Schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB: In erheblicher Weise dauernd entstellt – Narbe an weniger sichtbaren Stellen


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T fügt O einen tiefen Schnitt in die rechte Kniekehle und kleine Schnitte in die Unterschenkel zu. Es bleiben zahlreiche Narben zurück. Die größte Narbe zieht sich 20 cm lang bogenförmig von der rechten Kniekehle bis zur Vorderseite des rechten Oberschenkels. Sie ist durch die Spannung in der Kniekehle deutlich verbreitert und kann auch durch kosmetische Operationen nicht verkleinert werden.

Einordnung des Falls

Schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB: In erheblicher Weise dauernd entstellt – Narbe an weniger sichtbaren Stellen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O ist "entstellt" worden (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB).

Ja!

Eine Entstellung liegt vor, wenn die äußere Gesamterscheinung in unästhetischer Weise verändert wird. Os äußere ästhetische Gesamterscheinung ist durch die zahlreichen Narben in unästhetischer Weise verunstaltet.

2. O ist "in erheblicher Weise" entstellt worden (§ 226 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Erheblich ist die Entstellung, wenn sie gravierend ist. Aus der systematischen Auslegung ergibt sich, dass die Verunstaltung zumindest ein Gewicht haben muss, welches demjenigen der übrigen in § 226 StGB genannten Folgen gleichkommt. BGH: Die an den Beinen der O verbliebenen Narben seien nicht zu übersehen. Sie erreichen jedoch nicht das Gewicht, welches demjenigen der übrigen in § 226 StGB genannten Folgen gleichkomme, zumal die Narben das Gesamterscheinungsbild weniger stark prägen als etwa vergleichbare Narben im Gesicht (RdNr. 3).

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YO

yolojura

25.6.2022, 23:21:31

Pech gehabt. Wer will schon kurze Hosen tragen🤷‍♂️

BAY

bayilm

5.7.2024, 12:50:36

Ich frage mich, ob man hier nicht aufgrund von geschlechterspezifischen Schönheitsidealen bei einer Frau mit gleicher Verunstaltung eine Erheblichkeit annehmen könnte. Klingt zwar etwas seltsam, aber beim klassischen Schönheitsbild der Frau kommt den Beinen eine wichtige Rolle hinzu, während bei Männern diese nicht so im Vordergrund stehen. Wäre das vertretbar, oder sollte die Bewertung der Erheblichkeit nicht an so etwas angeknüpft werden?


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