Zivilrecht
Sachenrecht
Erwerb und Verlust von Grundstücksrechten
Einstiegsfall gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten
Einstiegsfall gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten
10. Juni 2025
15 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K sein Grundstück. V versichert, dass das Grundstück „top“ sei. Das Erdreich ist jedoch stark verunreinigt. K wird als Eigentümer eingetragen. Danach ficht K "alles" an. Um V eins auszuwischen, veräußert K das Grundstück an G, der als Eigentümer eingetragen wird.
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Einordnung des Falls
Einstiegsfall gutgläubiger Erwerb von Grundstücksrechten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat K ursprünglich Eigentum an dem Grundstück verschafft.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Kaufvertrag ist infolge der Anfechtung des K nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. Die Anfechtung des Kaufvertrags führt automatisch zur Nichtigkeit der Übereignung.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Übereignung ist infolge der Anfechtung des K nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).
Ja!
5. G hat Eigentum am Grundstück nach §§ 873, 925 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. G hat gutgläubig Eigentum nach §§ 873, 925, 892 Abs. 1 BGB erworben.
Ja, in der Tat!
7. Das Gesetz vermutet die Richtigkeit des Grundbuchs.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Max
19.6.2023, 10:52:16
Sperrt hier nicht das Mängelgewährleistungsrecht die Anfechtung? Der verunreinigte Boden ist doch ein Sachmangel oder?
Max
19.6.2023, 12:18:30
Dogu
25.3.2024, 13:19:43
Blotgrim
12.4.2024, 11:36:26
Das Mängelgewährleistungsrecht würde außerdem nur den
Eigenschaftsirrtumausschließen. Der Erklärungs- und
Inhaltsirrtumsind nicht betroffen
Domenic
14.3.2024, 18:12:59
Es könnte bei der Lösung des Falls evtl. noch etwas genauer auf die Abgrenzung zwischen § 891 und § 892 eingegangen werden. Insbesondere das 891 eine Vermutungsregel für den Eingetragenen ist. Der Käufer hat da nichts verloren. Für den Käufer ist
§ 892 BGBda. Das geht aus der letzten Antwort nicht eindeutig hervor und vermischt es etwas, wie ich finde.
L.Goldstyn
11.8.2024, 12:26:48
Genügen die Sachverhaltsangaben hier denn zur Bejahung der Arglist?
Timurso
11.8.2024, 12:54:00
Mir würden sie nicht reichen. Arglist heißt Vorsatz und es ist an keiner Stelle, auch nicht in der Zeichnung, erkennbar, dass V von der Verunreinigung wusste.
Quarklo
23.8.2024, 02:42:31
Wenn der Erklärende Behauptungen "ins Blaue" tätigt, reichen diese aus. Nicht die positive Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Erklärung ist notwendig, sondern das Wissen über eine mögliche Fehlerhaftigkeit ist ausreichend
benjaminmeister
6.5.2025, 12:09:32
@[Quarklo](252534) genau genommen steht aber im Sachverhalt auch nicht, dass V die Aussage ins Blaue hinein in Wissen seiner Unkenntnis getätigt hat. So einen Sachverhalt würde man in der Klausur (zumindest im 1. Examen) eher nicht bekommen.
Findet Nemo Tenetur
20.10.2024, 18:32:37
Im Mobiliarsachenrecht gilt ja der
Rechtsscheindes Besitzes. Die Vermutungsregelung des § 1006 I 1 sagt, so wie ich es verstehe, dasselbe aus. Kann ich beides (“
Rechtsschein” und “Vermutung des § 1006 I 1”) synonym verwenden oder ist der
Rechtsscheindes Besitzes eher der “Effekt” des § 1006 I 1 in der Realität? Und spricht man beim Immobiliarsachenrecht entsprechend auch vom
Rechtsscheindes Grundbucheintrags? Oder ist es da kein Schein sondern wegen § 892 eine Fiktion?

Sebastian Schmitt
23.10.2024, 10:04:57
Hallo @Karolin, zu Deiner ersten Frage: Beides hängt jedenfalls sehr eng miteinander zusammen und lässt sich kaum trennen, mit kompletten Synonymen tue ich mich aber dennoch etwas schwer. Ich gebe aber offen zu, dass das eher Sprachgefühl als wirklich rechtlich zwingend ist.
Rechtsscheindes Besitzes meint üblicherweise ja, dass der (unmittelbare) Besitz dem Besitzer einen gewissen Anstrich rechtlicher Legitimität verleiht, der sich sachenrechtlich auswirkt. Der Grund dafür liegt dann natürlich ganz wesentlich in § 1006 I 1 BGB, der konkreten Vermutung zugunsten des Besitzers dahingehend, dass er Eigentümer ist. § 1006 I 1 BGB ist klar eine "Ausprägung" des
Rechtsscheins des Besitzes. Letzterer kommt aber zB nicht nur dem Besitzer zugute, sondern über die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 932 ff BGB auch dem Erwerber, der darüber Eigentümer werden kann. Auch das hängt natürlich wiederum letztlich mit § 1006 I 1 BGB zusammen. Zu Deiner zweiten Frage: Man spricht üblicherweise vom
Rechtsscheindes Grundbuchs, nicht des Grundbucheintrags. Das ist dann aber ein durchaus gängiger Begriff. Ob
§ 892 BGBeine Fiktion darstellt (so wohl die hM) oder eine unwiderlegliche Vermutung aufstellt, kann man diskutieren. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team