Formbedürftigkeit der Schuldübernahme

24. November 2024

4,7(8.556 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V formwirksam ein Grundstück für €800.000. Da K kein Geld hat, bittet er seine volljährige Tochter T an seiner Stelle den Kaufpreis zu übernehmen. Dies sagt T mündlich zu. V hatte schon vorher eingewilligt. Als V von T das Geld verlangt, hat sie es sich anders überlegt und will nicht zahlen.

Diesen Fall lösen 88,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Formbedürftigkeit der Schuldübernahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat sich verpflichtet an V €800.000 zu zahlen, indem er mit V den Grundstückskaufvertrag abgeschlossen hat.

Ja!

Mit Abschluss eines Kaufvertrages verpflichtet sich der Käufer an den Verkäufer den Kaufpreis zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB).K und V haben einen Kaufvertrag geschlossen und dabei auch die notwendige Form gewahrt (notarielle Beurkundung, § 311b Abs. 1 BGB). K war somit verpflichtet, V den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Führt der Umstand, dass K kein Geld hat, zu einem Ausschluss seiner Leistungspflicht (§ 275 Abs. 1 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Um die Regelungen des Insolvenzrechts nicht zu unterlaufen, findet die Vorschrift indes auf Geldschulden keine Anwendung.Da die Unmöglichkeit auf Geldschulden keine Anwendung findet, ist K trotz seiner fehlenden Geldmittel zur Leistung verpflichtet.

3. V kann von T Zahlung des Kaufpreises verlangen, wenn diese die Kaufpreisschuld übernommen hat.

Ja, in der Tat!

Bei der (befreienden) Schuldübernahme tritt die Übernehmerin an die Stelle des Altschuldners. Eine Schuldübernahme nach § 415 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der (Alt-)Schuldner und die Übernehmerin einen wirksamen Vertrag hierüber abschließen und der Gläubiger zustimmt. Anders dagegen bei dem gesetzlich nicht geregelten Schuldbeitritt. Hier erhält der Gläubiger lediglich einen weiteren Schuldner, kann aber weiterhin auf den alten zugreifen.

4. Da K und T die Schuldübernahme lediglich mündlich vereinbart haben, ist die Einigung unwirksam.

Nein!

Die Schuldübernahme ist grundsätzlich formlos möglich. Einer besonderen Form bedarf es nur, wenn das zugrundeliegende Schuldverhältnis (1) einem Formzwang unterliegt und (2) der Schutzzweck gebietet, dass auch die Schuldübernahme davon umfasst ist.Der Grundstückskaufvertrag aus dem die übernommene Schuld stammt, ist formbedürftig (§ 311b Abs. 1 BGB). Die Norm erstreckt sich indes nur auf die Verpflichtung zur Übereignung oder dem Erwerb eines Grundstücks. Die Übernahme einer Kaufpreiszahlungspflicht fällt dagegen nicht unter den Schutzzweck und bedarf keiner Form. Somit war die Einigung zwischen K und T auch mündlich wirksam.

5. Konnte V schon vor Vertragsschluss ihre Zustimmung erklären?

Genau, so ist das!

Der Gesetzeswortlaut erfasst zwar nur die nachträgliche Zustimmung durch Genehmigung (§ 185 Abs. 2 BGB). Es ist indes anerkannt, dass auch die vorherige Einwilligung (§ 183 S. 1 BGB) möglich ist. Für eine Differenzierung fehlt ein sachlicher Grund. Insbesondere werden Einwilligung und Genehmigung in § 182 Abs. 1 BGB gleichgestellt.Da V bereits im Vorfeld ihre Zustimmung erteilt hat, wurde der Vertrag zwischen V und T im Moment ihrer Einigung wirksam.

6. Kann V von T Zahlung des Kaufpreises verlangen?

Ja, in der Tat!

Eine Schuldübernahme nach § 415 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der (Alt-)Schuldner und die Übernehmerin einen wirksamen Vertrag hierüber abschließen und der Gläubiger zustimmt. Der Vertrag kann auch konkludent abgeschlossen werden und ist grundsätzlich formfrei. K und T haben sich wirksam über die Übernahme geeinigt. V hat dem zugestimmt nach der h.M. kann der Gläubiger die Übernahme nicht nur nachträglich genehmigen, sondern schon im Vorfeld darin einwilligen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAULDE

PaulderGroße

30.11.2022, 15:42:43

Der Gläubiger heißt V und nicht B. Überdies kann ich im Sachverhalt keine Genehmigung von V erkennen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

30.11.2022, 15:58:45

Hallo PaulderGroße, danke für den Hinweis. Wir haben den Text nun richtiggestellt :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Alexander

Alexander

11.1.2023, 15:24:53

Es besteht immer noch ein kleiner Fehler in der Subsumtion

Dogu

Dogu

24.8.2024, 12:31:35

S.o.

Jakob G.

Jakob G.

26.9.2024, 20:02:02

Das Schenkungsversprechen ist schuldrechtlicher, die Schuldübernahme hingegen dinglicher Natur. Folglich kann es durchaus sein, dass ein Schenkungsvertrag causa für die Schuldübernahme ist. Jedoch könnte auch der Schenkungsvertrag durch Schuldübernahme vollzogen werden und die Formnichtigkeit geheilt (§ 518 II BGB). Die Schuldübernahme kann jedoch auch auf anderen Verpflichtungsgeschäften fußen. Insofern wird das Formerfordernis der Schenkung nicht umgangen. BeckOGK/Heinig, 1.3.2024, BGB § 415 Rn. 2: Die Schuldübernahme nach § 415 ist nach heute ganz überwiegender Auffassung als Verfügung des Schuldners und des Dritten über die Schuld anzusehen (sog. Verfügungstheorie). Da die Forderung dem Gläubiger zusteht, verfügen die Parteien als Nichtberechtigte. Es ist daher die Zustimmung des Gläubigers zur Wirksamkeit der Schuldübernahme erforderlich. Die Mitteilung der Schuldübernahme an den Gläubiger stellt eine bloße Wissenserklärung dar und kein Angebot, wie von der früheren Angebotstheorie vertreten (→ Rn. 2.1 f.). Der Schuldübernahme liegt zumeist ein

Kausalgeschäft

zwischen Schuldner und Übernehmer zugrunde.

Jakob G.

Jakob G.

26.9.2024, 20:33:41

Für den Verfügungscharakter der Schuldübernahme spricht insb. § 417 II BGB, der annimmt, der Schuldübernahme läge ein Rechtsverhältnis (causa) zugrunde.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen