Mordmerkmal „aus Mordlust“ (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 1 StGB)


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T wartet eines Abends in der Bahnhofsvorhalle in Freudenstadt auf ein Tötungsopfer. Es geht ihm ausschließlich darum, einen Menschen vom Leben zum Tode zu befördern. Er sieht die 21-jährige O und folgt ihr auf die Damentoilette. Dort erwürgt er sie.

Einordnung des Falls

Mordmerkmal „aus Mordlust“ (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 1 StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat das täterbezogene Mordmerkmal "aus Mordlust" (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 1 StGB) verwirklicht.

Ja!

Aus Mordlust tötet, wem es allein darauf ankommt, einen Menschen sterben zu sehen. Der einzige Zweck der Tat ist der Tod des Opfers als solcher. Weder ein in der Person des Opfers oder in der besonderen Tatsituation liegender Anlass noch ein über den Tötungsakt selbst hinausgehender Zweck bestimmt die Tat. BGH: T habe einen Menschen getötet, der ihm nicht den geringsten Anlass zur Tat gegeben hätte. Er habe die Tat aus reiner Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens begangen (RdNr. 6f.). Beachte: Mordlust (Gruppe 1) ist ein täterbezogenes Mordmerkmal. Daher prüfst Du es im subjektiven Tatbestand nach dem Vorsatz.

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🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

20.3.2020, 00:11:57

Die Wortwahl des „vom Leben zum Tode Beförderns“ deutet zwar auf einen Unterschied zu anderen Tötungen und womöglich auch auf ein stärkeres „Sich-bewusst-Machen des Tötungsaktes“ seitens des Täters hin. Allein aus dieser Formulierung aber auf Mordlust zu schließen, ist vllt. doch ein wenig weit hergeholt...

GEL

gelöscht

20.3.2020, 11:44:13

Kann man sicher so oder so sehen, allerdings ist das hier eine BGH-Entscheidung, weswegen das erstmal so hinzunehmen ist.

Marilena

Marilena

21.3.2020, 08:47:11

Hi Lexderdogans, danke für Deinen Kommentar! Im Urteil steht: „Als er die junge Frau sah, dachte er bei sich, jetzt oder nie, und meinte dabei bei sich selbst, entweder bringe er diese Frau jetzt um oder er lasse es überhaupt bleiben. Er entschloß sich dann, das Mädchen zu töten, wobei er sich ausschließlich von dem Willen leiten ließ, einen Menschen vom Leben zum Tode zu befördern.“ Fällt Dir eine Formulierung ein, die Du besser fändest?

Henk

Henk

24.3.2020, 08:49:41

Ich würde noch klarer machen, dass es ihm *ausschließlich* ums Töten geht. "Vom Leben zum Tode befördern" ist ja quasi nur die Tötung wie in 212. Man impliziert beim Lesen zwar, dass es ausschließliches Motiv sein soll, aber vor Implikationen, die der Satz nicht ausdrückt, soll man sich ja hüten. Ich würde wie der BGH das Wort "ausschließlich" mit hinein bringen. P.S: "Den Tod zu verursachen"/"Das Leben zu beenden" finde ich als Formulierung besser .Die Juristensprache sollte ja präzise sein und je mehr es abdriftet in Richtung Metaphorik etc. desto ungenauer wird sie mE nach. Die Def. Der Wörter passen dann ja gar nichtmehr unmittelbar. Was denkt ihr?

TR

Tr(u)mpeltier

24.3.2020, 18:37:08

Hallo zusammen, zentraler Punkt beim Merkmal Mordlust ist mE nach schlicht und ergreifend die Frage, ob man ausschließlich um des Tötens Willen tötet oder aus irgendeinem anders gelagerten Grund (Geld, Eifersucht, Wut...). Nur wenn das handlungsleitende Motiv allein das Auslöschen von Leben ohne darüber hinausgehenden Zweck ist, ist mE nach von Mordlust auszugehen. Insofern folgt die Mordlust im vorliegenden Fall, weniger aus der hier in Zweifel gezogenen Formulierung abzuleiten, sondern vielmehr aus dem Umstand, dass T eine fremde Frau ohne irgendeinen anderen Grund als der Lust zu töten umbringt. Zugegebenermaßen sind die Angaben hierzu denkbar knapp, insofern könnte man durchaus noch mehr im SV betonen, dass es keine anderen Beweggründe gab.

Marilena

Marilena

24.3.2020, 19:56:55

Danke euch, ich hab das „ausschließlich“ in den Sachverhalt aufgenommen.

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

25.3.2020, 01:16:54

Hi @Marilena, Danke für Deine Antwort! In Rn. 7 der Entscheidung finden sich m. E. einige treffendere Formulierungen, z. B. „Vernichtungshaß“/„sportliches Vergnügen“/„zum Zeitvertreib“. Alle haben gemein, dass es dem Täter „allein darauf ankommt. einen Menschen sterben zu sehen“. Interessant ist, dass in Rn. 10 auch auf die Überlegungen des Täters vor dem eigentlichen Tatzeitpunkt Bezug genommen wird: „die Tat [war] vielmehr das Ergebnis einer an einem Zeitungsbericht ausgerichteten Überlegung [vor Tatzeitpunkt!] des Angeklagten, an einem wenig begangenen Ort folgenlos einen beliebigen Menschen umzubringen“. Erst hieraus ergibt sich m. E. der Zweck der Tat, nämlich der Aspekt des „Tötens als Sport“: Laut SV des Urteils dachte sich der Täter, dass „wenn er einmal so etwas [wie die im Zeitun

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

25.3.2020, 01:18:57

gsbericht beschriebene Tötung] mache, dann mache er es so, daß man ihn nicht erwische.“ Das deutet doch stark auf eine Art „sportlichen Challenge“ hin.


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