Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Handlungen im Vorfeld der tatbestandlichen Ausführungshandlung / Banküberfall

Handlungen im Vorfeld der tatbestandlichen Ausführungshandlung / Banküberfall

22. November 2024

4,7(14.113 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T will die Raiffeisenbank Gammesfeld, die mit einem Angestellten kleinste Bank Deutschlands, überfallen. Dafür plant er bei der täglichen Abholung der Bargeldreserven dem Angestellten das Geld noch in der Bank zu entreißen. In seinem Twingo hält er vor dem Eingang. Sodann will er aus einer Tasche die Waffe herausnehmen, sich maskieren und die Bank stürmen. Doch Polizist P nimmt T vorher fest.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Handlungen im Vorfeld der tatbestandlichen Ausführungshandlung / Banküberfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch eines Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Der Raub ist ein Verbrechen und daher bereits im Versuch strafbar (§§ 249 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB). Die Regelung in § 249 Abs. 2 StGB stellt lediglich eine Strafzumessungsregelung dar und ändert nicht die Deliktsqualität des Raubes (§ 12 Abs. 3 StGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Raubes.

Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen den Raub zu begehen.

3. T hat „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

Nein!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Es kommt nach seiner Vorstellung bereits zur konkreten Gefährdung. Der BGH sieht in der Bewaffnung und Maskierung wesentliche Zwischenschritte. Eine Gefährdung lag nach der Vorstellung des Täters noch in der Zukunft. Ein unmittelbares Ansetzen ist damit nicht gegeben.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Larzed

Larzed

23.5.2022, 17:37:41

Also hat vorliegend nur der Zufall über den Versuchsbeginn entschieden? Hätte P den T aufgehalten, wenn dieser seine Waffe auf den Angestellten gerichtet hätte, läge also ein unmittelbarer Ansetzen und damit eine Versuchsstrafbarkeit vor?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.5.2022, 19:30:45

Hallo Larzed, genau so ist es. Das Strafrecht ist sprichwörtlich das "schärfste Schwert" des Staates. Die daraus folgende restriktive Anwendung gebietet es, gerade in der Abgrenzung zwischen einer straflosen Vorbereitungshandlung und einem strafbaren Versuch genau zu prüfen, inwieweit bereits ein strafbares Verhalten vorliegt. Es soll gerade nicht zu einer allzu weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit kommen. Deiner Frage entnehme ich allerdings ein gewisses Unwohlsein, dass T hier ungeschoren davon kommt. Allerdings muss man sich hier vergegenwärtigen, dass es faktisch noch zu keiner Rechtsgutsverletzung gekommen ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass selbst bei Vorliegen eines strafbaren Versuchs dem Täter noch die Rücktrittsmöglichkeit eingeräumt wird (goldene Brücke ins Recht/ Opferschutz). Ob der Polizist allerdings damit warten muss, bis wirklich eine Gefährdung des Angestellten eintritt sei einmal dahingestellt. Hier würde man wohl bereits etwas früher das unmittelbare Ansetzen bejahen können. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TO

tonys

13.1.2024, 18:54:00

Wäre hier auch eine andere Ansicht vertretbar? Sobald der Täter die Tatutensilien in seinem Auto aus der Tasche holt, könnte man vielleicht schon vom unmittelbaren Ansetzen ausgehen, oder nicht? Spätestens beim Verlassen des Autos wäre doch der "Jetzt geht's los"-moment gegeben oder?

TI

Timurso

13.1.2024, 20:10:49

Beim Verlassen des Autos wäre ich dabei. Die Lösung wohl auch, schließlich steht dort "Bewaffnung und Maskierung sind wesentliche Zwischenschritte". Nach dem Aussteigen stünden diese ja nicht mehr im Weg. Alles davor würde ich noch vor dem Versuch verorten, eine andere Ansicht wäre hier nur schwer vertretbar.

LELEE

Leo Lee

14.1.2024, 13:57:51

Hallo tonys, wie Timurso zutreffend anmerkt ist es wichtig, dass man das unmittelbare Ansetzen nicht schon zu früh greifen lässt, da ansonsten bereits die Vorbereitung bestraft werden kann. Hinsichtlich deiner Frage spezfisch: Neben dem „Jetzt-Geht’s-los“ gibt es noch eine Formel, die die Rspr. entwickelt hat bzgl. der wesentlichen Zwischenakte: Ein wesentlicher Zwischenakt liegt dann nicht mehr vor, wenn die Handlung wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der

Tathandlung

nach dem Plan des Täters als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden. D.h., aus dem Auto steigen und losrennen mag zwar eine notwendige Zusammengehörigkeit begründen, das bloße Rausnehmen der Utensilien jedoch wohl (noch) nicht. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-StGB 4. Auflage, Hoffmann-Holland § 22 Rn. 109 ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen