Einstiegsfall gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V verkauft K sein Grundstück. V versichert, dass das Grundstück „top“ sei. Das Erdreich ist jedoch stark verunreinigt. K wird als Eigentümer eingetragen. Danach ficht K "alles" an. Um V eins auszuwischen, veräußert K das Grundstück an G, der als Eigentümer eingetragen wird.

Einordnung des Falls

Einstiegsfall gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat K ursprünglich Eigentum an dem Grundstück verschafft.

Ja!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. K und V haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). K wurde ins Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt waren K und V auch noch einig und V war verfügungsbefugt.

2. Der Kaufvertrag ist infolge der Anfechtung des K nichtig (§ 142 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts setzt das Bestehen eines Anfechtungsgrundes und eine Anfechtungserklärung (§ 143 Abs. 1 BGB) voraus. V hat K arglistig über die Vereinreinigung des Erdreichs getäuscht (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB). K hat die Anfechtung erklärt. Der Kaufvertrag ist ex tunc nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).

3. Die Anfechtung des Kaufvertrags führt automatisch zur Nichtigkeit der Übereignung.

Nein, das trifft nicht zu!

Zu beachten sind das Trennungs- und Abstraktionsprinzip. Danach sind Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft voneinander unabhängig zu betrachten und die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts hat keinen Einfluss auf die dingliche Rechtslage. Wenn Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an demselben schwerwiegenden Mangel leiden, spricht man von Fehleridentiät (z.B. bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung). Durch die Anfechtung allein des Verpflichtungsgeschäfts bleibt die dingliche Rechtslage unberührt.

4. Die Übereignung ist infolge der Anfechtung des K nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).

Ja!

Grundsätzlich berührt die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts. Leiden jedoch Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an demselben schwerwiegenden Mangel, so kann auch das Verfügungsgeschäft von der Unwirksamkeit betroffen sein (Fehleridentität). Nach herrschender Meinung begründet § 123 Abs. 1 BGB sowohl einen Anfechtungsgrund für das Verpflichtungs-, als auch für das Verfügungsgeschäft. Die Erklärung des K, "alles" anzufechten erfasst nach §§ 133, 157 BGB auch das Verfügungsgeschäft.

5. G hat Eigentum am Grundstück nach §§ 873, 925 BGB erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. K und G haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). G wurde ins Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt bestand auch die Einigung noch. K war jedoch infolge der Anfechtung der Übereignung V-K nicht mehr Grundstückseigentümer und damit nicht mehr verfügungsbefugt.

6. G hat gutgläubig Eigentum nach §§ 873, 925, 892 Abs. 1 BGB erworben.

Ja, in der Tat!

Der gutgläubige Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts, (2) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (3) Legitimation des Verfügenden durch das Grundbuch, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers, (5) Kein eingetragener Widerspruch im Grundbuch, (6) Eintragung des zu erwerbenden Rechts. Die Veräußerung des Grundstücks an G ist ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts. Das Grundbuch ist unrichtig, da K als Eigentümer ausgewiesen wird, tatsächlich jedoch V Eigentümer ist. Hieraus ergibt sich die Legitimation des K als Veräußerer. G kennt die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht. Auch ein Widerspruch (§ 899 BGB) ist nicht eingetragen.

7. Das Gesetz vermutet die Richtigkeit des Grundbuchs.

Ja!

§ 891 BGB enthält die Vermutung, dass der im Grundbuch eingetragene Berechtigte auch der wahre Berechtigte ist und dass ihm das Recht mit dem eingetragenen Inhalt zusteht. Bei einem gelöschten Recht wird vermutet, dass es nicht mehr besteht, § 891 Abs. 2 BGB. Diese Vermutungsregelung hat eine Verlagerung der Beweislast zur Folge: Derjenige, der die Richtigkeit des Grundbuchs anzweifelt, muss die Unrichtigkeit beweisen. § 891 BGB hat dabei dieselbe Vermutungsfunktion wie § 1006 BGB im Mobiliarsachenrecht. § 891 BGB ist jedoch weiter als § 1006 BGB, da er nicht nur die Eigentumsvermutung enthält, sondern alle im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechte erfasst. Die Richtigkeitsvermutung schützt sowohl den Eingetragenen, als auch die Teilnehmer des Rechtsverkehrs: Letztere können im Grundbuch eingetragene Rechte gutgläubig erwerben (§ 892 BGB).

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