Ablaufhemmung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M hat wegen eines finanziellen Engpasses im Sommer 2018 die Miete für ihre Wohnung 3 Monate lang nicht bezahlt. Am 10.11.2021 stirbt ihre Vermieterin V überraschend. Ihr Sohn S ist Alleinerbe. Er nimmt die Erbschaft am 01.12.2021 an und verlangt am 15.02.2022 die ausstehende Miete von M.

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Einordnung des Falls

Ablaufhemmung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bevor V verstarb, hatte sie einen Anspruch auf Zahlung der drei Monatsmieten aus dem Jahr 2018.

Ja!

Ein Mietvertrag verpflichtet den Mieter, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB). M und V hatten einen Mietvertrag iSd § 535 BGB geschlossen. Dieser bestand auch während des Sommers 2018 fort. Somit hatte V jeden Monat einen Anspruch auf Mietzahlung. Für drei Monate ist diese jedoch ausgeblieben.
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2. Der Mietzahlungsanspruch ist durch den Tod der V auf den S übergegangen (§ 1922 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Zum Vermögen iSd § 1922 Abs. 1 BGB gehören auch Ansprüche des Erblasser. Der Mietzahlungsanspruch gehörte zum Vermögen der V und ist mit deren Tod auf den S als ihren alleinigen Erben übergegangen.

3. Für den Mietzahlungsanspruch gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB).

Ja, in der Tat!

Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie gilt immer dann, wenn keine gesetzliche Sonderregelung besteht. Eine gesetzliche Sonderregelung ist nicht ersichtlich.

4. Die Verjährungsfrist begann im Sommer 2018 zu laufen.

Nein!

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Regelverjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Jahresschluss stellt ein Ereignis iSd § 187 Abs. 1 BGB dar. Der Mietzahlungsanspruch ist im Jahr 2018 entstanden. Im selben Jahr hat V von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person der Schuldnerin M Kenntnis erlangt. Die Verjährungsfrist begann somit am 01.01.2019 zu laufen.

5. Der auf S übergegangene Mietzahlungsanspruch ist am 15.02.2022 bereits verjährt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen worden ist (§ 211 S. 1 BGB). Bei dieser 6-monatigen Frist handelt es sich um eine Ereignisfrist iSd § 187 Abs. 1 BGB. S hat die Erbschaft am 01.12.2021 angenommen. Die Frist des § 211 S. 1 BGB begann nach § 187 Abs. 1 BGB am 02.12.2021 zu laufen. Verjährung trat somit nach § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 01.06.2022 ein.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

28.6.2024, 14:36:43

Nur zur Klarstellung: Wenn der Erbe sich überhaupt nicht äußert und die Erbschaft somit nach 6 Wochen gemäß § 1943 a.E. BGB als angenommen gilt, tritt die Annahme für Verjährungszwecke auch erst in diesem Zeitpunkt für die Berechnung der Ablaufhemmung ein?

Johanna K

Johanna K

17.8.2024, 12:05:27

Hm. Eine sehr gute Frage! Ich denke, dadurch dass es eine Fiktion ist, gilt im Grunde dasselbe wie bei der Annahme der Erbschaft und es gibt keine rechtlichen Unterschiede. Aber über eine Antwort hierauf wäre ich auch erfreut!


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