Pfeffertütenfall / Auflauern

19. Januar 2025

4,7(18.781 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte den Geldboten O ausrauben. T weiß, dass O für den Transport immer die Bahn nutzt und wartet daher an der Bahnhaltestelle. Immer wenn eine Bahn kommt, lässt T den Motor anlaufen, um sofort fliehen zu können. Er hat eine Tüte Pfeffer dabei, die er O bei Antreffen am Bahnhof sofort ins Gesicht streuen möchte, um diesem dann den Geldkoffer zu entreißen. Nach der fünften Bahn bemerkt T, dass er O verpasst hat und fährt nach Hause.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Pfeffertütenfall / Auflauern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch eines Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) bzw. einer räuberischen Erpressung (§§ 253, 255 StGB) ist strafbar.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Raub und räuberische Erpressung sind Verbrechen, da die angedrohte Mindestfreiheitsstrafe 1 Jahr beträgt (§§ 12 Abs. 1, 249 Abs. 1 StGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Raubes.

Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen den O auszurauben.

3. T hat durch das Auflauern am Bahnhof „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

Nein!

Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Der BGH hat damals das unmittelbare Ansetzen bejaht, wobei die Vorschrift in der damals geltenden Form keine Unmittelbarkeit erforderte. Dabei meint der BGH, dass bei tatsächlichem Eintreffen an „dem Tatbestand des versuchten schweren Raubes schlechthin nicht zu zweifeln [wäre]“. Das dies tatsächlich nicht eingetreten ist, könne keine andere Beurteilung rechtfertigen. Das Urteil wurde in der Literatur stark kritisiert und auch der BGH sieht in einem bloßen Auflauern nach neuerer Rechtsprechung kein unmittelbares Ansetzen, da es am unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang fehlt und wesentliche Zwischenschritte erforderlich sind.

4. T hat bei Einfahren des Zuges durch das „Bereitmachen“ zum Angriff „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Tätervorstellung saß O in einer der Bahnen. Er wusste nicht, welche der Bahnen es genau sein würde. Eine unmittelbare Gefährdung erforderte daher nach der Vorstellung des T ein Individualisieren des O in der Menschenmenge. Das Individualisieren ist daher wesentlicher Zwischenschritt. Bei Bejahen des unmittelbaren Ansetzens würde man dazu kommen, dass im Ergebnis vier Versuche vorlägen, obwohl das gesamte Geschehen auf einem einheitlichen Tatplan beruht.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

16.7.2021, 00:56:28

Uff

unmittelbares Ansetzen

ist maximal frustrierend 🥲

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.12.2021, 12:24:21

Nicht verzagen! Letztlich geht es darum, ein Problembewusstsein für die Abgrenzung zwischen straflosem Vortatverhalten und strafbarem Versuch zu entwickeln. Dabei geht es niemals um das Auswendiglernen bestimmter Konstellationen, sondern der dahinterstehenden Ratio. Dass es immer eine Frage des

Einzelfall

s ist, erkennt man bereits an dem unscharfen Kriterium der Rechtsprechung im Hinblick auf das Überschreiten der Schwelle zum "Jetzt-geht-es-los". Maßgeblich ist also an dieser Stelle, dass man nicht einfach ein bestimmtes Ergebnis feststellt, sondern dies begründet. Dann passt das auch in der Klausur. Viel Erfolg weiterhin :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

vulpes iuris

vulpes iuris

5.9.2024, 23:47:42

Hotzenplotz erfolgreich evoziert. Lebte ja auch in einem von Mystizismus, Scheinerkenntnis und Irrglauben geprägten Beziehungsgeflecht, wenn man so will.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen