Landesrecht (im Aufbau)

Polizei- und Ordnungsrecht Hamburg

Grundlagen

Vertiefung: Abgrenzung zur Scheingefahr (Fall)

Vertiefung: Abgrenzung zur Scheingefahr (Fall)

13. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Schauspieler S läuft maskiert und mit einer Pistole bewaffnet zur Sparkasse. Um ihn herum sind Kameras aufgebaut. Polizist P nimmt die Kameras nicht wahr und meint er müsste nun handeln.

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Einordnung des Falls

Vertiefung: Abgrenzung zur Scheingefahr (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Gefahr kann nur dann vorliegen, wenn es tatsächlich zu einem Schaden an polizeilichen Schutzgütern kommen wird.

Nein!

Eine Gefahr meint eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf aus dem Blickwinkel eines objektiven Beobachters ex ante (hM) in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Polizeiliche Maßnahmen im Bereich der Gefahrenabwehr dienen dem präventiven Schutz der polizeilichen Schutzgüter. Daraus folgt, dass es unerheblich ist, ob tatsächlich ein Schaden eintreten wird. Entscheidend ist die ex ante-Perspektive. Eine Gefahr kann auch dann vorliegen, wenn es tatsächlich nicht zu einem Schaden kommen würde.
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2. Maßgeblich für das Vorliegen einer Gefahr ist das subjektive Empfinden des P.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Gefahr meint eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf aus dem Blickwinkel eines objektiven Beobachters ex ante (hM) in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Für diesen Blickwinkel eines objektiven Beobachters ist das subjektive Empfinden des P grundsätzlich irrelevant. Entscheidend ist, wie ein gewissenhafter, besonnener, und sachkundiger Beamter die Lage eingeschätzt hätte. Das subjektive Empfinden des P ist somit nicht maßgeblich.

3. Das Verhalten des S stellt keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Ja, in der Tat!

Eine Gefahr meint eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf aus dem Blickwinkel eines objektiven Beobachters ex ante (hM) in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Dies bemisst sich nach der Einschätzung eines gewissenhaften, besonnenen und sachkundigen Beamten. Das Verhalten des S kann nicht isoliert von den um ihn herum aufgebauten Kameras betrachtet werden. Ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Beamte hätte anders als P diese Kameras wahrgenommen und hieraus den Schluss ziehen müssen, dass es sich nicht um einen realen Bankraub handelt. Eine Gefahr lag somit nicht vor. Man spricht in einem solchen Fall von einer Schein- oder Putativgefahr.

4. Die Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG ermächtigt auch bei einer Putativgefahr zum Handeln.

Nein!

Die Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG setzt das Vorliegen einer Gefahr oder Störung voraus. Die Putativgefahr ist nach einhelliger Ansicht jedoch gerade keine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne. Die Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG sowie die weiteren Ermächtigungsgrundlagen, die tatbestandlich eine Gefahr voraussetzen, erfassen diese folglich nicht. Liegt eine Putativgefahr vor, ist die Polizei nicht zum Handeln ermächtigt. Begegnet euch in einer Klausur eine Putativgefahr ist eine hierauf gerichtete Maßnahme mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig.
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