Zivilrecht
Sachenrecht
Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)
Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der geschäftsunfähige C ist Eigentümer eines wertvollen Comichefts, das er an S veräußert. 9 Jahre später stiehlt D den Comic von S. Sechs Monate später spürt S D auf und stiehlt das Comicheft zurück. Weitere 3 Jahre später entdeckt C das Comic bei S und fragt sich, ob er noch Eigentümer ist.
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Einordnung des Falls
Verlust und Wiedereinräumung des Besitzes (§ 940 Abs. 2 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat von C rechtsgeschäftlich Eigentum an dem Comicheft erworben.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. S war zum Zeitpunkt des Diebstahls durch D kraft Gesetzes Eigentümerin des Comichefts (§ 937 BGB).
Nein!
3. Grundsätzlich wird die Ersitzung durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen (§ 940 Abs. 1 BGB).
4. Wird die Ersitzung auch unterbrochen, wenn der Verlust des Eigenbesitzes unfreiwillig erfolgt (§ 940 Abs. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
5. Hat S den Eigenbesitz an dem Comic freiwillig verloren?
Nein!
6. Hat S das Comicheft innerhalb der Jahresfrist wiedererlangt.
Genau, so ist das!
7. § 940 Abs. 2 BGB ist ausgeschlossen, wenn der Eigenbesitzer den Besitz durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) wiedererlangt.
Nein, das trifft nicht zu!
8. Hat S durch Ersitzung Eigentum an dem Comic erlangt (§ 937 BGB)?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
DeliktusMaximus
15.8.2022, 21:42:27
Warum spielt hier die
verbotene Eigenmachtkeine Rolle? Ich kann es systematisch nicht einordnen, warum es im vorliegenden Fall in Ordnung ist, sich den Besitz gewaltsam und im Sinne des Faustrechts zurückzuholen.
Nora Mommsen
16.8.2022, 10:53:35
Hallo DeliktusMaximus, die
Ersitzungbei gutgläubigen Eigenbesitz wird durch unfreiwilligen Verlust des Besitzes nicht unterbrochen, sofern der Besitz auf irgendeine Weise wiedererlangt wird. Möglich ist sogar die Wiedererlangung durch
verbotene Eigenmacht. Dies resultiert daraus, dass der § 940 Abs. 2 BGB keine Sanktionswirkung hat. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Anastasia
10.8.2023, 23:29:45
Weil 854 ff. BGB dem Rechtsfrieden dienen: Es muss vermieden werden, dass alle voneinander die Sache gewalttätig nehmen, ohne ihre Ansprüche vor Gerichte zu klären. Deshalb auch eine Jahresfrist in 864 I BGB. Die
Ersitzungnach 937 ff. BGB dient dagegen der Rechtssicherheit: In 10 Jahren werden Beweise verloren, die Zeugen ziehen um und sterben etc. Deswegen wird ausnahmsweise auch ein bei
Abhandenkommenund bei verbotenen Eigenmacht (wieder)erlangten Eigenbesitz etwa privilegiert.
evanici
15.9.2023, 11:01:40
Korrespondiert diese Frist dann mit den Ausschlussgründen der possessorischen
Besitzschutzansprüche in diesem Fall des D oder ist das Zufall?
Jenny
5.2.2024, 08:25:18
Reicht es zur Wahrung der Frist in § 940 II BGB die Klage zu ereheben, auch wenn man den Besitz erst später zurückerlangt oder muss der Besitz aufgrund Klageerhebung innerhalb eines Jahres zurückerlangt worden sein?
Timurso
5.2.2024, 19:45:06
Die Antwort findet sich im Wortlaut. "mittels einer in dieser Frist erhobenen Klage". Es reicht also, in der Jahresfrist die Klage zu erheben.
Jenny
5.2.2024, 19:49:23
Der Wortlaut „mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage [wiedererlangt]“ war gerade das was mich verwirrt hat.
Sebastian Schmitt
17.12.2024, 18:13:29
Hallo @Jenny, ich kann mich @[Timurso](197555) nur anschließen, Klageerhebung innerhalb der Frist reicht aus (vgl statt aller BeckOGK-BGB/Buchwitz, Stand 1.11.2024, § 940 Rn 10). Der Wortlaut des § 940 II, 2. Var BGB verlangt lediglich, dass die Klage innerhalb der Frist erhoben sein muss und der Kläger/Eigenbesitzer die Sache auf der Klage aufbauend wiedererlangt. Das "binnen Jahrefrist [...] wiedererlangt hat" bezieht sich allein auf § 940 II, 1. Var BGB. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Paulah
1.11.2024, 20:44:27
Die Antwort auf die Frage "Wird die
Ersitzungauch unterbrochen, wenn der Verlust des Eigenbesitzes unfreiwillig erfolgt (§ 940 Abs. 2 BGB)?" heißt in der Lösung "Nein!" Sie muss aber "Ja" lauten: Grundsätzlich ist das so, es sei denn der Besitz wurde binnen Jahresfrist oder mittels einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt Ansonsten habe ich den Gesetzestext falsch verstanden.
Nicolaws
6.11.2024, 22:40:31
Genau das wollte ich auch schreiben, wenn man hier mit Nein antwortet, wird die 2. Voraussetzung ja komplett missachtet und nur auf die erste abgestellt, die ohne die 2. aber keine Wirkung hat