Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

31. Mai 2025

17 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein E-Auto für €4.000. V übergibt ihr den Wagen unter Eigentumsvorbehalt und gewährt ihr ein Jahr Zahlungsaufschub. Da K auch nach Ablauf des Jahres nicht zahlt, tritt V zurück. K hat den Wagen zwischenzeitlich warten lassen (€400).

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Einordnung des Falls

Verwendungsersatz (notwendige Aufwendungen)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§§ 346, 323 BGB).

Ja, in der Tat!

Erbringt der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag seine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, kann der Gläubiger zurücktreten, wenn (1) er eine fruchtlos abgelaufene Frist gesetzt hat oder die Fristsetzung entbehrlich ist, (2) den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB) und (3) der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist (§ 323 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB).K hat den Kaufpreis nicht bezahlt. Da ein Zahlungstermin vereinbart war, ist die Fristsetzung entbehrlich (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). V hat auch den Rücktritt erklärt. Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich.
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2. V kann von K Rückgabe des E-Autos verlangen (§ 346 Abs. 1 BGB).

Ja!

Mit dem Rücktritt erlöschen die primären Leistungspflichten. Der Vertrag wandelt sich damit in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Soweit schon ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, muss jede Partei die empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die aus dem Rücktritt folgenden Pflichten müssen Zug um Zug erfüllt werden (§ 348 S. 1 BGB). K hat als Leistung den Besitz am E-Auto erlangt. Diese Leistung muss sie herausgeben.Eigentum hat sie dagegen nicht erworben, da der Wagen unter Eigentumsvorbehalt übereignet wurde und die aufschiebende Bedingung (Kaufpreiszahlung) nicht eingetreten ist.

3. V kann von K die gezogenen Nutzungen bzw. Wertersatz für diese verlangen (§ 346 BGB).

Genau, so ist das!

Jede Partei muss die von ihr tatsächlich gezogenen Nutzungen herausgeben (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Zu den Nutzungen zählen dabei auch die Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Da die Gebrauchsvorteile aber nicht in natura herausgegeben werden können, muss der Käufer für diese Wertersatz leisten (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Die Höhe des Wertersatzes berechnet sich grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung. K hat das Auto ein Jahr lang tatsächlich benutzt und muss insoweit anteilsmäßig Wertersatz zahlen.

4. K kann von V Rückzahlung des Kaufpreis verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Mit dem Rücktritt erlöschen die primären Leistungspflichten. Der Vertrag wandelt sich damit in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Soweit schon ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, muss jede Partei die empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die aus dem Rücktritt folgenden Pflichten müssen Zug um Zug erfüllt werden (§ 348 S. 1 BGB). Ein Rückgewähranspruch besteht nur, sofern ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Da K den Kaufpreis noch nicht bezahlt hat, kann sie ihn auch nicht zurückverlangen.

5. K kann von V die aufgewendeten Wartungskosten verlangen.

Ja!

Dem Rückgewährschuldner sind nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB seine notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die einer Sache zugute kommen. Notwendig sind Verwendungen, die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlich sind, die also der Besitzer dem Eigentümer erspart hat. Hierzu zählen (anders als bei § 994 Abs. 1 S. 2 BGB) auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten.Die Kosten für die Wartung des Autos diente dessen Erhalt. Somit hat K Anspruch auf Ersatz ihrer Verwendungen nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PET

Petrus

28.9.2022, 15:31:46

Ist §347 II 1 BGB ein gesetzlicher

Aufwendungsersatzanspruch

oder ein vertraglicher aus dem Rückgewähr

schuld

verhältnis?

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.9.2024, 14:07:51

Oder auch das Rückgewähr

schuld

verhältnis ist schon ein gesetzliches, das auf das ursprüngliche, vertragliche

Schuld

verhältnis (dessen

Primärleistungspflicht

en erloschen sind) nur Bezug nimmt.

QUIG

QuiGonTim

28.2.2024, 16:36:27

Müsste hier nicht § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB die Pflicht zum Wertersatz ausschließen? Denn auch beim Verkauf mit Eigentumsvorbehalt steht dem Käufer grundsätzlich auch schon vor der Eigentumsübertragung ein Nutzungsrecht zu. Dass die Verschlechterung des Autos aufgrund eines Verhaltens der K, das ihrer eigenüblichen Sorgfalt widerspricht, eingetreten ist, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Die durch die Nutzung des Autos zugunsten der K verbliebene Bereicherung müsste dann durch § 346 Abs. 3 S. 2 BGB (und das

Bereicherungsrecht

?) herausgegeben werden.

CR7

CR7

10.6.2024, 17:43:49

Aber § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB greift nur bei Verschlechterung oder Untergang; die Nutzung des KFZ ist mE eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nach § 346 II S. 1 Nr. 3 Hs. 2 BGB und damit keine Verschlechterung in diesem Sinne sondern eine übliche Nutzung. § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB soll nur denjenigen schützen, der auf das Behaltendürfen der Sache vertraut hat...

BEN

benjaminmeister

21.12.2024, 20:54:29

Ich glaube hier muss aufpassen: K müsste eigentlich ein unbenutztes Auto zurückgeben. Sie kann zwar das Auto zurückgeben, aber nur im gebrauchten Zustand. Die Ingebrauchnahme ist zwar nicht mit dem Gebrauch gleichzusetzen (@[CR7](145419), vgl. Looschelders,

Schuld

R AT, § 40 Rn. 14) aber der bestimmungsgemäße Gebrauch ist auch kein Verschlechtern iSd. § 346 II S. 1 Nr. 3 Hs. 1 (vgl. die genannte Fundstelle). Dafür, dass das Auto jetzt also benutzt ist, muss K KEINEN Wertersatz leisten. Auf § 346 III S. 1 Nr. 3 kommt es hier gar nicht an. Aber für die gezogenen Nutzungen muss K gemäß § 346 I, II Wertersatz leisten (wieder gleiche Fundstelle). § 346 III S. 1 Nr. 3 ist jetzt nicht als Ausschlussgrund einschlägig, weil die Nutzungsherausgabe (oder letztendlich der Wertersatz dafür) sich gar nicht verschlechtern kann. Mit anderen Worten: Nach § 346 I ist ja nicht nur das Auto zurückugewähren sondern grundsätzlich sind auch die gezogenen Nutzungen zusätzlich herauszugeben.

Eileen 🦊

Eileen 🦊

16.7.2024, 16:15:01

Inwiefern stehen 346 II Nr. 3, die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und 347 II 1, die notwendigen

Verwendung

en zueinander im Verhältnis?

Johannes Nebe

Johannes Nebe

3.9.2024, 14:19:00

Darüber, ob K von V die aufgewendeten Wartungskosten verlangen kann, ließe sich wohl streiten.

Verwendung

en, die dem V erspart wurden, wären die Wartungskosten nur, wenn sie (1) zeit- und nicht nutzungsabhängig wären und (2) der Wagen bei V ein Jahr nur herumgestanden hätte -- beides unwahrscheinlich. Die Wartungskosten stehen eher mit den gezogenen Nutzungen in Zusammenhang.

CO

cornelius.spans

16.1.2025, 22:13:00

Hi, interessanter Gedanke. Dass ein Zusammenhang zwischen den Wartungskosten und den Nutzungen besteht ist wohl unstrittig. Wobei natürlich gerade bei

Fahrzeug

en auch nur durch Zeitablauf Aufwendungen

erforderlich

werden, um diese zu erhalten. Wenn es wie in der Zeichnung aber um Kosten für den TÜV geht, dann liegen hier sogar wohl eher zeitbezogene Aufwendungen vor. (Hier widersprechen sich der Sachverhalt mit seinen "Wartungskosten" und das Bild mit der gezeigten TÜV-Plakette also leider etwas.) Aber dennoch sehe ich gerade in dem Zusammenhang aus Aufwendungen und gezogenen Nutzungen einen Grund für den Anspruch. Durch den

Rücktritt

soll ja keine Partei besser stehen als die Andere. Da einerseits die Nutzungen herauszugeben sind ist nur stringent, dass dies auch für die notwendigen

Verwendung

en (hier die Wartungskosten) gelten muss. Dass die

Verwendung

en zeitbezogen sein müssten und der Wagen beim V nur gestanden haben dürfte, sehe ich kritisch. Die

Verwendung

en hat sich der Eigentümer viel mehr deswegen erspart, da auch er, wenn er die Sache so wie K verwendet hätte - denn hierfür bekommt er ja die Nutzungen heraus - diese Aufwendungen hätte tätigen müssen, um die Sache zu erhalten. MfG

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

6.9.2024, 15:01:23

Handelt es sich hierbei um eine Rechtsfolgenverweisung auf das BereicherungsR?

Jakob G.

Jakob G.

20.9.2024, 08:37:04

Nein, es handelt sich um ein eigenes TBM, dessen Zweck es ist, das Abstandsgebot zum ver

schuld

ensabhängigen Schadensersatz gewahrt bleibt und durch den

Rücktritt

und den Wertersatz keine Schädigung einer Partei verbleibt. (BeckOGK/Schall, 1.8.2024, BGB § 347 Rn. 90) Eine RGV oder RFV ist es auch nicht, da die Haftung nicht begründet wird, sondern begrenzt. (BeckOGK/Schall, 1.8.2024, BGB § 347 Rn. 91)

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

20.9.2024, 08:41:28

@[Jakob G.](132813) Ich habe es auch als eigenes TBM geprüft. In einer Klausur wurde mir aber an den Rand kommentiert, dass ich verkannt habe, dass es ein

bereicherungsrecht

licher Anspruch sei..

CO

cornelius.spans

16.1.2025, 23:54:52

Hi, für mich sind leider die im Fall genannten Pflichten der Käuferin noch nicht nachvollziehbar. Vlt. kann mir ja jemand helfen. Hier also mal soweit ich das sehe: Zurückzugewähren sind grundsätzlich nach § 346 I BGB 1. die empfange Leistung, also der Besitz (= tatsächliche Gewalt über das Auto) und 2. die gezogenen Nutzungen, also die Gebrauchsvorteile durch Nutzung des Autos. Der Besitz hat sich zwar nicht verschlechtert, § 346 II 1 Nr. 3 BGB zielt aber auf den empfangenen Gegenstand, also das Auto ab. Dieses hat sich durch die Nutzung und den damit zwingenden Verschleiß verschlechtert. Unberücksichtigt bleibt hierbei aber die durch die bestimmungsgemäße Inbetriebnahme entstandene Verschlechterung. Dies ist aber von der weiteren Benutzung der Sache abzugrenzen. Hierin liegt also eine Verschlechterung des Autos, die zur Wertersatzpflicht führt. (vgl. Grüneberg, § 346, Rn. 9) Ein Ausschlussgrund bzgl. der Wertersatzpflicht nach § 346 III BGB ist nicht einschlägig. Insb. § 346 III 1 Nr. 3 nicht, weil hier nicht die Käuferin, die die Verschlechterung herbeigeführt hat, sondern der Verkäufer auf Grund fehlender Kaufpreiszahlung zum

Rücktritt

berechtigt war. Es müsste damit bei der Wertersatzpflicht bleiben. Im Fall ist die Lösung hingegen, dass das Auto durch die Käuferin herauszugeben ist. Für die gezogenen Nutzungen ist nach § 346 II 1 Nr. 1 BGB Wertersatz zu leisten, da eine Herausgabe von Gebrauchsvorteilen ihrer Natur nach nicht möglich ist. Die Wertersatzpflicht entfällt nicht nach § 346 III BGB. MfG

TI

Timurso

14.5.2025, 23:59:56

@[cornelius.spans](264551) Rückgabe und Wertersatz schließen sich nicht aus, vgl. § 346 II "soweit". Insofern ist die Lösung richtig, es muss sowohl das Auto herausgegeben werden als auch Wertersatz geleistet werden. Zudem ist für die Verschlechterung durch Benutzung kein Wertersatz zu leisten, da dies bereits durch den Wertersatz für die Nutzungen abgedeckt ist.

Shark

Shark

24.4.2025, 14:23:06

Warum ist die Nutzung des Autos keine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung bzw. wie grenzt man Nr. 2 und Nr. 3 ab?

LELEE

Leo Lee

14.5.2025, 11:14:10

Hallo Shark, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist die Abgrenzung zw. Nr. 1 (hiernach werden die Nutzungen ersetzt) und 3 keine leichte, da hier leicht sich überschneidende Beispiele denkbar sind. Allerdings kannst du es dir wie folgt merken. Nr. 1 erfasst den ganz normalen Fall, dass eine Sache (etwa Auto) überhaupt benutzt wird. Hiernach wird also die Nutzung (das ist der Vorteil, der gezogen wird) ersetzt in

Geld

, weil man gefahrene Kilometer eben nicht in Natura herausgeben kann. Nr. 3 erfasst hingegen den Untergang (Zerstörung) bzw. die Verschlechterung der Sache. Dass es vorliegend kein Untergang ist, liegt auf der Hand. Die Verschlechterung könnte man zwar andenken (weil das Auto durch das Fahren "abgenutzt" wird). Allerdings ist die Verschlechterung insofern enger zu verstehen, als sie eine Beeinträchtigung der Substanz oder Beeinträchtigung der Funktionstauglichkeit meint. Wenn diese Fälle nicht vorliegen (sowie hier), liegt auch keine Verschlechterung vor. Wenn hingegen das Auto auf einmal viele Kratzer und Lackschäden hätte, dann würde man in der Tat eine Verschlechterung annehmen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Gaier § 346 Rn. 101 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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