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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat seinen besten Freund auf dessen Verlangen hin umgebracht. Später plagen T schwere Gewissensbisse. Er ist gläubig und sucht Pfarrer P auf, um bei ihm zu beichten. Da P aufgrund Überlastung nur monatlich eine Beichtmöglichkeit anbietet, bricht T zusammen, als er einen Termin im Pfarrhaus zu vereinbaren versucht, und beichtet alles vorab der Sekretärin S im Pfarrhaus und danach dem P selbst. Sie sollen in der Hauptverhandlung darüber aussagen.

Einordnung des Falls

Beweisperson – § 53 und Berufshelfer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P und S sind Zeugen.

Ja, in der Tat!

Zeuge ist eine Person, die im Strafverfahren über ihre Wahrnehmung von Tatsachen durch eine Aussage berichten soll, ohne durch eine andere Verfahrensrolle davon ausgeschlossen zu sein (formeller Zeugenbegriff). Beweisgegenstand der Zeugenaussage sind nur vom Zeugen höchstpersönlich wahrgenommene Tatsachen, nicht Meinungen zur oder Schlussfolgerungen aus diesen Tatsachen. P und S soll über ihre seine tatsächlichen Wahrnehmungen bei der Beichte des T berichten.

2. P und S müssen aussagen, sofern sie kein Zeugnisverweigerungsrecht haben.

Ja!

Der Zeuge ist verpflichtet, wahrheitsgemäß zum Gegenstand der Vernehmung auszusagen. (1) Die Pflicht zur Aussage umfasst die Pflicht, sich zu allen erheblichen Tatsachen umfassend zu äußern. (2) Die Pflicht zur Wahrheit bedeutet, dass die Angaben des Zeugen vollständig sein und der Wahrheit entsprechen müssen (§§ 57 S. 1, 161a Abs. 1 S. 2 StPO). Die Aussagepflicht entfällt nur, wenn der Zeuge über ein Zeugnisverweigerungs- oder Auskunftsverweigerungsrecht verfügt. Macht er davon keinen Gebrauch, muss er jedoch die Wahrheit sagen.

3. P verfügt über ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Genau, so ist das!

Zeugen stehen zwei Arten von Zeugnisverweigerungsrechten zu, (1) das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (§ 52 StPO) und (2) aus beruflichen Gründen (§ 53 StPO, Berufsgeheimnisträger). Pfarrer können sich als Seelsorger im Strafverfahren auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen (§ 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO). Vom Zeugnisverweigerungsrecht werden dabei alle Tatsachen umfasst, die dem Geistlichen in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut oder bekannt geworden sind. Hierzu zählt insbesondere das Beichtgeheimnis.

4. Auch S verfügt über ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger wird nach § 53a StPO um deren Berufshelfer ergänzt. Diesen steht ein abgeleitetes Zeugnisverweigerungsrecht zu. In diesen Fällen entscheidet der Berufsherr, der alleine in der Lage ist, die Tragweite der Aussage zu beurteilen, mit bindender Wirkung über die Aussagepflicht seiner Hilfsperson. So soll eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts der in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 StPO Genannten verhindert werden. Bei Geistlichen gilt § 53a StPO jedoch nur für diejenigen, die selbst in der Seelsorge tätig sind. S ist als Sekretärin jedoch nicht in der Seelsorge tätig.

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TAY

Taylaw

20.2.2022, 12:30:38

Der Fall lief mal als Zusatzfrage in NRW im Examen :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.2.2022, 10:32:18

Vielen Dank für den Hinweis, Taylaw. Weißt Du zufällig noch, in welchem Jahr das war? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TAY

Taylaw

21.2.2022, 11:43:30

Puhh, 2018 vielleicht? Es ist auf jeden Fall schon länger her und ich kann es nicht mehr genau sagen. Der Hauptfall basierte auf 5 StR 132/18, aber bevor er vom BGH entschieden wurde

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.2.2022, 09:24:24

Alles klar, vielen Dank :-)

RAP

Raphaeljura

16.7.2023, 03:46:20

Wie ist da die Abgrenzung bei § 53a I 2 StPO? Wer entscheidet das genau? Die Berufskammer?

Dogu

Dogu

28.3.2024, 11:21:42

In allen StPO-Kommentaren, die mir zur Verfügung stehen, werden Sekretariatskräfte zur Tätigkeit eines Abgeordneten gezählt (BeckOK StPO/Huber, 50. Ed. 1.1.2024, StPO § 53a Rn. 7, KK-StPO/Bader, 9. Aufl. 2023, StPO § 53a Rn. 5, MüKoStPO/Kreicker, 2. Aufl. 2023, StPO § 53a Rn. 7). Wieso ist die hM bei Geistlichen strenger? Sekretärinnen sind weder Volksvertreter noch Seelsorger. Die hM ergibt für mich keinen Sinn.


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