Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Widerruf & Verbraucherverträge
Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts (§ 356 Abs.4 BGB)
Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts (§ 356 Abs.4 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Hausherrin H beauftragt Fliesenleger F per Telefon, bei ihr neue Fliesen zu verlegen. H verlangt sofortige Leistung und bestätigt, sie wisse, dass sie ihr Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung verliere. F verlegt die Fliesen. Nach 5 Tagen gefallen H die Fliesen nicht mehr. Sie erklärt den Widerruf.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts (§ 356 Abs.4 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es handelt sich um einen Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB). Deshalb steht H grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt, ist der Widerruf zumindest innerhalb dieser Frist immer möglich.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Kann § 356 Abs.4 Nr. 2 BGB auf Werkverträge angewendet werden?
Ja!
4. Da H innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist den Widerruf gegenüber F erklärt hat, ist dieser fristgerecht und wirksam erfolgt.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
enise
1.7.2022, 13:40:53
Müsste H den die Erklärung des Widerrufsverzichts nicht auf einem dauerhaften Datenträger erklären? (Hier telefonisch)
Lukas_Mengestu
4.7.2022, 18:42:49
Hallo ea., herzlich willkommen im Jurafuchs-Forum und vielen Dank für Deine Frage. Hier musst Du etwas Vorsicht bei der Subsumtion walten lassen. Bei dem zwischen H und F geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB (Fernkommunikationsmittel). Das Erfordernis, dass der Widerrufsverzicht auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt wird, gilt indes entsprechend nur für den
AußergeschäftsraumvertragiSv § 312b BGB. Dies ergibt sich aus § 356 Abs. 4 Nr. 2b BGB (beruht auf Art. 7 Abs. 3 Verbraucherrechte-RL, https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:304:0064:0088:de:PDF). Der Fernabsatzvertrag kennt ein solches Formerfordernis dagegen nicht (vgl. auch Art. 8 Abs. 8 Verbraucherrechte-RL). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Reus04
3.9.2023, 13:14:21
Was ist wenn H keine Kenntnis von dem Erlöschen ihres Widerrufsrechts hat? Wäre der Widerruf dann unproblematisch möglich?
QuiGonTim
12.3.2024, 06:30:39
Ja, die
positive Kenntnisvon der Rechtsfolge des Erlöschens ist zwar Tatbestandsvoraussetzung. Allerdings erfordert § 356 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) BGB die ausdrücklich Zustimmung zum Beginn der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist. Damit wird zumindest gefordert, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich innerlich mit der regelmäßigen Widerrufsfrist auseinanderzusetzen.
QuiGonTim
12.3.2024, 06:33:59
Ich hatte in diesem Fall eher den Einzelunternehmer, der, während er Fliesen verlegt, auch mal an das Telefon geht, vor Augen. Würde das für das von § 312c Abs. 1 BGB geforderte Fernabsatzsystem ausreichen? Welche Mindestanforderungen sind allgemein an das Fernabsatzsystem zu stellen?
Johannes Nebe
29.9.2024, 10:51:42
Richtig, @[QuiGonTim](133054). Dass der Fliesenleger ein gerade für den Fernabsatz organisiertes Dienstleistungssystem betreibt, geht aus dem Sachverhalt überhaupt nicht hervor.
Johannes Nebe
29.9.2024, 10:57:26
In dieser Aufgabe wird an etlichen Stellen zwischen "Abs." und der folgenden Ziffer kein Leerzeichen gesetzt. Hat sich insofern an der juristischen Konvention etwas geändert? Oder will man ein Zeichen dafür setzen, dass in den Rechtswissenschaften lästige Details nicht überbewertet sollen?
Linne_Karlotta_
28.10.2024, 16:54:29
Hallo Johannes Nebe, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team
Wendelin Neubert
28.10.2024, 17:14:45
Hallo @[Johannes Nebe](174311), danke für Deine Anmerkung. Wir wissen es zu schätzen, wie sehr Du Dich in der Jurafuchs-Community durch zahlreiche Beiträge und Kommentare engagierst. Manchmal kann man es aber auch übertreiben, wie dieser Kommentar von Dir zeigt. Du könntest auch einfach schreiben: „In dieser Aufgabe fehlt zwischen „Abs.“ und der folgenden Ziffer an etlichen Stellen ein Leerzeichen.“ Du hast richtigerweise eine Abweichung von der bei Jurafuchs üblichen Praxis festgestellt, zwischen „Abs.“ und die nachfolgende Ziffer ein Leerzeichen zu setzen (ganz abgesehen davon, dass es die von Dir unterstellte juristische Konvention nicht gibt), und wir sind für den Hinweis dankbar. Stattdessen fühlst Du Dich dazu hingerissen, den kleinen Formfehler zum Anlass für ein abfälliges Urteil zu nehmen. Deine Kritik in allen
Ehren: Wir haben lange daran gearbeitet, dass die Kommunikation (auch berechtigter Kritik) in der Jurafuchs-Community sachlich, konstruktiv, hilfsbereit und zielführend ist. Deshalb schätzen unsere Nutzerinnen und Nutzer unser Forum auch so sehr, gerade weil es sich von der aufgeheizten Diskussionsunkultur in sozialen Netzwerken bewusst unterscheidet. Dieser Kommentar von Dir trägt zu der guten Kommunikationskultur im Jurafuchs-Forum erkennbar nicht bei. Wir freuen uns darauf, wenn Du auch in Zukunft Deine Kritik sachlich äußerst. Herzliche Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Johannes Nebe
28.10.2024, 18:30:11
Völlig d'accord, @[Wendelin Neubert](409), habe mich hier zu Sarkasmus hinreißen lassen, und das hätte ich gut sein lassen können. Die Diskussionskultur finde ich bei Jurafuchs in der Tat sehr gut. Eigentlich mache ich diese Anmerkungen zu den redaktionellen Schwächen, weil ich es schade finde, dass gelegentlich das sprachliche und redaktionelle Erscheinungsbild hinter dem tollen juristischen und didaktischen Niveau zurückbleibt. -- Ich gelobe Besserung.
Wendelin Neubert
29.10.2024, 13:59:04
Lieber @[Johannes Nebe](174311), danke für Deine nette Rückmeldung, das freut mich. Ja, Du hast recht, manche formelle Fehler bleiben auch in unseren Augen hinter dem inhaltlichen Niveau von Jurafuchs zurück, weshalb wir konsequent an der Fehlerbehebung und Fehlervermeidung arbeiten und für Deine Hinweise dankbar sind! Herzliche Grüße - Wendelin