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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 12-jährige J nimmt aus der kurzzeitig unverschlossenen Schmuckkassette seiner Mutter M ein Feuerzeug, ohne dass M dies bemerkt. Anschließend zündelt er mit dem Feuerzeug auf dem angrenzenden Bauernhof im Stroh, so dass die Scheune des Bauern B niederbrennt.

Einordnung des Falls

Grundfall § 832 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. J handelte auch schuldhaft. Daher hat B gegen J einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Schuldhaftes Handeln setzt Verschuldensfähigkeit voraus (§§ 827, 828 BGB). Dabei kommt es darauf an, ob der Minderjährige bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte (§ 828 Abs. 3 BGB). Er muss dafür lediglich ein allgemeines Verständnis dafür haben, dass sein Verhalten Gefahren herbeiführen kann; einer besonderen Vorstellung von der Art seiner Verantwortlichkeit braucht es nicht. Ein 12-Jähriger weiß, dass das Zündeln mit einem Feuerzeug einen Brand verursachen kann; J handelte dabei fahrlässig.

2. Auch wenn das Kind selbst haftet, können daneben noch dessen Eltern haften (§ 832 Abs. 1 BGB).

Ja!

Bei § 832 BGB handelt es sich um die Haftung für vermutetes eigenes Verschulden von aufsichtspflichtigen Personen. Voraussetzung hierfür ist (1) eine Aufsichtspflicht gegenüber einer aufsichtsbedürftigen Person, (2) eine widerrechtliche unerlaubte Handlung der aufsichtsbedürftigen Person (§§ 823ff. BGB) sowie (3) vermutetes Verschulden des Aufsichtspflichtigen (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB). Ist der Aufsichtsbedürftige selbst ebenfalls haftbar, sind beide Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB). Im Innenverhältnis ist aber grundsätzlich allein der Aufsichtsbedürftige verpflichtet (§ 840 Abs. 2 BGB).

3. M hat eine Aufsichtspflicht gegenüber J (§ 832 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

§ 832 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Anspruchsgegner eine Aufsichtspflicht gegenüber einer aufsichtsbedürftigen Person hat. Ein Minderjähriger bedarf dabei generell der Aufsicht, ohne dass es darauf ankäme, ob im konkreten Einzelfall der Minderjährige bereits genügend Reife aufweist, um seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Aufsichtspflichtig sind grundsätzlich die Eltern (§§ 1626, 1631 Abs. 1 BGB). J ist als Minderjähriger aufsichtsbedürftig, seine Mutter M aufsichtspflichtig.

4. J hat als aufsichtsbedürftige Person eine widerrechtliche unerlaubte Handlung begangen (§§ 823ff. BGB).

Ja, in der Tat!

Der Aufsichtsbedürftige muss widerrechtlich eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823ff. BGB begangen haben. J hat durch sein Verhalten das Eigentum des B widerrechtlich beschädigt (§ 823 Abs. 1 BGB). Auf das Verschulden kommt es – wie bei § 831 Abs. 1 BGB – nicht an.

5. M haftet für die widerrechtliche Schädigung durch J, wenn sie sich nicht exkulpieren kann.

Ja!

Hat der Aufsichtsbedürftige einen anderen widerrechtlich geschädigt, ist die Haftung des Aufsichtspflichtigen nur dann ausgeschlossen, wenn er sich exkulpieren kann (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB). Dafür muss er beweisen, (1) dass er seiner Aufsichtspflicht nachgekommen ist (§ 832 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB) oder (2) dass die Aufsichtspflichtverletzung für den Schaden nicht ursächlich war (§ 832 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB). Der Aufsichtspflichtige muss also wie bei § 831 BGB die Verschuldensvermutung oder die Kausalitätsvermutung widerlegen.

6. M könnte sich erfolgreich damit exkulpieren, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen ist.

Genau, so ist das!

Für den Inhalt der elterlichen Aufsichtspflicht ist entscheidend, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Bei Kindern sind vor allem das Alter, der Entwicklungsstand und die persönlichen Eigenarten von Bedeutung. BGH: Es stelle keine Aufsichtspflichtverletzung der M dar, dass sie ihren Schmuckkasten nicht ständig so im Auge behalten habe, dass dem J ein unbemerkter Zugriff auf das Feuerzeug unmöglich war. Bei einem normalen 12-Jährigen müssten Feuerzeuge nicht ständig völlig unerreichbar verwahrt werden. M habe nicht damit rechnen müssen, J werde das Feuerzeug heimlich zum Zündeln entwenden, solange J ihr nicht zu Misstrauen konkreten Anlass gegeben habe oder erkennbar auf Zündmittel aus gewesen sei.

7. J hat ein Rechtsgut des B durch das Zündeln mit dem Feuer rechtswidrig verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Der haftungsbegründende Tatbestand von § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) eine Rechtsgutsverletzung beim Anspruchssteller, (2) die durch ein Verhalten des Anspruchsgegners, (3) kausal, (4) rechtswidrig und (5) schuldhaft verursacht wurde, wodurch (6) ein kausaler Schaden entstanden ist. Durch das Zündeln mit Feuer hat J das Eigentum des B beschädigt. Die Verletzungshandlung war adäquat kausal für das Niederbrennen. Die Rechtswidrigkeit wird indiziert.

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ri

ri

30.7.2021, 17:20:44

Warum ist nach 840 II allein der Aufsichtspflichtige verantwortlich? Für mich liest sich das genau andersrum.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.12.2021, 11:55:07

Hallo ri, kann es sein, dass Du Dich hier verlesen hast? Denn Du hast völlig recht, im Innenverhältnis haftet der Aufsichtspflichtige nicht. So steht es aber auch in der Antwort. Dort heißt es, dass der Aufsichtsbedürftige (also J) allein verpflichtet ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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