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T und O leben in einer WG. Weil O ständig Ts Lieblingskissen stibitzt, will T ihm einen Denkzettel verpassen: Sie streut hauchfeine Glassplitter über Os Bett. Dadurch kommt es bei O zu blutenden Wunden im Gesicht und Rückenbereich.

Einordnung des Falls

Glassplitter 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T Glassplitter über das Bett des O verteilt hat, hat sie sich wegen einfacher Körperverletzung strafbar gemacht (§ 223 Abs. 1 StGB).

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Genau, so ist das!

Unter die Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) fallen die körperliche Misshandlung (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB) und die Gesundheitsschädigung (§ 223 Abs. 1 Var. 2 StGB). Dadurch, dass O sich in die Glassplitter legt, zieht er sich Wunden im Gesicht und am Rücken zu. Dies stellt eine üble und unangemessene Behandlung dar, die das körperliche Wohlbefinden des O mehr als nur unerheblich beeinträchtigt (körperliche Misshandlung). Auch kommt es bei O zu einem vom Normalzustand negativ abweichenden (pathologischen) Zustand (Gesundheitsschädigung).

2. Glassplitter stellen einen "anderen gesundheitsschädlichen Stoff" dar (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB).

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Ja, in der Tat!

Andere Stoffe sind vor allem solche, die sich von selbst auf mechanische oder thermische Weise nachteilig auf die Gesundheit des Menschen auswirken (z.B. zerstoßenes Glas, heiße Flüssigkeiten, zerhacktes Metall). Die Gesundheitsschädlichkeit kann sich aus der Art der Stoffanwendung, der Konzentration, dem Ort der Einwirkung oder der schädigungsanfälligen Konstitution des Geschädigten ergeben. Die Glassplitter wirken mechanisch auf Os körperliches Wohlbefinden ein und sind unter den konkreten Bedingungen geeignet, die Gesundheit zu schädigen.

3. T hat O die Glassplitter auch nach der h.M. "beigebracht" (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

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Ja!

Beibringen meint, dass der Stoff mit dem Körper so in Verbindung gebracht wird, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann. Nach h.M. ist es irrelevant, ob der Stoff seine Wirkung von außen oder innen entfaltet. Voraussetzung für die äußerliche Anwendung ist aber, dass sie geeignet ist, der Schwere der Gefahr bei innerlichen Anwendungen gleichzukommen (Erheblichkeit). Bei großflächigen, blutenden Wunden in empfindlichen Körperregionen (Gesicht) ist die Erheblichkeit zu bejahen. Auch kann davon ausgegangen werden, dass sich die Glassplitter in die Wunden gedrückt haben und somit in enger körperlicher Verbindung sind.

4. Durch den Einsatz der Glassplitter hat T die Körperverletzung auch "mittels eines gefährlichen Werkzeuges" begangen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

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Genau, so ist das!

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art der Benutzung im konkreten Fall erhebliche Verletzungen hervorrufen kann. In Betracht kommen auch alle möglichen "Alltagsgegenstände", die in einer bestimmten gefährlichen Weise verwendet werden können. Darunter fallen auch die von T genutzten Glassplitter, die bei O zu erheblichen Verletzungen im Gesicht und Rückenbereich geführt haben.

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