Fehlschlag Unterlassen 12

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T geht mit seinem Sohn S rudern. S fällt ins Wasser, schwimmt aber sofort ans Ufer. T erkennt, dass er eine Erkältung bekommt, wenn er ihm nicht sofort aus dem Wasser hilft. Das nimmt er in Kauf, da er seinem Sohn den Denkzettel gönnt. Kurz darauf sieht er, wie seine Tochter O am Ertrinken ist und rettet sie. Er hätte nicht beide retten können.

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Einordnung des Falls

Fehlschlag Unterlassen 12

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Geht man von einer Rechtfertigung durch Pflichtenkollision aus, liegt möglicherweise ein Fehlschlag vor, sofern man davon ausgeht, dass fehlende Rechtswidrigkeit zu einem untauglichen Versuch führt.

Ja, in der Tat!

Ist eine Tat gerechtfertigt, führt dies nach der herrschenden Literaturansicht dazu, dass eine Vollendung nicht mehr möglich ist, da das Erfolgsunrecht ausbleibt. Insofern sind die Taten nur als Versuche strafbar. Folgt man dieser Ansicht, müsste bei Erkennen der Rechtfertigung ein Fehlschlag vorliegen, auch wenn die Rechtswidrigkeit kein Tatbestandsmerkmal ist. Folgt man dem weiter, ist auch vorliegend eine Vollendung nicht mehr möglich, da T die versuchte Körperverletzung durch die Rechtfertigung nicht mehr rechtswidrig vollenden kann. Insofern liegt in diesen Fällen daher ein Fehlschlag vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs

Juraluchs

16.5.2023, 18:31:45

Die kollidierenden Pflichten sind hier nicht gleichwertig, sodass eine Rechtfertigung ausscheidet.

EB

Elias Von der Brelie

8.6.2023, 23:20:27

Mal ganz davon abgesehen dachte ich eigentlich, dass bei einer Pflichtenkollision zumindest mit Kenntnis dieser gehandelt werden müsste. Der Vater wusste ja noch gar nicht, dass es eine Pflichtenkollision ergeben würde den Sohn zu retten, da er erst später erkannte, dass die Tochter am ertrinken war. Wie kann das also Rechtfertigung sein? Er wusste davon ja gar nichts.

Paul

Paul

29.2.2024, 14:48:58

Hi zusammen, wie kann man hier eine rechtfertigende Pflichtenkollision (Vss. der Gleichrangigkeit?) bejahen? Mit der Annahme, S könne wie in dem Fall vorher an der Erkältung versterben und es sei das, was T in Kauf nimmt? Falls ja, wäre das im Sachverhalt nicht angelegt, dort nimmt er nur die Erkrankung in Kauf, ein tödlicher Verlauf steht nicht im Raum. Wäre dementsprechend also nicht viel eher § 34 einschlägig? Aber auch abgesehen davon: Wie kann man danach einen untauglichen Versuch annehmen/prüfen, wenn der Erfolg eingetreten ist? Ich verstehe die Erklärungen so, dass das möglich ist, weil durch die Rechtfertigung zwar das Erfolgsunrecht kompensiert ist, nicht aber das Vorsatzunrecht. Sehe ich das richtig? So ganz klar wird es aus der Erklärung nicht, warum das so sein soll. Selbst wenn man dann zum Rücktritt gelangt, ist doch aber kein Fehlschlag gegeben. Kann man einen Fehlschlag bejahen, wenn der Erfolg schon eingetreten ist? Man kann doch keinen Fehlschlag bejahen, weil der Täter nach seiner Sicht den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, da er diesen schon erreicht hat. Das hieße ja, man sagt “der Versuch ist fehlgeschlagen, weil der versuchte Erfolg eingetreten ist”. Das erscheint mit dann doch etwas unlogisch. Müsste man den Rücktritt nicht viel mehr auf den nachfolgenden Ebenen verneinen? Also etwa: beendeter Versuch, gem. § 24 I 1 Alt. 2 muss er den Erfolg verhindern, hat er aber nicht, also Rücktritt (-)? Oder, wenn man T auch im Rücktritt die Rettung der O irgendwie zugute halten könnte/wollte und mit dem Gedanken der Nichtvollendung von oben zu § 24 I 2 gelangt und sogar sagt, mehr Verhinderungsbemühungen waren wegen der Rettung der O nicht möglich, müsste man dann doch aber jedenfalls feststellen, dass keine Freiwilligkeit vorlag? Also auch hier Rücktritt (-), oder? Demnach, auch ohne die Konstruktion “Fehlschlag wegen Erfolg”, geht der Rücktritt doch nie durch? Warum dann überhaupt einen Fehlschlag bejahen? Oder stellt die in der Erklärung beschriebene Auffassung nicht auf die Tätervorstellung zum Erfolg, sondern auf die Vorstellungen zur Vollendung (als Verwirklichung des Erfolgs- und auch Vorsatzunrechts) ab? Falls ja, ist das nicht viel zu weit von realistischen Denkmustern eines Täters entfernt, wenn man sagt, dass der Täter sich vorgestellt hat, er könne (nur) sein Vorsatzunrecht nicht mehr verwirklichen, während der Erfolg aber eintritt? Vielen Dank und beste Grüße, Paul


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