Beweisperson – § 53 und Berufshelfer
18. April 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T hat seinen besten Freund auf dessen Verlangen hin umgebracht. Später plagen T schwere Gewissensbisse. Er ist gläubig und sucht Pfarrer P auf, um bei ihm zu beichten. Da P aufgrund Überlastung nur monatlich eine Beichtmöglichkeit anbietet, bricht T zusammen, als er einen Termin im Pfarrhaus zu vereinbaren versucht, und beichtet alles vorab der Sekretärin S im Pfarrhaus und danach dem P selbst. Sie sollen in der Hauptverhandlung darüber aussagen.
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Einordnung des Falls
Beweisperson – § 53 und Berufshelfer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. P und S sind Zeugen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. P und S müssen aussagen, sofern sie kein Zeugnisverweigerungsrecht haben.
Ja!
3. P verfügt über ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Genau, so ist das!
4. Auch S verfügt über ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Taylaw
20.2.2022, 12:30:38
Der Fall lief mal als Zusatzfrage in NRW im Examen :)

Lukas_Mengestu
21.2.2022, 10:32:18
Vielen Dank für den Hinweis, Taylaw. Weißt Du zufällig noch, in welchem Jahr das war? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Taylaw
21.2.2022, 11:43:30
Puhh, 2018 vielleicht? Es ist auf jeden Fall schon länger her und ich kann es nicht mehr genau sagen. Der Hauptfall basierte auf 5 StR 132/18, aber bevor er vom BGH entschieden wurde

Lukas_Mengestu
22.2.2022, 09:24:24
Alles klar, vielen Dank :-)
Raphaeljura
16.7.2023, 03:46:20
Wie ist da die Abgrenzung bei § 53a I 2 StPO? Wer entscheidet das genau? Die Berufskammer?
Dogu
28.3.2024, 11:21:42
In allen StPO-Kommentaren, die mir zur Verfügung stehen, werden Sekretariatskräfte zur Tätigkeit eines Abgeordneten gezählt (BeckOK StPO/Huber, 50. Ed. 1.1.2024, StPO § 53a Rn. 7, KK-StPO/Bader, 9. Aufl. 2023, StPO § 53a Rn. 5, MüKoStPO/Kreicker, 2. Aufl. 2023, StPO § 53a Rn. 7). Wieso ist die hM bei Geistlichen strenger? Sekretärinnen sind weder Volksvertreter noch Seelsorger. Die hM ergibt für mich keinen Sinn.

AdvocatusGermaniae
6.1.2025, 12:01:11
Die Tätigkeit von Bundestagsabgeordneten wird maßgeblich durch deren Sekretäre organisiert. Habe selbst im Bundestag gearbeitet. Nahezu alle Anfragen, Bitten und Beschwerden werden zuerst an das Sekretariat gesendet. Es ist also nahezu unmöglich, dem Abgeordneten seine Gedanken zu äußern, ohne davor das Sekretariat damit zu befassen. Das Sekretariat dient auch als "Filter" für relevante Anregungen und irrelevante, z.B. Spam und Hassrede. Bei einem Geistlichen dagegen macht man i.d.R. einen Termin aus, und spricht dort. Der Inhalt der Gedanken wird also erst später geäußert. So würde ich mir das erklären, aber natürlich keine Gewähr ;)
Dogu
6.1.2025, 12:18:14
Aber Geistliche haben doch auch eine Verwaltungskraft?

AdvocatusGermaniae
6.1.2025, 13:26:41
Bei Geistlichen wird im Regelfall eben der Inhalt der Äußerung beim Termingespräch selbst geäußert, bei Abgeordneten erfolgt es im Regelfall schon im Austausch mit dem Sekretariat.
Wysiati
2.1.2025, 11:20:58
Vor dem Hintergrund, dass ja scheinbar die Aussage gegenüber dem P nicht innerhalb eines Beichttermins getätigt wurde, hätte ich ohne näheres Wissen der Rechtsprechung und Literatur kurz angeprüft, ob dem Pfarrer hier das Geheimnis auch in seiner Funktion als Seelsorger bekannt geworden ist. Dann hätte ich persönlich aber darauf abgestellt, mit welcher Intention der Geheimnisbetroffene zu dem Seelsorger kommt, hier ja als Beichtender. Es ist demgegenüber nicht auf den Willen des Pfarrers abzustellen, eine Beichte anzunehmen oder nicht. Das könnte man möglicherweise im Rahmen der gänzlich privaten Sphäre des Pfarrers im Sinne eines Rückzugsortes aus Art. 1 I GG iVm Art. 2 I GG einschränken. Wobei dem Pfarrer aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung vielleicht weniger absolut freier Raum der Ungestörtheit zukommmt als anderen. Ist diese Überlegungen hier anzubringen valide?