Polizeiverordnung (Grundfall)

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizeianwärter P ist sich nicht sicher, wie er in einem Fall vorgehen soll. Er weißt, dass als Handlungsform im Polizeirecht auch die Verordnung zur Gefahrenabwehr in Betracht kommt, aber er hat keine Ahnung, wofür die gut ist.

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Einordnung des Falls

Polizeiverordnung (Grundfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Rechtsverordnungen sind abstrakt-generelle Regelungen der Exekutive.

Ja!

Unter einer Rechtsverordnung versteht man Rechtssätze als abstrakt-generelle Regelungen der Exekutive. Sie sind Gesetze im materiellen Sinn und damit Teil der Rechtsordnung. Von Gesetzen im formellen Sinn unterscheiden sie sich dadurch, dass sie nicht von der Legislative erlassen werden, sondern von der Exekutive. Die Befugnis zum Erlass einer Verordnung bedarf einer entsprechenden Verordnungsermächtigung. Diese muss den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG bzw. entsprechenden landesrechtlichen Regelungen genügen. Sie müssen insbesondere hinreichend bestimmt sein, was in Bezug auf die polizeilichen Ermächtigungsgrundlagen aufgrund der hinreichenden Konkretisierung durch Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bejaht wird.
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2. Gegen eine Verordnung kann in NRW im Wege des Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vorgegangen werden.

Genau, so ist das!

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das OVG auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Die Verordnung als abstrakt-generelle Rechtsvorschrift ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. § 109a JustG NRW sieht ein Normenkontrollverfahren im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vor. Die einzigen Bundesländer, in denen eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht vorgesehen ist, sind Hamburg und Berlin. Dort ist gegen Rechtsverordnungen die Feststellungsklage statthaft, jedoch nur mit Rechtswirkung inter partes.

3. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Verordnung zur Gefahrenabwehr ist die polizeiliche Generalklausel (§ 8 Abs. 1 PolG NRW).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel ist nach dem Grundsatz der Spezialität verwehrt, soweit eine speziellere Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Für die Handlungsform der Rechtsverordnung sehen die §§ 25ff. OBG spezielle Befugnisse zum Erlass ordnungsbehördlicher Verordnungen vor. Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass der von ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Gefahrenabwehr sind §§ 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 OBG. § 26 Abs. 1OBG ermächtigt das Innenministerium zum Erlass von ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Gefahrenabwehr. Eine solche Verordnung darf gemäß § 26 Abs. 2 OBG nur erlassen werden, wenn eine einheitliche Regelung für das ganze Land oder mehrere Regierungsbezirke geboten ist. § 27 Abs. 1 OBG ermächtigt die Ordnungsbehörden zum Erlass von ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Gefahrenabwehr. Achtung: Im PolG NRW ist eine Verordnungsermächtigung nicht enthalten.

4. Der Erlass einer Verordnung zur Gefahrenabwehr setzt das Vorliegen einer Gefahr voraus, ein materieller Unterschied zum Gefahrenbegriff des § 8 Abs. 1 PolG NRW besteht nicht.

Nein!

Die Generalklausel des § 8 Abs. 1 PolG NRW setzt das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraus. Aus dem Charakter der Rechtsverordnung als abstrakt-generelle Regelung folgt, dass die Wahl dieser Handlungsform wenig sinnhaft wäre, um einer konkreten Gefahr zu begegnen. Hierfür wäre der Verwaltungsakt als konkret-individuelle bzw. in Form der Allgemeinverfügung (§ 35 S. 1 VwVfG NRW) konkret-generelle Regelung besser geeignet. Voraussetzung für den Erlass einer Rechtsverordnung ist daher eine abstrakte Gefahr. Dies ergibt sich auch e contrario aus dem Wortlaut: §§ 8 Abs. 1 PolG NRW, 14 Abs. 1 OBG sprechen von einer „im einzelnen Falle bestehende[n], konkrete[n] Gefahr. §§ 26 Abs. 1, 27 Abs. 1 OBG sprechen nur von der „Abwehr von Gefahren“.
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