Zivilrecht
Sachenrecht
Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Abwandlung: Bösgläubigkeit vor Ende der Ersitzungszeit
Abwandlung: Bösgläubigkeit vor Ende der Ersitzungszeit
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
C besitzt die einzige Originalausgabe des ersten "Enten-Krimi", die D stiehlt. D veräußert sie an S, die glaubt, D sei Eigentümer. Fünf Tage später erfährt sie, dass die Originalausgabe dem C gestohlen wurde und sie nicht Eigentümerin ist. 10 Jahre später entdeckt C den Comic und verlangt es von S heraus.
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Einordnung des Falls
Abwandlung: Bösgläubigkeit vor Ende der Ersitzungszeit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat Eigentum an den Comic-Heften nach § 929 S. 1, 932 BGB erworben.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hatte S das Comicheft mindestens zehn Jahre im Eigenbesitz?
Genau, so ist das!
3. War S bei Erwerb des Eigenbesitzes gutgläubig (§ 937 Abs. 2 BGB)?
Ja, in der Tat!
4. S hat damit Eigentum an den Comicheften durch Ersitzung (§ 937 BGB) erworben.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
nataliaco
23.8.2023, 12:09:38
Warum hatte S den Comic in Eigenbesitz? Sie wusste doch laut Sachverhalt gerade, dass sie nicht Eigentümerin geworden ist, aber in der Lösung heißt es, sie würde ihn als Eigentümerin besitzen.
Lay
24.8.2023, 13:44:19
Für den Eigenbesitz kommt es nicht darauf an, ob der Besitzer tatsächlich Eigentümer ist. "Als ihm gehörend" ist so zu verstehen, dass der Besitzer die Sache wie ein Eigentümer beherrschen will, es kommt also auf seine Vorstellung (seinen Willen) an. Daher kann z. B. auch ein Dieb Eigenbesitzer sein.
Lay
24.8.2023, 13:57:21
In anderen Worten: Es kommt nur darauf an, dass der Besitzer nicht für jemand anderen besitzen will (dann wäre er Fremdbesitzer). An den Eigenbesitz knüpft übrigens auch die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB an (nicht der Wortlaut, aber sinngemäß => Abs. 3 stellt auf den mittelbaren Besitzer ab, daraus ergibt sich, dass Fremdbesitz nicht zur Eigentumsvermutung führen soll), da jemand, der eine Sache für sich selbst besitzen will, im Zweifel auch Eigentümer sein soll.
Leo Lee
24.8.2023, 14:33:28
Hallo nataliaco und Lay, S wusste zwar, dass sie nicht Eigentümerin ist. Beachte jedoch, dass für den Besitz an sich (Def.: tatsächliche Sacherrschaft, getragen vom natürlichen Herrschaftswillen), Kenntnis und co. keine Rolle spielen (wie Lay völlig richtig angemerkt hat). D.h., sobald ich die physisch-reale Eingriffsmöglichkeit darauf habe und auch den entsprechenden Willen, diese Möglichkeit zu nutzen, bin ich Besitzer; ungeachtet dessen, ob ich weiß, dass ich zu Recht/Unrecht diese Sache besitze. Die Kenntnis wird dann nur später als Ausschlussgrund von § 937 BGB relevant. Beachte noch, dass wegen diesen faktischen Charakters des Besitzes auch Geisteskranke und Kinder eine Besitzposition innehaben können. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, F. Schäfer § 854 Rn. 26 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
nataliaco
11.9.2023, 09:58:16
Alles klar, danke für die Antworten :)