Zivilrecht
Sachenrecht
Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Anrechnung der Zeit des Besitzvorgängers (§ 943 BGB)
Anrechnung der Zeit des Besitzvorgängers (§ 943 BGB)
6. Juli 2025
13 Kommentare
4,7 ★ (29.050 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D stiehlt einen Ring von G und veräußert diesen an die gutgläubige H. H verkauft und veräußert den Ring 7 Jahre später an den gutgläubigen K. K trägt den Ring 5 Jahre lang bis G den Ring entdeckt und Herausgabe verlangt.
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Einordnung des Falls
Anrechnung der Zeit des Besitzvorgängers (§ 943 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat das Eigentum an dem Ring von H nach §§ 929, 932 BGB erworben.
2. Hatte H das Eigentum an dem Ring zum Zeitpunkt der Veräußerung an K bereits durch Ersitzung (§ 937 BGB) erworben?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. K war zum Zeitpunkt des Besitzerwerbs hinsichtlich seiner Eigentümerstellung bösgläubig.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Ersitzungszeit der H wirkt grundsätzlich auch zugunsten des K.
Ja!
5. Eine eventuelle Bösgläubigkeit der H ist für die Ersitzung des K unschädlich.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. War H zum Zeitpunkt des Erwerbs des Eigenbesitzes bösgläubig?
Nein, das trifft nicht zu!
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Fiona
15.6.2023, 16:22:44
Aber der H konnte den Ring praktisch ja nicht ersitzen. Wie kann also faktisch nicht erfolgte
Ersitzungszeit dem K zu gute kommen?

Blan
31.8.2023, 14:50:43
H war doch gutgläubig. Die Zeit fing schon ab dem Zeitpunkt an zu laufen, in welchem H Eigenbesitz hatte. Demnach sehe ich da kein Problem.

GutgläubigerRitter
17.12.2024, 12:53:42
Ich glaube Du denkst an
§ 935BGB. Der bezieht sich aber nur auf den
rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb (§§ 929 ff.), hat mit der
Ersitzungalso nichts zu tun.
Vanilla Latte
1.10.2023, 00:05:23
D.h. dem wahren ET muss die Sache einfach nur 10 Jahre abhanden kommen. Der letzte in der Kette nach insgesamt 10 Jahren wird ET? Es sei denn, mindestens eine Person in der Kette war bösgläubig?
Julian
8.12.2023, 09:48:09
Hallo, ich hätte mal eine Nachfrage. Wie wäre der Fall, wenn der Veräußerer sieben Jahre lang gutgläubigen Eigenbesitz hatte, dann aber bösgläubig wird und ihn veräußert. Gelten dann die vorherigen sieben Jahre Gutgläubigkeit auch für den Rechtsnachfolger, oder wird diese Zeit „gelöscht“?

Nora Mommsen
8.12.2023, 10:52:58
Hallo Julian, danke für deine Frage. Nach Ansicht der Literatur kann dem Nachfolger nur die ununterbrochene
Ersitzungszeit angerechnet werden. Die zwischenzeitlich eingetretene
Bösgläubigkeitwürde daher die
Ersitzungszeit neu in Gang bringen. Höchstrichterlich ist diese Frage aber noch nicht entschieden worden. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kim.
10.2.2025, 12:44:29
G für Gollum? Tolle Story! :)
alice2008
14.4.2025, 11:21:44
setzt doch gerade Eigenbesitz voraus. Daher verstehe ich die Ratio des § 943 nicht ganz.
Lt. Maverick
18.5.2025, 10:33:34
Ratio des §
943 BGBim Lichte des §
937 BGBist die endgültige Schaffung des Rechtsfriedens und der Rechtsklarheit. Gerade bei beweglichen Sachen handelt es sich um verkehrsfähige Güter, die regelmäßig im Warenverkehr gehandelt werden. Würde jetzt jedes Mal eine neue Berechnung der
Ersitzungsfrist erfolgen, dann könnte schlimmstenfalls in 50 Jahren noch kein Rechtsfrieden eintreten. Der Gesetzgeber möchte mit §
937 BGBein dauerhaftes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum aber gerade verhindern. Deshalb wird die gutgläubige Eigenbesitzposition des ursprünglichen Eigenbesitzers den nachfolgenden gutgläubigen Eigenbesitzern angerechnet. So tritt unabhängig von der Person des Eigenbesitzers dennoch nach 10 Jahren die
Ersitzungzugunsten desjenigen ein, der aktuell Eigenbesitz hält.