Zivilrecht

Kaufrecht

Sach- und Rechtsmängel

Kompatibilität, § 434 Abs. 2 S. 2 BGB

Kompatibilität, § 434 Abs. 2 S. 2 BGB

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

Anwältin A möchte von V ein Ladekabel für ihr Dienst e-Auto kaufen. V sichert zu, dass das Kabel auch in As Auto passt. Daraufhin willigt A in den Kauf ein. Es stellt sich heraus, dass das Ladekabel nicht in As Auto passt. Bei anderen Autos funktioniert das Kabel problemlos.

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Einordnung des Falls

Kompatibilität, § 434 Abs. 2 S. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Sache ist mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang von der„vereinbarten Beschaffenheit“ abweicht (§§ 434 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB).

Ja!

Eine Kaufsache muss den subjektiven Anforderungen entsprechen (§ 434 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Eine Beschaffenheitsvereinbarung liegt insbesondere vor, wenn der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise umschreibt. Dabei stellt das neue Recht klar, dass zu der Beschaffenheit insbesondere Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale gehören (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB).§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB n.F. entspricht dem bis zum 31.12.2021 geltenden § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.
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2. Dass das Ladekabel in As Auto passt, stellt eine „Beschaffenheit“ des Kabels dar. (§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Zur Beschaffenheit gehört auch die Kompatibilität (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Kompatibilität ist die Fähigkeit der Sache, mit der Hardware oder Software zu funktionieren, mit der Sachen derselben Art in der Regel benutzt werden, ohne dass die Waren, die Hardware oder die Software verändert werden müssen (vgl. § 327e Abs. 2 S. 3 BGB).V hat zugesichert, dass das Kabel in As Auto passen wird. A und V haben somit eine subjektive Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich der Kompatibilität des Kabels abgeschlossen. Die Kompatibilität konnte auch schon nach der alten Rechtslage als Teil der Beschaffenheit vereinbart werden. Nun ist dies explizit normiert.

3. Da das Kabel bei anderen Autos problemlos lädt, ist das Kabel frei von Sachmängeln.

Nein, das trifft nicht zu!

Um frei von Sachmängeln zu sein, muss eine Kaufsache bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügen (§ 434 Abs. 1 BGB). Fehlt bei Gefahrübergang eine dieser Voraussetzungen, liegt ein Mangel vor.Das Kabel ist nicht kompatibel mit As Auto und entspricht damit nicht den subjektiven Anforderungen. Irrelevant ist insofern, ob es den objektiven Anforderungen genügt und bei anderen Autos passt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KEK

Kekskrümel

11.6.2022, 23:07:43

Hallo. Prüfe ich in der Klausur grundsätzlich alle drei Voraussetzungen? Oder nur die subjektive, wenn diese schon verneint (wie hier) oder nur die objektive (wenn diese entsprechend nicht vorliegt)? Danke und viele Grüße.

OLF

olfis

14.6.2022, 10:57:39

Bzgl. des Kabels würdest du nur die subjektiven Anforderungen prüfen (eben weil hier diesbezüglich subjektiv etwas vereinbart wurde), bei evtl. anderen Mängeln am Kabel jedoch auch die objektiven Anforderungen. Aus Abs. 1 ergibt sich zwar prinzipiell ein Gleichlauf, aber eben nur „solange nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde“, siehe Abs. 3. Somit hat man einen Vorrang der subjektiven

Beschaffenheit

wie bei § 434 a.F..

Spyce

Spyce

10.11.2022, 08:44:13

Könnte man auch die Funktionalität dafür heranziehen? Es erfüllt seine Funktion für den Zweck der A schließlich nicht

Nora Mommsen

Nora Mommsen

10.11.2022, 11:10:43

Hallo Spyce, vorliegend ist für A die Kompatibilität beeinträchtigt, da sich das Kabel nicht mit ihrem Auto verbinden lässt. Unter Funktionalität ist die Fähigkeit einer Sache zu verstehen, ihre Funktionen ihrem Zweck entspr. zu erfüllen z.B. die Leistung eines Motors, die Akkulaufzeit. Das Kabel ist aber an sich geeignet Autos ausreichend zu laden, nur eben nicht das Auto der A. Hier ist es wichtig, sich von den aus der Gesetzesbegründung abgeleiteten Definitionen leiten zu lassen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Jeremy Tölle

Jeremy Tölle

13.7.2024, 16:29:27

Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn sich nun herausstellt, dass der Anschluss des Autos der A kaputt ist und das Ladekabel deshalb nicht bei As Auto funktioniert, obwohl es den objektiven Anforderungen entspricht und bei anderen bauchgleichen Fahrzeugen funktioniert ? Nach dem

Objektiven Empfängerhorizont

müsste man doch davon ausgehen das der Verkäufer (zurecht) die Vermutung aufstellt, dass ein baugleiches Fahrzeug kompatibel mit dem Ladekabel sein muss, welches den objektiven Anforderungen entspricht. Mir ergibt sich nicht ganz (in dieser Situation) warum diese Vermutung dem Verkäufer zu Ungunsten ausgelegt wird. Er konnte auch im Ausgangsfall davon ausgehen, dass das Kabel funktionieren würde. Mit freundlichen Grüßen, Jeremy


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