Zivilrecht

Sachenrecht

Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)

Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der geschäftsunfähige C ist Eigentümer eines wertvollen Comichefts, das er an S veräußert. 9 Jahre später stiehlt D den Comic von S. Sechs Monate später spürt S D auf und stiehlt das Comicheft zurück. Weitere 3 Jahre später entdeckt C das Comic bei S und fragt sich, ob er noch Eigentümer ist.

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Einordnung des Falls

Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S hat von C rechtsgeschäftlich Eigentum an dem Comicheft erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb scheitert hier an der Geschäftsunfähigkeit des C (§ 105 Abs. 1 BGB).
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2. S war zum Zeitpunkt des Diebstahls durch D kraft Gesetzes Eigentümerin des Comichefts (§ 937 BGB).

Nein!

Die Ersitzung setzt voraus: eine (1) bewegliche Sache, (2) die der Erwerber der Sache mindestens zehn Jahre (3) im Eigenbesitz hat. (4) Der Erwerber muss darüber hinaus bei Erwerb des Eigenbesitzes in gutem Glauben gewesen sein und darf (5) während der zehn Jahre des Eigenbesitzes keine Kenntnis davon erlangen, dass ihm das Eigentum nicht zusteht. Bei dem Comicheft handelt es sich um eine bewegliche Sache. Bei Besitzerwerb war S gutgläubig hinsichtlich ihrer Eigentümerstellung. Sie wurde auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt bösgläubig. Zum Zeitpunkt des Verkaufs hatte S das Comicheft allerdings erst 9 Jahre im Eigenbesitz.

3. Grundsätzlich wird die Ersitzung durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen (§ 940 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der Verlust des Eigenbesitzes führt grundsätzlich dazu, dass die Ersitzung unterbrochen wird (§ 940 Abs. 1 BGB). Die erneute Ersitzung ist dann erst nach der Wiedererlangung des Eigenbesitzes möglich, wobei die bis zum Verlust verstrichene Zeit nicht angerechnet wird (§ 942 BGB).

4. Wird die Ersitzung auch unterbrochen, wenn der Verlust des Eigenbesitzes unfreiwillig erfolgt (§ 940 Abs. 2 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Unterbrechung der Ersitzung tritt nicht ein, wenn der Eigenbesitzer (1) ohne den Willen des Eigenbesitzers verloren gegangen ist und (2) dieser den Besitz binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat (§ 940 Abs. 2 BGB).

5. Hat S den Eigenbesitz an dem Comic freiwillig verloren?

Nein!

Bei der Bestimmung, ob der Eigenbesitzverlust unfreiwillig erfolgt, ist auf den natürlichen Willen abzustellen. In den Fällen, in denen die Sache abhandengekommen ist (§ 935 Abs. 1 BGB), liegt in jedem Fall ein unfreiwilliger Besitzverlust vor. D hat S das Comicheft gestohlen. Dementsprechend ist S das Comicheft abhandengekommen (§ 935 Abs. 1 S. 1 BGB).

6. Hat S das Comicheft innerhalb der Jahresfrist wiedererlangt.

Genau, so ist das!

Der Ausnahmetatbestand des § 940 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Eigenbesitzer den Eigenbesitz innerhalb Jahresfrist wiedererlangt.S hat das Comicheft ein halbes Jahr nach dem Verlust des Eigenbesitzes zurück gestohlen. Dies hat sie getan, weil sie das Comicheft weiterhin als eigenes besitzen wollte.

7. § 940 Abs. 2 BGB ist ausgeschlossen, wenn der Eigenbesitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) wiedererlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Art der Wiedererlangung des Besitzes ist für § 940 Abs. 2 BGB nicht ausschlaggebend. Verbotene Eigenmacht schadet nicht.

8. Hat S durch Ersitzung Eigentum an dem Comic erlangt (§ 937 BGB)?

Ja!

Die Ersitzung setzt voraus: eine (1) bewegliche Sache, (2) die der Erwerber der Sache mindestens zehn Jahre (3) im Eigenbesitz hat. (4) Der Erwerber muss darüber hinaus bei Erwerb des Eigenbesitzes in gutem Glauben gewesen sein und darf (5) während der zehn Jahre des Eigenbesitzes keine Kenntnis davon erlangen, dass ihm das Eigentum nicht zusteht. Bei dem Comic handelt es sich um eine bewegliche Sache. Bei Besitzerwerb war S gutgläubig hinsichtlich ihrer Eigentümerstellung. Sie wurde auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt bösgläubig. Zwar hatte S den Eigenbesitz kurzfristig verloren. Dieser Verlust führt aber nicht zur Unterbrechung der Ersitzung (§ 940 Abs. 2 BGB).
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