herumgestanden hätte -- beides unwahrscheinlich. Die Wartungskosten stehen eher mit den gezogenen Nutzungen in Zusammenhang.

Artimes

Artimes

6.9.2024, 15:01:23

Handelt es sich hierbei um eine Rechtsfolgenverweisung auf das BereicherungsR?

Jakob G.

Jakob G.

20.9.2024, 08:37:04

Nein, es handelt sich um ein eigenes TBM, dessen Zweck es ist, das Abstandsgebot zum verschuldensabhängigen Schadensersatz gewahrt bleibt und durch den Rücktritt und den Wertersatz keine Schädigung einer Partei verbleibt. (BeckOGK/Schall, 1.8.2024, BGB § 347 Rn. 90) Eine RGV oder RFV ist es auch nicht, da die Haftung nicht begründet wird, sondern begrenzt. (BeckOGK/Schall, 1.8.2024, BGB § 347 Rn. 91)

Artimes

Artimes

20.9.2024, 08:41:28

@[Jakob G.](132813) Ich habe es auch als eigenes TBM geprüft. In einer Klausur wurde mir aber an den Rand kommentiert, dass ich verkannt habe, dass es ein bereicherungsrechtlicher Anspruch sei..


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